Trotzigplanggstock Südgrat - eher zugänglich als trotzig


Publiziert von simba , 1. Juli 2020 um 19:38.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:27 Juni 2020
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: 4+ (Französische Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Aufstieg: 1060 m
Abstieg: 1060 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:PP Sustenbrüggli

Das Wetter präsentiert sich derzeit alles andere als stabil. Nachdem wir dennoch Lust auf eine Gratkletterei hatten, bot sich der bereits vielfach gut beschriebene Südgrat auf den Trotzigplanggstock, ggf. auch die Fortsetzung der Überschreitung zum Wichelplanggstock, hierfür an, da die Tour nicht besonders lang ist und an einigen Stellen ausgekniffen werden kann.

Zustieg: Um bereits früh am Tag erwarteten Gewittern einigermaßen aus dem Weg zu gehen, starteten wir bereits um 4:45 Uhr am Sustenbrüggli. Schön um diese Jahreszeit, dass es die Stirnlampe nur knapp 20 Minuten braucht, dann reicht das erste Tageslicht, um die Leitern auf dem Leiterliweg zu finden ;). Auch ab der Sustlihütte ist der Zustieg top blau-weiss markiert, die dick angeschriebenen Abzweigungen "Trotzig" sind nicht zu verfehlen. Dank der nur teils klaren Nacht konnten wir im Trittschnee alle Schneerinnen im Zustieg und auch das Schneefeld zur Trotziglücke (knapp unter 2 Stunden ab Sustenbrüggli) ohne Steigeisen begehen. Diese sollten aber wie auch ein Pickel im Gepäck sein und dort auch für den Abstieg verbleiben (siehe unten). 

Route: Die Routenfindung ist nur an einer Stelle nicht ganz offensichtlich, nämlich direkt am Start, wo es links des Grats kurz über Bänder und Stufen bis zum ersten Bohrhaken geht. Den Stand nach der 1. SL findet man danach ganz rechts oben am Grat unterhalb einer auffälligen Verschneidung. Ab hier ist Verirren quasi ausgeschlossen, denn es geht durchgehend dem Grat entlang. Bis zur "Abkletterseillänge" gingen wir alles bis auf die 4c-Länge am laufenden Seil, hatten wir doch auch keine Hindernisse außer dem zu kletternden Fels vor uns ;) Trotz einiger Windböen wurde es uns so recht schnell warm, weshalb das kleine Plateau vor der Abkletterstelle sich ideal für eine Trink- und Klamotten-Wegpack-Pause anbot - hier wäre auch der einzige Ort am Grat, wo man angenehm überholen kann. 

Nach der Abkletterstelle folgen nochmals einige 4er Stellen, danach legt sich der Grat zurück und es wird zunehmend blockig und einfacher. Wir gingen wieder einiges am laufenden Seil und erreichten in 2 weiteren "Seillängen" recht geschwind den Gipfel (~ 2 Stunden ab Trotziglücke). Die Kletterei ist wirklich absolut zu empfehlen: Bester Erstfelder Gneis, quasi nicht ein lockeres Schüppchen, und Bohrhaken an den etwas schwereren Stellen in angenehmen Abständen. Insgesamt deutlich weniger ernsthaft als z. B. der Ostgrat auf den Großen Diamantstock, der trotz nominell gleicher Bewertung ein ganz anderes Kaliber darstellt. Wir verwendeten einige Schlingen und 3 Friends; letztere sind nicht zwingend, bei den langen Seillängen waren sie aber durchaus hilfreich, wenn vor einem Bohrhaken in Sichtweite das Material zur Neige ging...;)

Auf dem Gipfel waren wir ob der dunklen Wolkenfront über dem Titlis etwas ratlos, ob wir zum Wichelplanggstock fortsetzen sollten, denn auf dem Grat dorthin wäre man einem etwaigen Gewitter völlig ausgeliefert. Wir entschieden uns dagegen - im Nachhinein wäre es gut gegangen, weil das Wetter sich nochmals besserte, aber Propheten sind wir halt keine.

Abstieg: Tip top markiert mit Steinmännchen und roten Strichen ging es daher hinab in Richtung des Firnkars am Einstieg. Das Auffinden der 3 Abseilstellen fanden wir entgegen diverser Berichte recht einfach: 15 Meter nördlich unterhalb des Gipfels seilt man 25m zu Pfadspuren auf einem in Abstiegsrichtung nach links ziehenden Band ab, diesem Band folgt man bis man die 2. Abseilstelle erreicht. Hier wieder 25m gerade runter. Dann durch eine Rinne abklettern (BH mit Maillon am oberen Ende). Danach geht es erst noch kurz gerade runter, dann hält man sich in Abstiegsrichtung auf Bändern deutlich nach rechts, wo man auf die 3. Abseilstelle stößt (ca. 20m-Abseillänge). Danach ging der Abstieg (Bänder und kurze Stufen) für uns recht bald in steile Firnfelder über (anfangs Stellen > 45°), die dank gutem Trittschnee ohne Steigeisen zu bewältigen waren, wir fühlten uns mit Pickel aber deutlich wohler (gemütlich ca. 1 Stunde ab Gipfel bis zum Firn). Sollte es nachts durchfrieren, sieht man ohne die Eisen hier kein Land, wenn Schnee liegt (diverse Reepschnur-Absteilstellen verdeutlichen dies aus unserer Sicht). Man prüfe im Zustieg also gut, ob in der unteren Abstiegsflanke (links oberhalb des Einstiegs) noch Schnee liegt...

Dank knieschonender Abfahrt auf den Firnfeldern waren wir schon vor 11 Uhr wieder an der Sustlihütte - fast schon zu früh fürs Mittagessen bei jetzt wieder deutlich verbessertem Wetter.

Anm:
Die Bewertung WS-Hochtour passt zwar nicht so recht unter Berücksichtigung der Kletterschwierigkeit und ich bin eigentlich kein Freund davon Hochtourenschwierigkeiten gesondert auszuwerfen, Hochtourencharakter hat die Tour aber durchaus...eine Einstufung als "ZS" (entsprechend der Kletterschwierigkeit) läge deutlich daneben. Ein "WS" verdeutlicht die Anforderungen, insb. bei regelhafter Schneelage im Zustieg und Teilen des Abstiegs, m.E. am besten.

Tourengänger: simba, Nala


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T4 4+
11 Aug 18
Trotzigplanggstock · Sherpa
T5 4+
ZS 4+
WS III
14 Jun 17
Grassen Südwand · Fraroe
T3 ZS- III
31 Aug 19
Grassen (2945) Südwand · cardamine
T4 WS- II
25 Sep 16
Grassen (2946m) · Chrichen
T4 WS- II
T4 ZS- III
10 Aug 21
Grassen Südwand · maenzgi

Kommentar hinzufügen»