Unter Geiern - Geierköpfe Nordwand und Überschreitung
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Ich geierte schon länger auf eine zünftige Tour nur mit dem Nik und da mich meine Beisserchen nicht mehr plagten (s.d.), stand dem nach erträglich langer, wenn auch sehr früher Anfahrt endlich nichts mehr im Wege.
Mir schwebte zunächst ein Anstieg auf dem interessanten Weg von Westen her vor, Nik dagegen wollte gern die Durchsteigung der Nordwand versuchen, die frehel beschrieben hat. Kompromiss: Wir machen einfach Beides! So konnten wir dank zweier Autos die Nordwandroute am Ostgipfel der Geierköpfe geschickt mit der Komplettüberschreitung (Ostgipfel bis zum Westgipfel) und Abstieg durchs Teufelstal kombinieren. Genial!
DIE NORDWAND
frehels Beschreibung des Zustiegs zur und der Nordwandroute sind für eine Begehung vollkommen ausreichend, das Ganze hat jedoch mit Wandern (Die "Wanderung durch die Nordwand"...also nee-bitte...) überhaupt nichts mehr zu tun. Aber gehen wir es doch einfach mal der Reihe nach an:
An der Ammerwaldstraße (L255) befindet sich unterhalb der einzigen Spitzkehre der gesamten Strecke ein Wanderparkplatz, ganz in der Nähe der Landesgrenze, auf der österreichischen Seite. Hier steht ein Schild, an dem die Kreuzspitze und der Westgipfel der Geierköpfe (letzterer mit 4 Stunden) angeschrieben sind: Es geht hinunter ins Neualmgries. Dort verlassen wir den Weg aber gleich wieder und stromern weglos rechts am Schuttstrom entlang. Bald stoßen wir dort auf verblasste Markierungen, denen wir ein Weilchen folgen, bis von rechts ein weiterer Schuttstrom/Bachlauf herunterkommt. Diesen Abzweig gehen wir nun hinauf.
Im unteren Bereich queren wir einen weiteren Zuweg zu den Geierköpfen bzw. zum Neualmasattel; das war es dann aber auch mit den Begehungsspuren. Etwas mühsam stolpern wir im Bachbett voran, bis sich dieser sich zu einer Klamm verengt. Diese umgehen wir rechts: Zunächst eine deutliche Rinne hinauf, nach etwa 50 Höhenmetern dann auf Tierspuren links hinüber und oberhalb der Klamm zurück zum Bachbett. Dabei müssen wir kurz durch Latschen und Bäume, ein besonders wilder Latschenkampf ist's aber nicht. Wir steigen so bald wie möglich wieder hinunter ins wieder flachere Bachbett, geeignete Stellen dafür gibt's mehrere (allerdings auch steile Hänge, wir müssen ein bissl nach der besten Möglichkeit schauen).
Wir folgen nun dem Bachbett weiter hinauf. Vor einer latschenbesetzten Felswand dreht das Bachbett nach rechts, bis zu einer Stelle, an der der Bach als Wasserfall diese Felswände hinunterstürzt. Rechts davon befindet sich eine trockene Rinne, in der wir nun hinaufsteigen. Bald zweigt links eine weitere, schmalere Rinne ein, in der wir nun weiter hinauf kraxeln. Die Kraxelschwierigkeiten hier halten sich in Grenzen, alles um I, auch kurz II, je nach Trockenheit und Variante. Bei der stellenweisen Nässe heisst es für uns schon gut aufpassen.
Dort, wo diese zweite Bachrinne in bräunlichem Gebrösel ausläuft, verlassen wir sie nach links. Hier steht bei unserer Begehung ein kleiner Steinmann (s. Bild). Seichte Spuren (die wahrscheinlich eher von Tieren stammen) führen zurück zum Bach, den wir oberhalb des Wasserfalls wieder erreichen. Nun geht es am oder im Bachbett weiter hinauf, bis zu einem kleinen Wandl. Dieses umgehen wir rechts durch schmale Latschengassen. Am Ende der Umgehung gibt's dann keine Gassen mehr, hier steht der einzige Latschenkampf des Tages an – es ist allerdings nur ein kurzes Vergnügen.
Wenige Schritte weiter finden wir uns am unteren Ende eines riesigen Schuttkegels. Links oberhalb befindet sich ein zweiter. Dessen obersten Punkt gilt es nun anzustreben. Denn genau dort beginnt ein Band, das den Durchstieg durch den steilsten Teil der Nordwand ermöglicht.
Wir pausieren aber erst einmal an einem Block vor dem unteren Ende des ersten Schuttkegels. Danach mühen wir uns zunehmend links haltend hinauf, bis wir über wechselnd festen Schotter und eine unten noch etwas grasige Rippe den höchsten Punkt des oberen Schuttkegels erreichen.
Hier beginnt das schuttbedeckte Bandsystem, das uns den einzig vernünftigen Durchstieg durch den steilsten Teil der Nordwand ermöglicht. Einen gelben Brocken in untersten Bereich umgehen wir rechts, dann geht's auf teils mergligem, stets eher abschüssigem Gelände weiter zur Schlüsselstelle des gesamten Anstiegs: Eine doppelte Felsstufe, sehr trittarm, die wir mit Hilfe zum Glück großer Griffe auf der Bergseite (rechts) überwinden können (II+ / III-). Vorsicht beim Ausstieg, hier lauert eine glatte Platte, auf der viel Schotter herumliegt! Lieber vor dem Betreten gründlich säubern.
Vergleichsweise unschwierig queren wir nun auf dem Band weiter schräg nach links. Trotzdem ist weiterhin Vorsicht geboten: Das Gelände ist immer abschüssig, und durchwegs mit ordentlich Schotter bedeckt. Wir halten auf einen schon vom Beginn des Bandes aus gut zu erkennenden Grasfleck zu, auf dem einige niedrige Latschen stehen. Dort angelangt, dürfen wir nicht weiter queren. Wir steigen stattdessen auf zunehmend dürftig werdenden Graspolstern geradewegs zum höchsten Punkt des Grasflecks hinauf.
Ab hier ist die Routenwahl weniger zwingend, jedoch leiten abwechselnd kurze Rinnen und Rippen geradewegs hinauf in hier eingelagertes weniger steiles Schrofengelände.
Der Steilhang Richtung Ostgipfel sieht ab hier zwar gangbar, aber doch sehr brüchig aus, so halten wir uns geradeaus auf die Felsen zu und oben leicht rechts. Wir spreizen zunächst in einer deutlichen Rinne hinauf, die rechts von einem markanten Turm begrenzt wird, bis wir die Rinne nach rechts verlassen können. Es folgt ein kurzes, schmales Gratl, dann der letzte steile Aufschwung, und schließlich geht es ein wenig flacher über Schotter und Gras hinauf zum Grat. Wir erreichen ihn an der vermutlich niedrigsten Stelle zwischen dem Ostgipfel (links) und den nächsten Erhebungen im Westen.
Wanderparkplatz - Nordwand - Grathöhe: landschaftlich grandioser, wegloser und unmarkierter Anstieg in brüchigem Fels und Schrofengelände, T6- /II+ / III- (eine Stelle, sonst leichter), 3:45h
Ausführlicher Hinweis:
Diese Route ist nicht markiert. Es gibt zwei oder drei Steinmännchen, die strategisch super plaziert sind, mehr um die eigene Orientierung bestätigen - trotzdem KLASSE! Alles bleibt jedoch weglos! Auch mit dem von den "Hikr-Erstbegehern" angegebenen Schwierigkeitsgrad der Wand bin ich (Nyn) nicht ganz glücklich (ich schon, sagt der Nik, meint's aber nicht böse). Rein technisch mag II noch stimmen (ne III isses ned), der Gesamteindruck ist meiner Meinung nach jedoch höher als II und T5 anzusetzen.
Es mag womöglich leicht verschiedenen Ansichten über Berücksichtigung von Komponenten wie Brüchigkeit, Ausgesetztheit und Gefährdung geschuldet sein oder eben Ammergauerspezifischem :D, aber obwohl laut Auskunft eines sehr alten Bergsteigers, den wir nach dem Durchstieg der Nordwand oben am Grat getroffen haben, durch diese früher tatsächlich ein "Steig" führte (ABER HALLO!, wo?), halte ich diese Route für insgesamt etwas anspruchsvoller als bisher beschrieben.
In der Wand bewegen wir uns ab dem eigentlichen Einstieg am Ende des oberen Schuttkegels bis hinauf zum Grat durchweg in heiklem, zuweilen sehr heiklem Absturzgelände. Solides seilfreies Kletterkönnen und Orientierung in brüchigem und auch unübersichtlichem Fels ist trotz einiger markanter "Wegpunkte" und der grundlegenden Logik des Band- und Rinnensystems unabdingbar. Eine vernünftige Sicherung dürfte an den schwierigen Stellen kaum herstellbar sein, selbst wenn wir dies versucht und das Geraffel dafür dabei gehabt hätten. Der Fels ist nicht ausgeputzt, selten wirklich fest, sondern oft brüchig und kleinsplittrig, dazu sind Griffe, Tritte und Absätze sehr oft mit Gries (Auflagen kleiner Steinchen) bedeckt, die ein hohes Gefährdungspotential haben und deshalb unsere andauernde und besondere Aufmerksamkeit benötigen. Auch im leichteren Ge(hge)lände besteht Steinschlaggefahr. Jeden unserer Schritte müssen wir deshalb sorgfältig planen, jeden Griff kritisch prüfen. Das bedeutet: Absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit ist nötig, Ausgleiten ist verboten, Helm!
Aber: Wer das Steigen und ungesicherte Klettern in solcherlei Gelände beherrscht, den erwartet ein genretypischer Leckerbissen, alle anderen seien hiermit nachdrücklich gewarnt!!
(Alternative: Der übliche Anstieg auf den Ostgipfel führt von Süden ab dem Südhangsteig - zwar weglos, aber vergleichsweise leicht - über Gras)
DER OSTGIPFEL
Den lassen wir uns natürlich nicht entgehen! In wenigen Minuten sind wir dort oben und können die Wand seitlich ein wenig einsehen, die wir eben durchquert und durchstiegen haben.
Grathöhe - Ostgipfel: Wegspuren, unmarkiert, T2, ein paar Minuten
ÜBERSCHREITUNG O>W
Diese herrliche Gratüberschreitung ist schon mehrfach und ausführlich beschrieben und gewürdigt worden. Völlig zu Recht! Die Route ist grandios und eine der schönsten Gratüberschreitungen der Ammergauer Alpen.
Zunächst flanieren wir wieder zurück zu der Stelle, an der wir zuvor heraufgekommen sind. Dann führen Wegspuren hinauf zu den nächsten Gratköpfen, allesamt sanfte Aufschwünge, die das Weglein knapp unterhalb der Grathöhe links umgeht. Dann nähern wir uns der ersten schwierigen (und schwierigsten) Stelle des Gratübergangs: Ein markanter länglicher Block steht hier quer zum Gratverlauf. Wir betreten ihn, und kraxeln gleich rechts die steile, glatte Rinne hinab in das schmale "Schärtle". Die Stufe danach nehmen wir direkt (bzw. etwas links der Kante, beides um II), dann geht's hinauf auf die Grathöhe.
Die nächste Schwierigkeit bildet eine etwas größere, dafür umso brüchigere Scharte vor einem unkletterbaren großen Gratturm. Unser Abstieg erfolgt, unter größter Vorsicht, im Bröselgelände (T5, I). Drüben queren wir links unterhalb der senkrechten Wand auf einem Band, bis wir wieder leicht rückwärts zur Grathöhe aufsteigen können, zuletzt in bzw. neben einer mergligen Rinne (Steinmännchen beachten!). Das Ganze ist weithin ziemlich bröselig, aber im Aufstieg deutlich besser als der Abstieg davor. Es folgt eine etwa zwei Meter hohe, senkrechte Stufe, die wir auf unterschiedliche Art lösen, (lustig und luftig, kurz I-II), dann sind wir in angenehmerem Gehgelände.
Wir tasten uns nun langsam an den Gipfelaufbau des Hauptgipfels heran und finden sogar einige rote Markierungspunkte. Diese weisen zum kurzen, steilen Wandl, über das wir noch kraxeln dürfen, bevor wir nach wenigen Schritten am Hauptgipfel der Geierköpfe ankommen.
Ostgipfel - Hauptgipfel: Gratüberschreitung auf unmarkiertem, gutem Weg, T5, Stellen I und II, 1:10h
Insgesamt ist der Übergang zum Hauptgipfel (und weiter zum Westgipfel) gut bemanndlt und es gibt deutliche Spuren. Meist ist es sogar ein Weg. Aber auch hier ist der Fels und Untergrund zuweilen ordentlich brüchig. Besser ist es, außer bei der südseitigen Umgehung des markanten Steilaufschwungs, immer am Grat zu bleiben. Erst ab dem Hauptgipfel (tolle Aussicht!) wird's leichter. Tiefer in die Südflanke auszuweichen, um diese ~2 längeren schwierigen Stellen der Überschreitung zu umgehen, ist wohl möglich, man bekommt dafür dann jedoch massig abschüssigen Schotter, steile Schrofen und jede Menge mehr Bruch - das lohnt unserer Meinung nach nicht, vorausgesetzt, man beherrscht einen sicheren IIer.
WESTGIPFEL
Deutlich einfacher als bisher ist nun unser Weiterweg zum Westgipfel. Vom Hauptgipfel steigen wir zunächst einige Stufen und eine steile Schotterflanke hinunter in eine Scharte. Aus der Scharte weiter über eine Felskante und einen recht schmalen Gratabschnitt, dann immer dem leichten Weg auf der Gratkante folgen. Nach dem Gekraxel ist das nun Wandergenuss pur. Sanfte Grashänge führen schließlich hinauf auf den erneut aussichtsreichen Westgipfel, dessen großes Gipfelkreuz wir schon von weither gesehen haben.
Hauptgipfel - Westgipfel: Gratüberschreitung auf unmarkiertem, gutem Weg, T3, 30 Minuten
ABSTIEG
Der Abstieg vom Westgipfel über das Kreuzjöchl ist mit Ausnahme einer kurzen Abkletterpassage (I) unschwierig. Durch zahllose Latschengassen geht's hinunter zur Zwerchenbergalpe (1590m).
Der (weiterhin unmarkierte!) Steig ab der Zwerchenbergalpe westlich zur Ammerwaldstraße (und Parkplatz unseres zweiten Fahrzeugs) führt dann durch herrliches, aber auch sehr steiles Gelände. Der Weg ist da toll hineingezaubert. Wir haben hoffentlich noch genügend Konzentration übrig, nicht nur wegen vieler umgestürzter Bäume, die wir irgendwie überwinden müssen (meine langen Beine sind "obenrum" vorteilhaft, zum Untendurchschlüpfen bin ich selten beweglich genug), wenige, kurze Stellen sind nochmal I.
Beim Abstieg begegnen wir Christiane und Mia, Mutter und Tochter aus Berlin. Sie brauchen im Abstieg Hilfe, und wir begleiten die beiden gern hinunter bis zur Ammerwaldstraße. Die zwei Mädels stellen sich als tapfere Bergsteigerinnen heraus, und mit entsprechender Vorsicht und viel Humor kommen wir alle vier gut hinunter. Unser Abstieg dauert deshalb ein wenig länger als üblich :D
Westgipfel - Parkplatz an der Ammerwaldstraße: oben markierte, gute, unten schmale Wege in oft ausgesetztem Gelände, T3, 4h
Meine Gesamt-Einschätzung:
Ausrüstung
C-Schuhe, Stecken, unbedingt ein Helm!
Mein FAZIT
Die Nordwand ist anspruchsvoll in jeder Hinsicht, die anschließende Überschreitung hat zwei schwerere Passagen. Unsere Kombi bietet alles: Urwüchsige Landschaft, fantastische Eindrücke und tolle Aussicht.
Niks FAZIT:
Tolle Tour, die eine dolomitenhafte Nordwand mit einer tollen Gratüberschreitung kombiniert. Die Überschreitung der Geierköpfe gehört zusammen mit dem Danielgrat und dem Niederstraußberg zu den schönsten Grattouren der Ammergauer.
Mein herzlicher Dank an den Nik für die Kombi-Idee und die tolle Wechselführung
Nyn
Mir schwebte zunächst ein Anstieg auf dem interessanten Weg von Westen her vor, Nik dagegen wollte gern die Durchsteigung der Nordwand versuchen, die frehel beschrieben hat. Kompromiss: Wir machen einfach Beides! So konnten wir dank zweier Autos die Nordwandroute am Ostgipfel der Geierköpfe geschickt mit der Komplettüberschreitung (Ostgipfel bis zum Westgipfel) und Abstieg durchs Teufelstal kombinieren. Genial!
DIE NORDWAND
frehels Beschreibung des Zustiegs zur und der Nordwandroute sind für eine Begehung vollkommen ausreichend, das Ganze hat jedoch mit Wandern (Die "Wanderung durch die Nordwand"...also nee-bitte...) überhaupt nichts mehr zu tun. Aber gehen wir es doch einfach mal der Reihe nach an:
An der Ammerwaldstraße (L255) befindet sich unterhalb der einzigen Spitzkehre der gesamten Strecke ein Wanderparkplatz, ganz in der Nähe der Landesgrenze, auf der österreichischen Seite. Hier steht ein Schild, an dem die Kreuzspitze und der Westgipfel der Geierköpfe (letzterer mit 4 Stunden) angeschrieben sind: Es geht hinunter ins Neualmgries. Dort verlassen wir den Weg aber gleich wieder und stromern weglos rechts am Schuttstrom entlang. Bald stoßen wir dort auf verblasste Markierungen, denen wir ein Weilchen folgen, bis von rechts ein weiterer Schuttstrom/Bachlauf herunterkommt. Diesen Abzweig gehen wir nun hinauf.
Im unteren Bereich queren wir einen weiteren Zuweg zu den Geierköpfen bzw. zum Neualmasattel; das war es dann aber auch mit den Begehungsspuren. Etwas mühsam stolpern wir im Bachbett voran, bis sich dieser sich zu einer Klamm verengt. Diese umgehen wir rechts: Zunächst eine deutliche Rinne hinauf, nach etwa 50 Höhenmetern dann auf Tierspuren links hinüber und oberhalb der Klamm zurück zum Bachbett. Dabei müssen wir kurz durch Latschen und Bäume, ein besonders wilder Latschenkampf ist's aber nicht. Wir steigen so bald wie möglich wieder hinunter ins wieder flachere Bachbett, geeignete Stellen dafür gibt's mehrere (allerdings auch steile Hänge, wir müssen ein bissl nach der besten Möglichkeit schauen).
Wir folgen nun dem Bachbett weiter hinauf. Vor einer latschenbesetzten Felswand dreht das Bachbett nach rechts, bis zu einer Stelle, an der der Bach als Wasserfall diese Felswände hinunterstürzt. Rechts davon befindet sich eine trockene Rinne, in der wir nun hinaufsteigen. Bald zweigt links eine weitere, schmalere Rinne ein, in der wir nun weiter hinauf kraxeln. Die Kraxelschwierigkeiten hier halten sich in Grenzen, alles um I, auch kurz II, je nach Trockenheit und Variante. Bei der stellenweisen Nässe heisst es für uns schon gut aufpassen.
Dort, wo diese zweite Bachrinne in bräunlichem Gebrösel ausläuft, verlassen wir sie nach links. Hier steht bei unserer Begehung ein kleiner Steinmann (s. Bild). Seichte Spuren (die wahrscheinlich eher von Tieren stammen) führen zurück zum Bach, den wir oberhalb des Wasserfalls wieder erreichen. Nun geht es am oder im Bachbett weiter hinauf, bis zu einem kleinen Wandl. Dieses umgehen wir rechts durch schmale Latschengassen. Am Ende der Umgehung gibt's dann keine Gassen mehr, hier steht der einzige Latschenkampf des Tages an – es ist allerdings nur ein kurzes Vergnügen.
Wenige Schritte weiter finden wir uns am unteren Ende eines riesigen Schuttkegels. Links oberhalb befindet sich ein zweiter. Dessen obersten Punkt gilt es nun anzustreben. Denn genau dort beginnt ein Band, das den Durchstieg durch den steilsten Teil der Nordwand ermöglicht.
Wir pausieren aber erst einmal an einem Block vor dem unteren Ende des ersten Schuttkegels. Danach mühen wir uns zunehmend links haltend hinauf, bis wir über wechselnd festen Schotter und eine unten noch etwas grasige Rippe den höchsten Punkt des oberen Schuttkegels erreichen.
Hier beginnt das schuttbedeckte Bandsystem, das uns den einzig vernünftigen Durchstieg durch den steilsten Teil der Nordwand ermöglicht. Einen gelben Brocken in untersten Bereich umgehen wir rechts, dann geht's auf teils mergligem, stets eher abschüssigem Gelände weiter zur Schlüsselstelle des gesamten Anstiegs: Eine doppelte Felsstufe, sehr trittarm, die wir mit Hilfe zum Glück großer Griffe auf der Bergseite (rechts) überwinden können (II+ / III-). Vorsicht beim Ausstieg, hier lauert eine glatte Platte, auf der viel Schotter herumliegt! Lieber vor dem Betreten gründlich säubern.
Vergleichsweise unschwierig queren wir nun auf dem Band weiter schräg nach links. Trotzdem ist weiterhin Vorsicht geboten: Das Gelände ist immer abschüssig, und durchwegs mit ordentlich Schotter bedeckt. Wir halten auf einen schon vom Beginn des Bandes aus gut zu erkennenden Grasfleck zu, auf dem einige niedrige Latschen stehen. Dort angelangt, dürfen wir nicht weiter queren. Wir steigen stattdessen auf zunehmend dürftig werdenden Graspolstern geradewegs zum höchsten Punkt des Grasflecks hinauf.
Ab hier ist die Routenwahl weniger zwingend, jedoch leiten abwechselnd kurze Rinnen und Rippen geradewegs hinauf in hier eingelagertes weniger steiles Schrofengelände.
Der Steilhang Richtung Ostgipfel sieht ab hier zwar gangbar, aber doch sehr brüchig aus, so halten wir uns geradeaus auf die Felsen zu und oben leicht rechts. Wir spreizen zunächst in einer deutlichen Rinne hinauf, die rechts von einem markanten Turm begrenzt wird, bis wir die Rinne nach rechts verlassen können. Es folgt ein kurzes, schmales Gratl, dann der letzte steile Aufschwung, und schließlich geht es ein wenig flacher über Schotter und Gras hinauf zum Grat. Wir erreichen ihn an der vermutlich niedrigsten Stelle zwischen dem Ostgipfel (links) und den nächsten Erhebungen im Westen.
Wanderparkplatz - Nordwand - Grathöhe: landschaftlich grandioser, wegloser und unmarkierter Anstieg in brüchigem Fels und Schrofengelände, T6- /II+ / III- (eine Stelle, sonst leichter), 3:45h
Ausführlicher Hinweis:
Diese Route ist nicht markiert. Es gibt zwei oder drei Steinmännchen, die strategisch super plaziert sind, mehr um die eigene Orientierung bestätigen - trotzdem KLASSE! Alles bleibt jedoch weglos! Auch mit dem von den "Hikr-Erstbegehern" angegebenen Schwierigkeitsgrad der Wand bin ich (Nyn) nicht ganz glücklich (ich schon, sagt der Nik, meint's aber nicht böse). Rein technisch mag II noch stimmen (ne III isses ned), der Gesamteindruck ist meiner Meinung nach jedoch höher als II und T5 anzusetzen.
Es mag womöglich leicht verschiedenen Ansichten über Berücksichtigung von Komponenten wie Brüchigkeit, Ausgesetztheit und Gefährdung geschuldet sein oder eben Ammergauerspezifischem :D, aber obwohl laut Auskunft eines sehr alten Bergsteigers, den wir nach dem Durchstieg der Nordwand oben am Grat getroffen haben, durch diese früher tatsächlich ein "Steig" führte (ABER HALLO!, wo?), halte ich diese Route für insgesamt etwas anspruchsvoller als bisher beschrieben.
In der Wand bewegen wir uns ab dem eigentlichen Einstieg am Ende des oberen Schuttkegels bis hinauf zum Grat durchweg in heiklem, zuweilen sehr heiklem Absturzgelände. Solides seilfreies Kletterkönnen und Orientierung in brüchigem und auch unübersichtlichem Fels ist trotz einiger markanter "Wegpunkte" und der grundlegenden Logik des Band- und Rinnensystems unabdingbar. Eine vernünftige Sicherung dürfte an den schwierigen Stellen kaum herstellbar sein, selbst wenn wir dies versucht und das Geraffel dafür dabei gehabt hätten. Der Fels ist nicht ausgeputzt, selten wirklich fest, sondern oft brüchig und kleinsplittrig, dazu sind Griffe, Tritte und Absätze sehr oft mit Gries (Auflagen kleiner Steinchen) bedeckt, die ein hohes Gefährdungspotential haben und deshalb unsere andauernde und besondere Aufmerksamkeit benötigen. Auch im leichteren Ge(hge)lände besteht Steinschlaggefahr. Jeden unserer Schritte müssen wir deshalb sorgfältig planen, jeden Griff kritisch prüfen. Das bedeutet: Absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit ist nötig, Ausgleiten ist verboten, Helm!
Aber: Wer das Steigen und ungesicherte Klettern in solcherlei Gelände beherrscht, den erwartet ein genretypischer Leckerbissen, alle anderen seien hiermit nachdrücklich gewarnt!!
(Alternative: Der übliche Anstieg auf den Ostgipfel führt von Süden ab dem Südhangsteig - zwar weglos, aber vergleichsweise leicht - über Gras)
DER OSTGIPFEL
Den lassen wir uns natürlich nicht entgehen! In wenigen Minuten sind wir dort oben und können die Wand seitlich ein wenig einsehen, die wir eben durchquert und durchstiegen haben.
Grathöhe - Ostgipfel: Wegspuren, unmarkiert, T2, ein paar Minuten
ÜBERSCHREITUNG O>W
Diese herrliche Gratüberschreitung ist schon mehrfach und ausführlich beschrieben und gewürdigt worden. Völlig zu Recht! Die Route ist grandios und eine der schönsten Gratüberschreitungen der Ammergauer Alpen.
Zunächst flanieren wir wieder zurück zu der Stelle, an der wir zuvor heraufgekommen sind. Dann führen Wegspuren hinauf zu den nächsten Gratköpfen, allesamt sanfte Aufschwünge, die das Weglein knapp unterhalb der Grathöhe links umgeht. Dann nähern wir uns der ersten schwierigen (und schwierigsten) Stelle des Gratübergangs: Ein markanter länglicher Block steht hier quer zum Gratverlauf. Wir betreten ihn, und kraxeln gleich rechts die steile, glatte Rinne hinab in das schmale "Schärtle". Die Stufe danach nehmen wir direkt (bzw. etwas links der Kante, beides um II), dann geht's hinauf auf die Grathöhe.
Die nächste Schwierigkeit bildet eine etwas größere, dafür umso brüchigere Scharte vor einem unkletterbaren großen Gratturm. Unser Abstieg erfolgt, unter größter Vorsicht, im Bröselgelände (T5, I). Drüben queren wir links unterhalb der senkrechten Wand auf einem Band, bis wir wieder leicht rückwärts zur Grathöhe aufsteigen können, zuletzt in bzw. neben einer mergligen Rinne (Steinmännchen beachten!). Das Ganze ist weithin ziemlich bröselig, aber im Aufstieg deutlich besser als der Abstieg davor. Es folgt eine etwa zwei Meter hohe, senkrechte Stufe, die wir auf unterschiedliche Art lösen, (lustig und luftig, kurz I-II), dann sind wir in angenehmerem Gehgelände.
Wir tasten uns nun langsam an den Gipfelaufbau des Hauptgipfels heran und finden sogar einige rote Markierungspunkte. Diese weisen zum kurzen, steilen Wandl, über das wir noch kraxeln dürfen, bevor wir nach wenigen Schritten am Hauptgipfel der Geierköpfe ankommen.
Ostgipfel - Hauptgipfel: Gratüberschreitung auf unmarkiertem, gutem Weg, T5, Stellen I und II, 1:10h
Insgesamt ist der Übergang zum Hauptgipfel (und weiter zum Westgipfel) gut bemanndlt und es gibt deutliche Spuren. Meist ist es sogar ein Weg. Aber auch hier ist der Fels und Untergrund zuweilen ordentlich brüchig. Besser ist es, außer bei der südseitigen Umgehung des markanten Steilaufschwungs, immer am Grat zu bleiben. Erst ab dem Hauptgipfel (tolle Aussicht!) wird's leichter. Tiefer in die Südflanke auszuweichen, um diese ~2 längeren schwierigen Stellen der Überschreitung zu umgehen, ist wohl möglich, man bekommt dafür dann jedoch massig abschüssigen Schotter, steile Schrofen und jede Menge mehr Bruch - das lohnt unserer Meinung nach nicht, vorausgesetzt, man beherrscht einen sicheren IIer.
WESTGIPFEL
Deutlich einfacher als bisher ist nun unser Weiterweg zum Westgipfel. Vom Hauptgipfel steigen wir zunächst einige Stufen und eine steile Schotterflanke hinunter in eine Scharte. Aus der Scharte weiter über eine Felskante und einen recht schmalen Gratabschnitt, dann immer dem leichten Weg auf der Gratkante folgen. Nach dem Gekraxel ist das nun Wandergenuss pur. Sanfte Grashänge führen schließlich hinauf auf den erneut aussichtsreichen Westgipfel, dessen großes Gipfelkreuz wir schon von weither gesehen haben.
Hauptgipfel - Westgipfel: Gratüberschreitung auf unmarkiertem, gutem Weg, T3, 30 Minuten
ABSTIEG
Der Abstieg vom Westgipfel über das Kreuzjöchl ist mit Ausnahme einer kurzen Abkletterpassage (I) unschwierig. Durch zahllose Latschengassen geht's hinunter zur Zwerchenbergalpe (1590m).
Der (weiterhin unmarkierte!) Steig ab der Zwerchenbergalpe westlich zur Ammerwaldstraße (und Parkplatz unseres zweiten Fahrzeugs) führt dann durch herrliches, aber auch sehr steiles Gelände. Der Weg ist da toll hineingezaubert. Wir haben hoffentlich noch genügend Konzentration übrig, nicht nur wegen vieler umgestürzter Bäume, die wir irgendwie überwinden müssen (meine langen Beine sind "obenrum" vorteilhaft, zum Untendurchschlüpfen bin ich selten beweglich genug), wenige, kurze Stellen sind nochmal I.
Beim Abstieg begegnen wir Christiane und Mia, Mutter und Tochter aus Berlin. Sie brauchen im Abstieg Hilfe, und wir begleiten die beiden gern hinunter bis zur Ammerwaldstraße. Die zwei Mädels stellen sich als tapfere Bergsteigerinnen heraus, und mit entsprechender Vorsicht und viel Humor kommen wir alle vier gut hinunter. Unser Abstieg dauert deshalb ein wenig länger als üblich :D
Westgipfel - Parkplatz an der Ammerwaldstraße: oben markierte, gute, unten schmale Wege in oft ausgesetztem Gelände, T3, 4h
Meine Gesamt-Einschätzung:
- Zustieg: T5 , I-II, LKK (Latschenkampfklasse) 2, zum Glück nur kurz
- Nordwand: T6-, Schlüsselstelle = Unterbrechung des Bands II+ / III-
- (Die von Nic und frehel angedeutete Umgehung der Schlüsselstelle habe ich mir nur kurz angesehen. Ob das leichter geht, ist sehr schwer abzuschätzen, weil oberhalb eine abdrängende Stufe ist, unterhalb ist alles sehr abschüssig und splittrig/plattig, zudem wohl meist feucht). Nik meint: er würde da brav die Finger von lassen...
- Oberhalb des markanten Latschen/Grasflecks geht es im Rippen- und Rinnensysstem teils schrofig, teils felsig hinauf zum Grat, ebenfalls mit I-IIer-Stellen. Dort ist die Wegführung wenig zwingend. Wir hielten uns ziemlich direkt hoch.
Ausrüstung
C-Schuhe, Stecken, unbedingt ein Helm!
Mein FAZIT
Die Nordwand ist anspruchsvoll in jeder Hinsicht, die anschließende Überschreitung hat zwei schwerere Passagen. Unsere Kombi bietet alles: Urwüchsige Landschaft, fantastische Eindrücke und tolle Aussicht.
Niks FAZIT:
Tolle Tour, die eine dolomitenhafte Nordwand mit einer tollen Gratüberschreitung kombiniert. Die Überschreitung der Geierköpfe gehört zusammen mit dem Danielgrat und dem Niederstraußberg zu den schönsten Grattouren der Ammergauer.
Mein herzlicher Dank an den Nik für die Kombi-Idee und die tolle Wechselführung
Nyn
Tourengänger:
Nik Brückner,
Nyn
Communities: T6
Minimap
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Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden
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