Zweite Wahl: weglos auf die Wiegenspitze (3109 m)


Publiziert von Uli_CH , 7. August 2020 um 23:18.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum: 5 August 2020
Wandern Schwierigkeit: T4- - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1630 m
Abstieg: 1630 m
Strecke:20.7 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bei Naturns ins Schnalstal abbiegen und nach Karthaus fahren. Kostenfreier Parkplatz "Klosteralm / Penaudalm" zwei km hinter Karthaus (ausgeschildert). Die Strasse ist am Schluss nicht mehr geteert.
Kartennummer:Tabacco 04: Schnalstal - Naturns (1:25'000); KOMPASS 051: Naturpark Naturns/Latsch/Schnalstal (1:25'000); KOMPASS-App mit Offline-Wanderkarte

Eigentlich hätte ich ja die  Südliche Schwemserspitze besteigen wollen. Da der Weg 1 zwischen Kurzras und Bildstöckljoch zurzeit aber wegen Steinschlags gesperrt ist, wurde daraus nichts. Leider habe ich das nicht direkt am Parkplatz in Kurzras festgestellt, sondern erst hinter dem Ort am Trail Head. Netterweise hat mir der Parkplatzwächter die 5 € anstandslos zurückerstattet.

Jetzt war guter Rat teuer. Eine erneute Anfahrt zu einem anderen Ausgangspunkt wollte ich aus Zeitgründen nicht unternehmen. Mit der Wiegenspitze hatte ich jedoch eine weitere Tour, die im Schnalstal startet, auf dem Programm. Dummerweise lag der Führer in der Unterkunft...

Merke: Wenn auf der Karte Wegspuren eingezeichnet sind, müssen sie weder in natura existieren, noch der geeignete Weg für das Vorhaben sein.


Ich starte beim Parkplatz und folge dem Fahrweg (Wanderweg 20 Richtung Penauderalm), der durch eine Schranke abgesperrt ist, durch einen sonnendurchfluteten Lärchenwald. Erst führt er noch am Hang des Schnalstals entlang, bevor er eine Linkkurve macht und in das Penaudtal einbiegt. Der Penaudbach wird nun mein ständiger Begleiter.

Nach fünf Viertelstunden weitet sich das Tal in einen wunderschönen Almboden. Die Berge, die das Tal einrahmen, werden sichtbar.

Am Ende des Bodens wird es wieder steiler und der Fahrweg gewinnt in Serpentinen an Höhe. Nach insgesamt gut zwei Stunden erreiche ich die Alm und lasse mich zu Speis und Trank nieder. Den Almwirt interviewe ich noch zu meinem Vorhaben.

Gestärkt folge ich nicht dem Weg Nr. 20, um über die auf der Karte eingezeichneten Wegspuren zu "den Augengläsern" zu gelangen, sondern folge eine paar Schritte dem Penauder Höhenweg, um dann auf Viehspuren links abzubiegen und auf der anderen Seite des Penaudbachs wie der Weg 20 taleinwärts zu schreiten. Vor einer felsdurchsetzen Geländestufe steige ich am orografisch linken Ufer eines Baches bergan und halte am Schluss auf einen markanten pyramidenförmigen Felsen zu. Kurze Zeit später erreiche ich auch den Steinmann bei P. 2552.

Jetzt halte ich mich taleinwärts und visiere den tiefsten Punkt des Horizonts an. Das Gelände steigt wellig an und es gibt unzählige Bachläufe. Neben dem Almboden beim Anstieg ist dies der schönste Abschnitt der Tour.

Schliesslich treffe ich bei den Augengläsern ein. Die Gegend ist unübersichtlich. Es gibt viele Gipfel und mir ist nicht klar, welches die Wiegenspitze sein soll. Von den auf der Karte verzeichneten Wegspuren keine Spur.

Ich folge dem Tal in einer Rechtskurve und steige über viel grosses Blockwerk bergan, um in die Nähe des Sees zu gelangen. Ich halte mich allerdings viel zu weit links. Es wird ein furchtbarer Blockhatscher und den See sehe ich erst, als ich schon einige Höhenmeter über ihm bin.

Ich peile den Ostgrat der Wiegenspitze an und quere unterhalb einer markanten Felsrippe. Ich gehe nicht direkt auf dem Grat, sondern etwas unterhalb in einer Felsrinne. Es ist alles ziemlich brüchiger Fels. Schliesslich erreiche ich den Gipfel (2:50 ab Hütte), Die nahen Berge lassen sich gut unterscheiden. Die interessanten sind ziemlich weit weg.

Beim Abstieg will ich es besser machen. Da ich von oben komme, sehe ich ja, was mich erwartet. Ich steige wieder am Ostgrat entlang herunter und quere unterhalb des Felsrippe. Dann halte ich aber direkt auf das Westufer des Sees zu. Von dessen Südwestende steige ich direkt über Grashänge auf den markanten See in Form einer Brille zu. Kein Blockwerk mehr!

Zum Brillensee benötige ich eine Stunde. Ich quere den "Steg" zwischen den Brillengläsern und steige südlich des östlichen Brillenglases und unterhalb eines Hügels mit einem dreibalkigen Kreuz weglos hinab zum Wanderweg, dem ich zur Alm folge (dreiviertel Stunde ab Brillensee). Für den Abstieg zum Parkplatz benötige ich von der Alm noch einmal fünf Viertelstunden.

Maurizio Marchel ist zwar auch an einem See vorbeigekommen, aber er ist ein Tal früher abgebogen (ins Seekar) und bestieg den Südgrat der Wiegenspitze von Osten statt von Westen.

Orientierung: Bis zur Penauder Alm einfach, danach mittel bis anspruchsvoll. Die Wanderwege sind durchgehend markiert und ausgeschildert.

Ausrüstung: Bergwanderausrüstung, inkl. fester Bergschuhe mit rutschfesten Sohlen, Teleskopstöcke.

Führer: Maurizio Marchel, Einsame Gipfel in Südtirol, Band 1, 2012, Tour 14

(Dies ist ein Tourenbericht. Es handelt sich daher nicht um eine Aufforderung, diesen Berg zu besteigen, sondern um meine persönlichen Gehzeiten und meine subjektive Einschätzung der Schwierigkeit ohne Anspruch auf Objektivität. Jeder, der diesen Tourenbericht als Basis für eine eigene Unternehmung verwendet, ist selber schuld und persönlich für seine eigene Sicherheit verantwortlich.)

Tourengänger: Uli_CH


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