Auch heuer ging es wieder für herbstliche Bergtouren ein paar Tage in die Schweiz, diesmal nach Gstaad im schönen Saanenland. Am zweiten Tag unseres Aufenthalts zeigte sich zum Glück die Sonne. Ideal also für eine längere Tour auf einen Gipfel der Umgebung. Bereits zuhause recherchierte ich auf Hikr die Berge der Umgebung, und die Gummfluh (2458 m) mit ihrem leicht kraxelbaren Gipfelaufbau und ein paar Fixseil-Stellen schien recht ideal für uns zu passen.
Ich schaute, dass sich eine Route mit unterschiedlichem Hin- und Rückweg finden liesse. Leicht abgewandelt habe ich dafür dann diese Wanderung von Felix, bei dem wir uns hiermit für die schöne Inspiration herzlich bedanken. Start war also aus dem östlich der Gummfluh gelegenen Tal des Chalberhörnibachs (Ruisseau de Comborsin).
Meine übliche Soundtrack-Empfehlung für Anfahrt, Rückfahrt oder zum Betrachten der Bilder hier lautet diesmal: Wild Rice vom fantastischen Lee Ritenour passt gut zu dieser Tour.
Nach einem ausgiebigen Hotel-Frühstück in Gstaad und kurviger Anfahrt parkieren wir den Wagen auf einem Schotterparkplatz, rechts kurz vor dem Restaurant Waldmatte. Los geht es dann taleinwärts auf der Asphaltstrasse ca 1,3 fast eben und dann kurz kurvig links in den Hang, immer auf dem Wirtschaftsweg. Weiter oben von ihm dann links abzweigend pfadig und markiert hoch in den Wald zur Alp Wilde Bode. Dort auf der Weide empfängt uns nicht nur die Kulisse des gegenüberliegenden Staldehore, sondern auch ein munter umherspringendes Kälbchen, das sich wohl entweder über den herrlichen Spätsommertag oder auch über unseren Besuch freut. Der Älpler kommt heraus und wir plaudern ein paar nette Worte.
Hinter der Alp weiter pfadig, rechts die Wiese hoch in einen urwüchsigen Bergwald hinein. Es geht nun im steten Auf und Ab abwechslungsreich durch Fels (sprichwörtlich hindurch sogar im "Brieschespalt") und Vegetation zum Trittlisattel (Pt. 1842). Bald darauf an der Wegverzweigung Pt. 1850 gehen wir halblinks, zunächst in Richtung Col de Jable. Obacht geben muss man, dass man kurz hinter Pt. 1952 nicht, wie wir, die (unmarkierte) Wegspur übersieht, die rechts hoch zur Gummfluh führt. Wir bemerken unseren Verhauer aber schon bald danach und nutzen kurzerhand den kleinen Felssitz an ebenjenem Abzweig für eine ausgiebige Fernblick-Veschper im Schatten.
Nun folgt der schönste Teil der Tour: zunächst noch durch Geh-Gelände, später auch immer mal (leicht) kraxelnd erarbeiten wir uns Höhenmeter entlang einer Schulter der Pointes de Sur Combe (2246 m). Auch wenn sich unser Gipfelziel Gummfluh noch lange dahinter versteckt hält, so geniessen wir hier doch schon herrliche Weitblicke in die benachbarten und entfernter liegenden Bergketten. Aus der Ferne winkt sogar der Mont Banc hell leuchtend herüber. Rechts herunter ein schöner Tiefblick in das Schutt-Kar der Pointes de Sur Combe. In deren Südflanke stapfen wir nun, zunächst grasig, später geröllig, auf der immer gut sichtbaren Wegspur entlang, mitunter ist's hier leicht ausgesetzt und wegen des Gerölls ist etwas Trittsicherheit gefragt. Noch rustikaler wird es, als wir den Fuß des Gummfluh-Gipfelaufbaus erreicht haben und eine Schuttrinne hochmüssen. Dankbar sind wir hier über unsere Stöcke. Allerdings machen wir im Aufstieg den Fehler, uns zu weit rechts (an der Felswand) zu halten. Nur ca.15 m weiter links sind die Trittspuren deutlicher und die Rinne besser zu passieren, so bemerken wir es später beim Abstieg. Wir kommen nun zu einer drahtseilversicherten Rampe, die uns nach rechts ansteigend duch den Fuß der Gummfluh-Nordwand bringt. Hier wird es dann schon mal ausgesetzter bleibt aber überschaubar schwierig und so macht diese Passage viel Spaß. Vor allem weiter hinten, wo die Rampe in ein Felsband übergeht und man ab da mithilfe von weiteren Drahtseilen und auch Fixseilen etwas kräftiger ausgesetzt, aber technisch unschwierig (I) durch Schrofen nach oben kraxelt.
Im Sattel unterhalb des Gummfluh-Ostgrats angekommen nun links, steil die letzten Höhenmeter zum Gipfel hoch in gutgelaunter, grasig-schrofiger Kraxelei. Schliesslich noch entlang des fast ebenen Gratverlaufs auf dem wunderbaren Gipfelplateau der Gummfluh (2458 m) leicht und mit herrlichem Rundumblick bis zu ihrem erstaunlich aufwendig geschmiedeten Gipfelkreuz. Die Fernblicke rundum geniessend machen wir da natürlich einige Gipfelfotos. Im Kommentarbereich eines Bilds der oben erwähnten Tour kann man übrigens eine schöne kulturgeschichtliche Abhandlung einiger Hikr-Kollegen zu den im Gipfelkreuz eingearbeiteten Symbolen nachlesen. Aber Panoramablick hin, Symbolik her: unsere hungrigen Bäuche melden sich erneut und so verschmausen wir unser Gipfel-Vesper. Wir haben sogar die Ehre, das neu angelegte Gipfelbuch zu "eröffnen".
Zurück geht es zunächst auf gleichem Weg wie hinauf, und zwar bis zum Abzweig am Pt. 1850. Den ganzen Wegabschnitt geniessen wir die Fernblicke, die nun in Laufrichtung bergab liegen: alle Dreitausender südöstlich (Wildhorn/Wildstrubel, Les Diablerets etc.) tragen eine Schicht Neuschnee und bilden eine weiß leuchtende Horizontlinie. Und trotz aller Schrofen-Kraxelei und Schutt-Stolperei ist es ein Genuss, den Blick in die Ferne schweifen zu lassen. Das Fixseil unterhalb des Sattels bereitet uns nochmals viel Freude und ein bisschen Abseil-Feeling. In der Schuttrinne nachher empfiehlt es sich wie erwähnt größtenteils rechts (abwärts) zu bleiben, dann rüber/runter zum Pt. 1850. Es immer wieder ein Erlebnis, wenn man aus der kargen Fels- und Schutt-Szenerie oben nach und nach in lieblichere Zonen mit zunehmender Vegetation herab kommt. Hinten ums Eck im Westen sinkt die Sonne tiefer und schickt ein schönes Streiflicht auf die nordöstlich nahen Videmanette und Rubli.
Am Pt. 1850 also weiter links in Richtung Col de la Videman. Es bleibt abwechslungsreich: zunächst nochmals steiler herab und dann entspannter fast horizontal durchs Schutt-Kar der Pointes de Sur Combe sowie weiter am Fuß ihrer steilen Ostwand. Im Kar beobachten wir lange ein Rudel Gemsen – und sie natürlich auch uns. Jedenfalls weichen sie immer weiter nach oben zurück, je näher wir kommen.
Bald schon sind wir am nächsten Kar (Gour de Comborsin) und gehen nun rechts auf markiertem Pfad weiter. Dieser gabelt sich kurz danach: wir halten uns links, da wir mit einer Wegführung oberhalb des Tals in der langsam einsetzenden Abenddämmerung auf noch ein paar Fernblicke hoffen. Es geht nun in Richtung L'Essertse (Pt. 1641), Comborsin und Ober-/Unter Beust. Hier sind die Viehweiden Anfang September noch voll Leben und die Kühe schaun uns neugierig nach. Schön, aber leider nicht fotografiert: eine Gruppe Rinder, die auf einer Wegkuppe stehend zu den vom Abendrot angeleuchteten Bergspitzen im Osten schauen ... genauso wie wir übrigens: Unsere Fernblick-Hoffnung wird also nicht enttäuscht. Das Rot verwandelt sich jedoch rasch in ein Rosa und bald ist alles Violett-Blau. Wir stapfen nun rasch über die offenen Weideflächen, immer leicht bergab. Das letzte Stück bis zum Wagen jedoch, ca 300 m durch dunklen Wald, müssen wir Handy und Stirnlampe zum Ausleuchten des Pfads einschalten, ein bisschen haben wir uns nämlich in der Zeit verschätzt ;-)
Mit auf Tour: Amelie.
Fazit: Was für eine tolle Runde. In unserem eher kleinen Alpen-Portfolio tatsächlich die ... ja, doch, bisher schönste Tour, dankenswerterweise bei herrlichem Altweiber-Wetter. Die Gummfluh verlangt ein bisschen Arbeit, aber auch nix Unmögliches. Mit vielen schönen Erinnerungen wurden wir belohnt. Aber auch die Tour am nächsten Tag war eine rechte Freude.
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