Jagdstein, Brand und Spitzberg


Publiziert von lainari , 26. Februar 2021 um 21:47.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Erzgebirge
Tour Datum:21 Februar 2021
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:15
Aufstieg: 620 m
Abstieg: 620 m
Strecke:16,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis zum Jagdsteinpass oder RVSOE-Bus der Linie 207a bis Gersdorf oder bis Ottendorf (verkehrt nicht am Wochenende/feiertags)
Kartennummer:1:20.000, SK Nr. 94 Bad Gottleuba-Berggießhübel und Umgebung

Unterwegs im Bahretal und auf umliegenden Höhen
 
Die Wetterfrösche versprachen einen wolkenlosen Turbofrühlingssonntag mit 14-17° C. Nach dem morgendlichen Hinaustreten ernüchterte mich die Realität: Böhmwind in Sturmstärke trieb feuchte Hochnebelwolken herein, die Temperatur erreichte gerade mal 1° - Änderung nicht in Sicht. So galt es, an der kurzen Corona-Leine dem Ungemach bestmöglich zu entfliehen.
 
Dazu fuhr ich zum Jagdsteinpass zwischen Berggießhübel und Gersdorf und parkte dort. Hier lag es nahe dem Jagdstein einen Besuch abzustatten. Der Himmel war immerhin klar aber es windete jedoch auch recht heftig, so dass ich mich nicht allzu lange aufhielt. Ich ging wenige Meter zurück und bog nach rechts auf einen Flurweg ein. Beim Eintritt in den Wald gab es eine Verzweigung in drei Richtungen, an der ich den mittleren Weg auswählte. Nach kurzer Zeit erreichte ich die Hochfläche Brand, deren Gipfel rechts vom Weg von einem flachen, kaum mannshohen Sandsteinfelsen gebildet wurde. Etwa gegenüber gab es in einiger Entfernung scheinbar ähnliche Felsen, hinter denen sich überraschend eine zerklüftete, teils von Menschenhand geschaffene Abbruchkante befand. Das Areal wird fallweise unterschiedlich benannt, gebräuchlich scheinen in der Neuzeit Giesensteine oder Giesensteinwand zu sein. Historisch wurden die Felsen offenbar dem Brand zugerechnet. Die hier betriebene, recht frühe Sandsteingewinnung zielte nach meiner Auffassung entweder auf eine eisenhaltige Gesteinsschicht oder aber der Gewinnung von tonhaltigen feuerfesten Sandsteinen für Ofenauskleidungen im Hüttenwesen ab. Hieraus könnte sich auch eine weitere Namensherleitung für den nahen Gottleubaer Ortsteil Giesenstein ergeben. Nach einer intensiveren Umschau im Felsgelände ging ich zum Weg zurück und folgte ihm weiter südwärts bis zur Waldkante. Hier galt es weglos eine Wiese zu überqueren. Dahinter zeichnete sich die bewaldete Anhöhe des Spitzberges ab. Der Gipfel ist von Sandstein bedeckt, der eine flache künstliche Mulde aufweist. Nach Osten hin ist eine Haldenschüttung ausgeprägt und es gibt eine Pinge. Ziel der Bergbautätigkeit dürfte ein eisenführender Gang in der Störzone der Mittelsächsischen Überschiebung gewesen sein. Die Sandsteinkuppe liegt hier auf einem Untergrund aus Quarzphyllit auf.
 
Ich verließ den Berg in südliche Richtung und traf auf den markierten Wanderweg. An einem besonnten Gehölzrand legte ich trotz anhaltend starkem Wind meine Frühstückspause ein. Auf einem bereits Anfang Januar begangenen Abschnitt lief ich danach ins Bahretal hinunter. Unten folgte ich weglos der Bahre talwärts. Wiesenland wechselte sich mit Wald und teilweise steilem Hochufer ab. Dieses musste ich jeweils umgehen. Heute noch in Nutzung stehende Flächen sind aber auch durch Furten miteinander verbunden, so dass im Sommer jeweils auch eine Bachquerung in Betracht käme. Die Brücke des einstigen talquerenden gelben Wanderweges ist jedoch abgebaut und steht hierfür nicht mehr zur Verfügung. Schließlich wurde das Tal weiter und flacher und erreichte Siedlungsgebiet. Windstille ließ so etwas wie Frühlingsstimmung aufkommen und ich musste mir durch Kleidungswechsel etwas Marscherleichterung verschaffen. Ich lief entlang der Straße nach Gersdorf und weiter talwärts vorbei am Rückhaltebecken Friedrichswalde-Ottendorf. An der zentralen Kreuzung des nach Bahretal eingemeindeten einstigen Doppelortes bog ich nach rechts ab und ging durch Ottendorf hinauf bis zur Kirche. An der Außenwand sind hier ein interessanter Kreuzstein (Mitte 13. Jh.) und zwei Grabplatten der Herrschaft von Bernstein (soll sich auf Georg von Bernstein zu Ottendorf gest. 1531 beziehen) angebracht. Von der Kirche lief ich zum Schloss zurück. Die einstige Wasserburg Ottendorf wurde 1294 erstmals als Grenzfeste erwähnt. Nach 1500 wurde sie in ein Renaissanceschloss umgebaut, der umgebende Wassergraben verschwand erst nach 1945. Über eine Anliegerstraße strebte ich später vorbei am Friedhof bergwärts und wechselte auf einen Flurweg. Nach einiger Zeit kam ich zu einem Rastplatz, den ich für meine Mittagspause nutzte. Es windete hier aber so stark, dass ich den Becher zum Einschenken neben die Thermoskanne halten musste, da der Tee waagerecht in der Luft lag. Alle ausgepackten Gegenstände mussten sorgsam festgehalten werden.
 
Nach der kleinen Stärkung wanderte ich durch den Wald zu den Felsenbrücken. Brücken sucht man hier heute vergebens. Früher, im Zeitalter der Naturromantik, wurden der Abbruchkante vorgelagerte Felsen mit Holzstegen als Aussichtspunkte erschlossen, daher der Name. Nach deren Verfall wurden diese nicht erneuert. Danach kehrte ich zum Abzweig zurück und ging auf dem ursprünglichen Weg weiter. Nach einer Weile bog ich auf einen Rundkurs durch die Gersdorfer Mühlsteinbrüche ab. Auf einer besonnten, windstillen Felsterrasse legte ich noch einen gemütlichen zweiten Teil der Mittagspause ein. Zurück auf dem Hauptweg gelangte ich zum Schluss, noch einmal durch einen Sandsteinbruch gehend, wieder zum Jagdsteinpass.
 
Die Gehzeit betrug 5 h 15 min. Die Wanderung ist teilweise unmarkiert, hat aber auf weiten Strecken T1-Charakter. Weglose Waldabschnitte im Bahretal und die Bergerkundungen sind abweichend T2.

Tourengänger: lainari


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Kommentare (2)


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Nyn hat gesagt:
Gesendet am 26. Februar 2021 um 22:19
Danke für die tollen Einblicke in den traditionellen Steinabbau
VG, Nyn

lainari hat gesagt: RE:
Gesendet am 26. Februar 2021 um 22:37
Gern geschehen, das ergab sich quasi im Vorbeigehen.
Freut mich natürlich, wenn der Bericht interessierte Betrachter findet.
VG lainari


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