Piz Morteratsch (3751m)
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Mal direkt auf den Bianco-Grat rüber blicken, das war schon lange einer meiner grösseren Wünsche. Nun sollte er in Erfüllung gehen. Obschon die Prognosen zusehends unsicher wurden (Gewitter...), unternahmen wir einen Versuch und knackten schliesslich den Jackpot: Wir landeten mausalleine und bei bestem Wetter auf dem Piz Morteratsch.
Von vorne: Mit den Mountainbikes fuhren wir von Pontresina bis ins Wäldchen hinter der Alp Misaun. Das dauerte – bei gemütlichem Tempo – rund eine Stunde und ersparte uns einen rund zweistündigen Fussmarsch. Nennenswerte Anstiege gibt es auf der Strecke keine, die 200 hm erledigen sich quasi von alleine. Kurz vor der ersten Brücke parkten wir unsere Fahrräder hinter den Bäumen und sattelten auf Bergstiefel um. Gemächlich liefen wir in knapp zwei Stunden auf dem einfachen Wanderweg zur Tschiervahütte hoch, unterwegs noch einige Munggen beobachtend.
Corona-bedingt und wohl auch wegen den Gewitterprognosen war die Hütte wohl höchstens zur Hälfte voll, weshalb es auch dort angenehm zu und her ging. Das Omen stimmte, dennoch musste befürchtet werden, dass unser Unterfangen an schlechtem Wetter scheitern könnte. Spätabends kam dann doch noch ein kleines Gewitter, doch als wir um 3.00 Uhr den Regenradar konsultierten und vor den Fenstern die Sterne erblickten deutete viel darauf hin, dass es mit dem Gipfel was werden könnte. Wir standen absichtlich mit den Piz-Roseg- und Bianco-Grat-Aspiranten auf, um hinten raus genügend Zeit zu haben, was sich später prompt als wertvoll erwies. Morteratsch-Aspiranten frühstücken sonst üblicherweise um 5.00 Uhr.
Danke des frühen Aufstehens hatten wir keinen Stress und liefen kurz nach 4.15 Uhr im Schein der Stirnlampen los. Bald erreichten wir das Felsband in der Nähe der Hütte, wo links des Bachs ein leichter Klettersteig in die Höhe führt. Auf gutem Weg, wenn auch in steilem Gelände, ging es weiter zu einer nächsten, kürzeren Kettenpassage. Danach liess die Steilheit deutlich nach und Geröll dominierte die Landschaft. Den Weg fanden wir problemlos, nicht zuletzt dank den Steinmännchen.
Kurz vor dem Vadrettin da Tschierva stiessen wir auf Schnee, bevorzugten aber für den weiteren Aufstieg meist den Fels. Der Schnee war leicht gefroren und daher etwas besser als befürchtet, doch waren wir danach nicht unfroh über die Spuren des Vortags. Daneben brach man nämlich regelmässig ein. In einem grossen Bogen in Richtung Fuorcla Tschierva zogen wir zu den Felsen südlich der Fuorcla da Boval. Zu dieser Jahreszeit war natürlich in der folgenden Steilpassage noch kein Blankeis sichtbar, weshalb der abschüssige Aufstieg zum Verbindungsgrat mit etwas Konzentration problemlos zu meistern war. Bald sahen wir, dass die Ostflanke noch unverspurt war. Wissend, dass die Spurarbeit extrem anstrengend sein würde, folgten wir deshalb der Spur in Richtung Nordgrat. Der steile Zustieg zum Grat behagte uns allerdings nicht: teils dünne Schneeauflage, null Sicherungsmöglichkeiten, weicher Schnee. So bliesen wir zum Rückzug und ich musste mich mit dem Gedanken anfreunden, nun die ganze Flanke zum Gipfel zu spuren.
So kam es, wie zu erwarten war: Ich soff bei jedem Schritt knietief ein. Entsprechend langsam kamen wir vorwärts – und entsprechend froh waren wir, genügend Zeitreserven zu haben. Der restliche Aufstieg war denn auch primär eine Schwitzerei und reine Willenssache. Auf dem Gipfelgrat angekommen, trafen wir auf die alten Spuren und erreichten den Gipfel dann relativ effizient. Mit der Höhe bekundeten wir nie Probleme. Die Übernachtung auf der Tschiervahütte hatte zur Akklimatisierung gereicht. Insgesamt benötigten wir fünfeinhalb Stunden auf dem Gipfel, was dem erwähnten Abstecher zum Grataufschwung respektive der Spurerei geschuldet war.
Auf dem Gipfel erhielten wir das, wonach wir gesucht hatten: Eine perfekte Aussicht auf den Bianco-Grat und die gesamte Bernina-Gruppe. Weit und breit erblickten wir keine Menschenseele und so würde es auch bleiben, bis wir zurück bei der Hütte waren. Im Abstieg folgten wir unserer Aufstiegsroute, nutzten nach dem Gletscherende dann aber den Restschnee aus, um knieschonender runter zu kommen. Auf rund 3000 m ü.M. war dann Schluss mit Schnee. Nach einem Zwischenhalt bei der Hütte – aus den Gewittern wurde auch an diesem Tag nichts – wanderten wir gemütlich zu Tal. Dort angekommen, freuten wir uns auf die Rückfahrt nach Pontresina mit den Bikes, welche uns den Tag zusätzlich versüsste.
Geodaten | |||
49049.kml | Pontresina - Chamanna da Tschierva | ||
49050.kml | Chamanna da Tschierva - Piz Morteratsch - Chamanna Tschierva | ||
49051.kml | Chamanna da Tschierva - Pontresina |
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