Talsperre Kleine Kinzig, Büstenloch-Wasserfall und eiszeitliche Erkundungen
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Reich gesegnet mit eiszeitlichen Relikten ist die Gegend um Freudenstadt. Aber auch die Postmoderne war hier schon zu Besuch: In den achtziger Jahren beschlossen mehrere Landkreise des Nordschwarzwalds, die Fliessgewässer zweier abgelegener Täler zwischen Freudenstadt und Reinerzau für die Trinkwasser-Versorgung aufzustauen und eine Talsperre zu errichten. Hochwasserschutz und Stromerzeugung waren ebenfalls ein Thema. So entstand der Stausee Kleine Kinzig, der auf der Karte ein schönes Ypsilon formt. Für eine Tour schien mir eine komplette Umrundung aber wenig reizvoll, da die Wege kaum direkt am Ufer entlangführen und meist eh nur Forstautobahnen sind. Stattdessen zimmerte ich mir eine Runde zusammen, die am Westufer des Sees Erkundungen eines eiszeitlichen Kars und eines Wasserfalls miteinschloss. Sie startet vom nördlich gelegenen Oberen Zwieselberg (ein Ausläufer des Kniebies-Rückens), führt herab zum See und, inkl. der genannten Erforschungen und weiterer weglosen Abstecher, oberhalb wieder zurück. Aber ganz vermeiden konnte ich Forstautobahnen natürlich nicht.
Als Soundtrack zur Tour empfehle ich José Gonzáles' Slow Moves, denn genau so haben's die hiesigen kleinen Gletscher zu den Eiszeiten gehalten.
Auf erwähntem Zwieselberg liegt ein gleichnamiges Dörfchen, dort stelle ich den Wagen an der Reha-Klinik ab und gehe in südliche Richtung: zunächst, als Abstecher, zum Stauseeblick (Veschper-Bänkle vorhanden, toller Blick bis ans Ende des Sees) und dann entlang des Teufelsbächles. Dieses plätschert in einem kleinen Tobel direkt rechts vom Pfad herab zum See. Ich steige mehrmals zum Bachlauf runter und wurschtle mich lieber dort durch. Ebenfalls mehrfach bekommt der Bach Zulauf von Kollegen, die aus dem Westhang munter zu ihm herunterpurzeln. Besagter Westhang ist ausserdem wohl reich an sog. Fließerdterrassen, auch dies eine glaziale Formenbildung. Aber aus Zeitgründen erspare ich mir das Nachgucken. Bissel schade, denn in geologischen Abhandlungen sind ihre Entstehungsprozesse als recht bemerkenswert beschrieben. Na, ich hol's mal nach.
An der nächsten Wegkreuzung (noch etwas oberhalb vom See-Niveau) ein Abstecher zu der kleinen Meßstation, die offenbar die Durchfluss-Menge des Teufelsbächles in den Stausee registriert. Anschliessend recht eintönig, da fast ohne Aussicht, auf breitem Weg und durch allerfeinstes Fichten-Mono südwärts. Ich bin hier zwar nah oberhalb des Sees, bekommen ihn aber nur alle paar hundert Meter durch die Bäume zu sehen :-/ Immerhin entdecke ich auf der Topo-Karte zwischendurch mal eine (aufgelassene) Rückegasse, die bis ganz runter ans Wasser führt. Leuchtend orangefarbende Pilze (Edit: Schwammerl!) wachsen nah am Ufer. Und dann weiter geduldig auf der Forstautobahn, die schliesslich zu einem Aussichtspunkt mit schönem Seeblick führt. Von da ist's nimmer weit bis runter zu Staumauer. An beiden Stellen bekommt man einen guten Eindruck von den Dimensionen der Talsperre.
Nun noch etwas südwestlich zum Büstenloch-Wasserfall. Man erreicht ihn über einen sehr rustikal angelegten Pfad von unterhalb, dieser führt bereits maximal pittoresk am zugehörigen Bächle entlang. Kurz vor dem Fall steige ich mal zum Bachbett herab, der Kessel des Büstenlochs ist wild verwuchert und ich sehe, dass der Wasserfall die hier in der Gegend so typische konkave Form in eine steilen Wand aus Buntsandstein geschliffen hat. Am Ende des Pfads steht dann eine frisch-gezimmerte, schöne Aussichtsplattform. Lustigerweise treffe ich sogar einen ihrer Erbauer an: es ist der Sohn des hiesigen Waldbesitzers. Wir kommen nett ins Gespräch und plaudern über Gott und die Welt, und die Naturschönheiten sowieso. Ich frage ihn, ob ich rechts der Wand durchs steile Terrain mal nach oben steigen darf, was mir freundlicherweise erlaubt wird. Nach einigem Farn- und Jungfichten-Kampf empfängt mich am Oberlauf des Wasserfalls eine recht märchenhafte Szenerie aus noch zwei weiteren Fallstufen und jeder Menge Frauenhaarmoos, durchsetzt von Pestwurz, Farnen und allem anderen, was sich an solch feucht-dunklen Orten halt wohlfühlt. Wer das auch vorhat: bitte nicht in die gestuften Moos-Polster treten. Im Hang rechts gluckert und fliesst es unter der Vegetation ebenfalls herunter, sicher ist alles noch vollgesogen von den reichlichen Niederschlägen der letzten Tage. Deswegen mache ich einen leichten Nordost-Bogen um im dann stabilen Gelände nochmals steil hochzusteigen, in der Gewissheit, bald auf einen Weg zu treffen. Es ist ein mal wieder aufgelassener Forstweg, der mich kurz darauf zu einem der Hauptwege hier oben bringt.
Hier wende ich meine Laufrichtung nach Norden und bald schon geht es wieder bergab, nämlich pfadig entlang der Karwand runter in das Kar Alter Weiher . Es hatte bis vor ca. 150 Jahren noch einen kleinen See auf seinem Boden. Wie bei fast allen Karseen gab es jedoch auch bei ihm eine langsamen Verlandungsprozess und er verschwand schliesslich. Heute ist der flache Karboden versumpft und hauptsächlich mit Fichten bestanden. Im (von mir natürlich nicht begangenen) Zentrum des Moors soll wohl noch ein 1-2 qm großer Tümpel als See-Rest existieren. Von der alten Bestockung mit Moorbirken und Moor-Bergkiefern finden sich nur noch Reste und die Mooroberfläche ist leider von einigen alten Entwässerungsgräben durchzogen. Viele Geschichten ranken sich um das Kar: Holzfäller erzählten, dass ausgewachsene Bäume, die nach dem Holzabrutschen im Moor landeten, komplett darin versanken, auch ein Rind verschwand mal darin. Kein Wunder, denn der Torf hat eine Mächtigkeit von 7 Metern. Die "Beschreibung des Oberamts Freudenstadt" (1858) berichtet: "In einer tief verborgenen Waldschlucht am Schwarzenbühl bestand früher ein großer See, der sog. alte Weiher, der längst trocken liegt, indeß weiß das Volk noch verschiedene Mährchen von Nixen des ehemaligen Sees zu erzählen. An den Ufern desselben soll ein Kloster gestanden seyn, wie denn noch einzelne behauene Steine herumliegen; aber vermuthlich war dies nur ein Waldbruderhaus. Im sog. Büstenloch, etwa 1/2 Stunde nördlich von der Berneck befindet sich ein malerischer, gegen 80′ hoher Wasserfall."
In Prof. Fritz Fezers Standardwerk "Eiszeitliche Erscheinungen im nördlichen Schwarzwald" (1957) bekommt das Kar Alter Weiher eine recht ausführliche Analyse (ab S. 22 bzw. S. 34 des Pdf). Unter anderem schreibt er: "8 km südwestlich Freudenstadt liegt in einem Seitentälchen der Kleinen Kinzig ein weiter Kessel, eines der schönsten Kare im Nordschwarzwald. Seine Düsterheit hinterläßt bei jedem Wanderer einen unheimlichen, aber großartigen Eindruck ... Die Wand steigt auf drei Seiten des Bodens sofort ziemlich steil an, erreicht dann in den harten Bänken des Bausandsteins im Durchschnitt 38° und an einzelnen Stellen noch mehr. Sie hat im NW durch die Kerbe des Baches eine spitzige Einbuchtung. Dort stürzt jener mit etwa 35° Gefälle in einem von der starken Erosion glatt geschliffenen, wie betoniert aussehenden Bett herab, was zu den Reizen des einsamen Kars noch einen besonderen hinzufügt."
Interessant ist bzgl. der Lage des Kars, dass es rel. tief liegt (830 bis 655 m) und in den Eiszeiten deswegen vermutlich nicht allzu lange komplett vergletschert war. Trotzdem und ironischerweise hat sich hier die geradezu idealtypische Form eines Kars herausgebildet (halbkreisförmig-steile Karwand, waagrechter Karboden, davor Moräne/Riegel mit Schürze). Meine Route sieht vor: die Stelle, wo der ausfliessende Bach den Riegel durchbrochen hat, dann mit der Vegetation auf Du-und-Du eine Umrundung des Karbodens entlang eines fast verschwundenen Weges (sehr zugewuchert, sehr nass, viele schöne Eindrücke von der steilen Karwand oberhalb und dem moorig-sumpfigen Karboden direkt nebenan), sowie eine Querung der nördlichen Seitenmoräne.
Nun muss ich dazu sagen, dass man aus der Perspektive des Wanderers all die genannten orographischen und geologischen Aspekte oft nur erahnen kann oder ausschnittsweise zwischen dem dichten Bewuchs sieht. Wer schon einmal versucht hat, einen baumbewachsenen Moränen-Wall fotografisch zu dokumentieren, weiß was ich meine. Das Wurschteln durchs Unterholz bringt einem manchmal etwas mehr Erkenntnis, gerade bei Wasserläufen und Felspartien, aber eigentlich müsste man viel öfter die Perspektive zwischen Mensch, Wanderfalke, Rotbuche und Felsblock wechseln können, um so etwas wie ein Kar in seiner Gesamtheit zu erfassen ;-) Trotzdem finde ich es natürlich spannender, den formgebenden Kräften der Eiszeiten im Gelände zu begegnen, nicht nur in Fachbüchern.
Danach über Forstwege ans oberen Ende der Karwand, um dort eine passende Stelle für den weglosen Abstieg zum Oberlauf des (namenlosen) Bachs zu finden, er ist der größte Wasserlauf im Kar. Die von Prof. Fezer genannte Einkerbung stellt sich als ein schön zugewucherter Tobel heraus. Aber die Haupt-Sensation ist die Quelle des Bachs: er entspringt aus den dunklen Tiefen verschachtelter Buntsandsteinfelsen, die das Quellloch wie ein Bilderrahmen fassen. Das ist wirklich schön anzusehen und habe ich in der Form so noch nie angetroffen. Die Felsen setzen sich linkerhand in großen, verkeilt liegenden Blöcken fort. Ideal, um mal hochzukraxeln: es stellt sich heraus, dass sie das unteren Ende einer Erosionsrinne bilden, diw ohl nur manchmal Wasser führt. Und der dritte Hingucker an diesem schönen Ort ist das Bachbett direkt unterhalb der Quelle: wie von Prof. Fezer angemerkt, hat die Erosion durchs Wasser sein Gestein tatsächlich so geschliffen, dass es wie betoniert wirkt. Leider schreibt er nichts über seine Zusammensetzung. Beim näheren Hinschauen meint man, es wäre irgendein Konglomerat mit Verkieselung (da dann doch recht rauer Oberfläche). Ausserdem treffe ich auf vermoderte Reste eines kleinen Holzstegs, vermutlich führte also mal (circa inder letzten Eiszeit ;-) ein Pfad herab.
Wieder hoch durch die Botanik. Es stellt sich heraus, dass der beste Ein-/Ausstieg oben am Hauptweg ca. gegenüber einer Schutzhütte der Forstleute ist. Auf dem Forstweg nordöstlich weiter, auch entlang des oberen Rands des nächsten Kars, dem Helmlesgrund (ein nicht vollständig ausgebildetes Kar). Bald darauf auf einem verblichenen Forstweg rechts zum übernächsten Kar, dem Kaspersloch. Man sieht: die Eiszeiten haben's hier gut gemeint. Kurz hinter der Abzweigung steige ich einen Abstecher ins steile Terrain herunter, finde aber nur vereinzelt kleinere Blöcke und Felsgruppen. Dem aufgelassenenen Forstweg entlang weiter (die letzten 200 m nach Gefühl, da der Weg verschwindet), herab zum Bachlauf des Kaspersloch. Aus Zeitgründen werfe ich nur einen kurzen Blick in den hier beginnenden Tobel und gehe auf nun einem wieder deutlichen Weg etwas bergan, den ich in der nächsten Linkskurve verlasse um ein letztes Mal in steiles Waldgelände herabzusteigen, denn die Topo-Karte deutet mir für diesen Hang Felsiges an. Ich bin hier ca. am nördlichen Ende des Kaspersloch-Kars. Tatsächlich liegen ein paar schöne Trümmer im Wald. Das Dickste erkraxle ich auf seiner Südseite, auf der Nordseite entdecke ich lustige Verwitterungsformen en miniature.
Schliesslich wieder herauf und über Wege-Zickzack zu einem (markierten) Pfad namens Mittelweg. Auf ihm zurück nach Zwieselberg. Er führt wurzelig-felsig auf der ehem. Landesgrenze zwischen Baden und Württemberg recht eben auf dem Rücken des Höhenzugs Roßberg - Roßhardt entlang. Letzteren passiere ich dabei auch auf seinem höchsten Punkt (851 m) und freue mich die ganze Strecke über die verschlungene Pfadführung durch abwechslungsreiche Wald-Vegetation.
Fazit: große Runde mit vielen schönen Entdeckungen, aber auch einem längeren Forstautobahn-Hatscher. Vielleicht wäre ja eine Variante sinnvoller, in die man den (touristisch jedoch stärker frequentierten) Burgbach-Wasserfall auf der anderen Seite des Roßbergs integriert und dafür Teufelsbächle/Oberen Seeblick weglässt. Am spannendsten war mal wieder das Forschen nach im Unterholz versteckten geologischen Perlen. T3+/I nur für das Weglose, für das ein robustes Outfit mit langen Ärmeln/Hosen und Sportbrille wegen der Äste sowie ein/zwei Wanderstecken für's unwegsame Terrain recht angebracht sind.
Eine Tour aus der Rubrik Unterholz-Preziosen
Als Soundtrack zur Tour empfehle ich José Gonzáles' Slow Moves, denn genau so haben's die hiesigen kleinen Gletscher zu den Eiszeiten gehalten.
Auf erwähntem Zwieselberg liegt ein gleichnamiges Dörfchen, dort stelle ich den Wagen an der Reha-Klinik ab und gehe in südliche Richtung: zunächst, als Abstecher, zum Stauseeblick (Veschper-Bänkle vorhanden, toller Blick bis ans Ende des Sees) und dann entlang des Teufelsbächles. Dieses plätschert in einem kleinen Tobel direkt rechts vom Pfad herab zum See. Ich steige mehrmals zum Bachlauf runter und wurschtle mich lieber dort durch. Ebenfalls mehrfach bekommt der Bach Zulauf von Kollegen, die aus dem Westhang munter zu ihm herunterpurzeln. Besagter Westhang ist ausserdem wohl reich an sog. Fließerdterrassen, auch dies eine glaziale Formenbildung. Aber aus Zeitgründen erspare ich mir das Nachgucken. Bissel schade, denn in geologischen Abhandlungen sind ihre Entstehungsprozesse als recht bemerkenswert beschrieben. Na, ich hol's mal nach.
An der nächsten Wegkreuzung (noch etwas oberhalb vom See-Niveau) ein Abstecher zu der kleinen Meßstation, die offenbar die Durchfluss-Menge des Teufelsbächles in den Stausee registriert. Anschliessend recht eintönig, da fast ohne Aussicht, auf breitem Weg und durch allerfeinstes Fichten-Mono südwärts. Ich bin hier zwar nah oberhalb des Sees, bekommen ihn aber nur alle paar hundert Meter durch die Bäume zu sehen :-/ Immerhin entdecke ich auf der Topo-Karte zwischendurch mal eine (aufgelassene) Rückegasse, die bis ganz runter ans Wasser führt. Leuchtend orangefarbende Pilze (Edit: Schwammerl!) wachsen nah am Ufer. Und dann weiter geduldig auf der Forstautobahn, die schliesslich zu einem Aussichtspunkt mit schönem Seeblick führt. Von da ist's nimmer weit bis runter zu Staumauer. An beiden Stellen bekommt man einen guten Eindruck von den Dimensionen der Talsperre.
Nun noch etwas südwestlich zum Büstenloch-Wasserfall. Man erreicht ihn über einen sehr rustikal angelegten Pfad von unterhalb, dieser führt bereits maximal pittoresk am zugehörigen Bächle entlang. Kurz vor dem Fall steige ich mal zum Bachbett herab, der Kessel des Büstenlochs ist wild verwuchert und ich sehe, dass der Wasserfall die hier in der Gegend so typische konkave Form in eine steilen Wand aus Buntsandstein geschliffen hat. Am Ende des Pfads steht dann eine frisch-gezimmerte, schöne Aussichtsplattform. Lustigerweise treffe ich sogar einen ihrer Erbauer an: es ist der Sohn des hiesigen Waldbesitzers. Wir kommen nett ins Gespräch und plaudern über Gott und die Welt, und die Naturschönheiten sowieso. Ich frage ihn, ob ich rechts der Wand durchs steile Terrain mal nach oben steigen darf, was mir freundlicherweise erlaubt wird. Nach einigem Farn- und Jungfichten-Kampf empfängt mich am Oberlauf des Wasserfalls eine recht märchenhafte Szenerie aus noch zwei weiteren Fallstufen und jeder Menge Frauenhaarmoos, durchsetzt von Pestwurz, Farnen und allem anderen, was sich an solch feucht-dunklen Orten halt wohlfühlt. Wer das auch vorhat: bitte nicht in die gestuften Moos-Polster treten. Im Hang rechts gluckert und fliesst es unter der Vegetation ebenfalls herunter, sicher ist alles noch vollgesogen von den reichlichen Niederschlägen der letzten Tage. Deswegen mache ich einen leichten Nordost-Bogen um im dann stabilen Gelände nochmals steil hochzusteigen, in der Gewissheit, bald auf einen Weg zu treffen. Es ist ein mal wieder aufgelassener Forstweg, der mich kurz darauf zu einem der Hauptwege hier oben bringt.
Hier wende ich meine Laufrichtung nach Norden und bald schon geht es wieder bergab, nämlich pfadig entlang der Karwand runter in das Kar Alter Weiher . Es hatte bis vor ca. 150 Jahren noch einen kleinen See auf seinem Boden. Wie bei fast allen Karseen gab es jedoch auch bei ihm eine langsamen Verlandungsprozess und er verschwand schliesslich. Heute ist der flache Karboden versumpft und hauptsächlich mit Fichten bestanden. Im (von mir natürlich nicht begangenen) Zentrum des Moors soll wohl noch ein 1-2 qm großer Tümpel als See-Rest existieren. Von der alten Bestockung mit Moorbirken und Moor-Bergkiefern finden sich nur noch Reste und die Mooroberfläche ist leider von einigen alten Entwässerungsgräben durchzogen. Viele Geschichten ranken sich um das Kar: Holzfäller erzählten, dass ausgewachsene Bäume, die nach dem Holzabrutschen im Moor landeten, komplett darin versanken, auch ein Rind verschwand mal darin. Kein Wunder, denn der Torf hat eine Mächtigkeit von 7 Metern. Die "Beschreibung des Oberamts Freudenstadt" (1858) berichtet: "In einer tief verborgenen Waldschlucht am Schwarzenbühl bestand früher ein großer See, der sog. alte Weiher, der längst trocken liegt, indeß weiß das Volk noch verschiedene Mährchen von Nixen des ehemaligen Sees zu erzählen. An den Ufern desselben soll ein Kloster gestanden seyn, wie denn noch einzelne behauene Steine herumliegen; aber vermuthlich war dies nur ein Waldbruderhaus. Im sog. Büstenloch, etwa 1/2 Stunde nördlich von der Berneck befindet sich ein malerischer, gegen 80′ hoher Wasserfall."
In Prof. Fritz Fezers Standardwerk "Eiszeitliche Erscheinungen im nördlichen Schwarzwald" (1957) bekommt das Kar Alter Weiher eine recht ausführliche Analyse (ab S. 22 bzw. S. 34 des Pdf). Unter anderem schreibt er: "8 km südwestlich Freudenstadt liegt in einem Seitentälchen der Kleinen Kinzig ein weiter Kessel, eines der schönsten Kare im Nordschwarzwald. Seine Düsterheit hinterläßt bei jedem Wanderer einen unheimlichen, aber großartigen Eindruck ... Die Wand steigt auf drei Seiten des Bodens sofort ziemlich steil an, erreicht dann in den harten Bänken des Bausandsteins im Durchschnitt 38° und an einzelnen Stellen noch mehr. Sie hat im NW durch die Kerbe des Baches eine spitzige Einbuchtung. Dort stürzt jener mit etwa 35° Gefälle in einem von der starken Erosion glatt geschliffenen, wie betoniert aussehenden Bett herab, was zu den Reizen des einsamen Kars noch einen besonderen hinzufügt."
Interessant ist bzgl. der Lage des Kars, dass es rel. tief liegt (830 bis 655 m) und in den Eiszeiten deswegen vermutlich nicht allzu lange komplett vergletschert war. Trotzdem und ironischerweise hat sich hier die geradezu idealtypische Form eines Kars herausgebildet (halbkreisförmig-steile Karwand, waagrechter Karboden, davor Moräne/Riegel mit Schürze). Meine Route sieht vor: die Stelle, wo der ausfliessende Bach den Riegel durchbrochen hat, dann mit der Vegetation auf Du-und-Du eine Umrundung des Karbodens entlang eines fast verschwundenen Weges (sehr zugewuchert, sehr nass, viele schöne Eindrücke von der steilen Karwand oberhalb und dem moorig-sumpfigen Karboden direkt nebenan), sowie eine Querung der nördlichen Seitenmoräne.
Nun muss ich dazu sagen, dass man aus der Perspektive des Wanderers all die genannten orographischen und geologischen Aspekte oft nur erahnen kann oder ausschnittsweise zwischen dem dichten Bewuchs sieht. Wer schon einmal versucht hat, einen baumbewachsenen Moränen-Wall fotografisch zu dokumentieren, weiß was ich meine. Das Wurschteln durchs Unterholz bringt einem manchmal etwas mehr Erkenntnis, gerade bei Wasserläufen und Felspartien, aber eigentlich müsste man viel öfter die Perspektive zwischen Mensch, Wanderfalke, Rotbuche und Felsblock wechseln können, um so etwas wie ein Kar in seiner Gesamtheit zu erfassen ;-) Trotzdem finde ich es natürlich spannender, den formgebenden Kräften der Eiszeiten im Gelände zu begegnen, nicht nur in Fachbüchern.
Danach über Forstwege ans oberen Ende der Karwand, um dort eine passende Stelle für den weglosen Abstieg zum Oberlauf des (namenlosen) Bachs zu finden, er ist der größte Wasserlauf im Kar. Die von Prof. Fezer genannte Einkerbung stellt sich als ein schön zugewucherter Tobel heraus. Aber die Haupt-Sensation ist die Quelle des Bachs: er entspringt aus den dunklen Tiefen verschachtelter Buntsandsteinfelsen, die das Quellloch wie ein Bilderrahmen fassen. Das ist wirklich schön anzusehen und habe ich in der Form so noch nie angetroffen. Die Felsen setzen sich linkerhand in großen, verkeilt liegenden Blöcken fort. Ideal, um mal hochzukraxeln: es stellt sich heraus, dass sie das unteren Ende einer Erosionsrinne bilden, diw ohl nur manchmal Wasser führt. Und der dritte Hingucker an diesem schönen Ort ist das Bachbett direkt unterhalb der Quelle: wie von Prof. Fezer angemerkt, hat die Erosion durchs Wasser sein Gestein tatsächlich so geschliffen, dass es wie betoniert wirkt. Leider schreibt er nichts über seine Zusammensetzung. Beim näheren Hinschauen meint man, es wäre irgendein Konglomerat mit Verkieselung (da dann doch recht rauer Oberfläche). Ausserdem treffe ich auf vermoderte Reste eines kleinen Holzstegs, vermutlich führte also mal (circa inder letzten Eiszeit ;-) ein Pfad herab.
Wieder hoch durch die Botanik. Es stellt sich heraus, dass der beste Ein-/Ausstieg oben am Hauptweg ca. gegenüber einer Schutzhütte der Forstleute ist. Auf dem Forstweg nordöstlich weiter, auch entlang des oberen Rands des nächsten Kars, dem Helmlesgrund (ein nicht vollständig ausgebildetes Kar). Bald darauf auf einem verblichenen Forstweg rechts zum übernächsten Kar, dem Kaspersloch. Man sieht: die Eiszeiten haben's hier gut gemeint. Kurz hinter der Abzweigung steige ich einen Abstecher ins steile Terrain herunter, finde aber nur vereinzelt kleinere Blöcke und Felsgruppen. Dem aufgelassenenen Forstweg entlang weiter (die letzten 200 m nach Gefühl, da der Weg verschwindet), herab zum Bachlauf des Kaspersloch. Aus Zeitgründen werfe ich nur einen kurzen Blick in den hier beginnenden Tobel und gehe auf nun einem wieder deutlichen Weg etwas bergan, den ich in der nächsten Linkskurve verlasse um ein letztes Mal in steiles Waldgelände herabzusteigen, denn die Topo-Karte deutet mir für diesen Hang Felsiges an. Ich bin hier ca. am nördlichen Ende des Kaspersloch-Kars. Tatsächlich liegen ein paar schöne Trümmer im Wald. Das Dickste erkraxle ich auf seiner Südseite, auf der Nordseite entdecke ich lustige Verwitterungsformen en miniature.
Schliesslich wieder herauf und über Wege-Zickzack zu einem (markierten) Pfad namens Mittelweg. Auf ihm zurück nach Zwieselberg. Er führt wurzelig-felsig auf der ehem. Landesgrenze zwischen Baden und Württemberg recht eben auf dem Rücken des Höhenzugs Roßberg - Roßhardt entlang. Letzteren passiere ich dabei auch auf seinem höchsten Punkt (851 m) und freue mich die ganze Strecke über die verschlungene Pfadführung durch abwechslungsreiche Wald-Vegetation.
Fazit: große Runde mit vielen schönen Entdeckungen, aber auch einem längeren Forstautobahn-Hatscher. Vielleicht wäre ja eine Variante sinnvoller, in die man den (touristisch jedoch stärker frequentierten) Burgbach-Wasserfall auf der anderen Seite des Roßbergs integriert und dafür Teufelsbächle/Oberen Seeblick weglässt. Am spannendsten war mal wieder das Forschen nach im Unterholz versteckten geologischen Perlen. T3+/I nur für das Weglose, für das ein robustes Outfit mit langen Ärmeln/Hosen und Sportbrille wegen der Äste sowie ein/zwei Wanderstecken für's unwegsame Terrain recht angebracht sind.
Eine Tour aus der Rubrik Unterholz-Preziosen
Tourengänger:
Schubi

Communities: Photographie, Unbekannte Touren
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