Balmenhorn und Vincentpyramide 4215m - Akklimatisierung im Volkspark Lysgletscher


Publiziert von alpensucht , 22. Februar 2020 um 16:27.

Region: Welt » Italien » Aostatal
Tour Datum:23 Juni 2019
Hochtouren Schwierigkeit: WS-
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 700 m
Abstieg: 600 m
Strecke:Mantova-Gnifetti-Balmenhorn-Vincentpyramide-Gnifetti - ca. 6km

Am Vortag stiegen wir zur Mantovahütte auf 3500m. Nun beginnt der Zweite Tag unserer Sommer-Highlight-Tour in der Monte Rosa. Das Wetter bringt stabile und milde Luft, so dass ein früher Aufbruch angeraten ist. Nadine und Frank sind meine beiden Tourenpartner. Wir wollen zunächst sehen, wie es uns gehen wird oberhalb der Gnifetti und nehmen uns daher lediglich die nahe Vincentpyramide vor.

4 Uhr stehe ich auf und beginne mit der Routine vom Lager zum Frühstück und zum Aufbruch. Auf Frank müssen Nadine und ich einige Zeit warten. Er benötigt für alles etwas länger. Er ist auch wesentlich älter und bedächtiger als wir. So haben wir noch Zeit den Sonnenaufgang zu bestaunen. Flachländer sind jederzeit von einem angestrahlten Montblanc zu begeistern.

Um 5:50 Uhr starten wir dann endlich und gelangen zur nahen Gnifettihütte innerhalb einer Stunde. Der letzte kurze Anstieg vor der Hütte ist steil und felsig (II, klettersteigartig). Wir gehen absichtlich ein sehr gemütliches Tempo (bei guter Fitness muss ich mich manchmal aktiv zügeln). Schließlich wollen wir uns noch akklimatisieren. So lassen wir uns bald 45min Zeit, packen viele Dinge aus und nehmen jeder nur einen kleinen Tagesrucksack samt Hochtourenausrüstung mit auf den weiteren Weg.

Gegen 7:35 Uhr steigen wir hinter der herrlich gelegenen Hütte hinab auf den östlichen Bereich des Lysgletschers. Von dort oben vom (noch nicht sichtbaren) Lysjoch fließt er südlich hinab bis auf etwa 3100m. Weit über 100 Leute sind bereits vor uns auf der Route unterwegs! Schließlich wurde der Monte-Rosa-Skymarathon auf heute verlegt. So werden wir Zeuge eines heftigen Wettbewerbs, an dem wohl zahlreiche Topathleten teilnehmen. Die Verhältnisse sind ausgesprochen gut, der eisige Schnee bedeckt noch beinahe sämtliche Spalten und das Wetter ist stabil.

So stapfen wir relativ gemütlich hinüber und auf der autobahnähnlich ausgetretenen Route hinauf. Immer wieder werden wir von den Rennläufern überholt, die verpflichtet sind als Seilschaft zu laufen. Auch mit Skis sind einige unterwegs. Frank wird leider immer langsamer, muss oft Pausen einlegen, je höher wir steigen und je steiler es wird, obwohl wir schon nicht gerade schnell laufen. Angesichts der Verhältnisse, binden wir uns aus und gehen jeder im eigenen Tempo bis auf etwa 3900m, wo zwei Zelte (der Rennaufsicht?) stehen. Kurz davor ist auch wirklich eine große Spalte zu überwinden, die im Routenbereich noch sehr gut verdeckt wird.

Der Menschenauflauf erinnert mich eher an den Volkspark Friedrichshain als an eine hochalpine Bergtour. Doch herrscht hier eine andere Atmosphäre, geprägt von sportlichem Ehrgeiz und dankbarer, freundlicher Attitüde der Mehrheit. Das Ausruhen und Warten auf unseren Tourenpartner kommt uns hier angesichts unserer Akklimatisationsbestrebungen gerade recht. "Nur nicht so hastig!" würde eine sehr alte Figur aus einem Tolkien-Roman sagen. Nach beinahe einer halben Stunde - gegen 9:20 Uhr kommt Frank bei uns an und gibt zu erkennen, dass er zunächst nicht weiter gehen, uns gleichzeitig auch nicht ausbremsen wolle.

So seilen Nadine und ich uns wieder an und marschieren hinüber zum Balmenhorn. Auf der Vincentpyramide ist gerade zu viel los. Erst flach rechts zum Col Vincent und noch etwas davor links abbiegend führt uns die Spur bald steiler hinauf bis an den felsigen Gipfelaufbau. 9:50 Uhr. Dort erklettern wir 15m sehr steilen Fels mit Hilfe von Steigbügeln und Drahtseil (II). Nahe am Gipfel steht auch das Bivacco Giordano CAI. Wir lassen uns sehr viel Zeit hier oben, genießen Brot und Aussicht. Inzwischen kommen auch einige Bergführerseilschaften hier an. Sie üben beim Abstieg das Abseilen mit ihren Gästen und lassen uns vorbei.

Hinüber zur Vincentpyramide gelangt man schnell. Etwa 35-40° Steilheit erreicht hier der Firn, in dem jedoch viele guten Spuren und Tritte liegen. Oben auf dem Gipfelgrat stürmt es etwas. Deshalb gehen wir etwas weiter hinten hinab (Richtung Punta Giordani) und pausieren kurz, bis es uns zu kalt wird.
Gegen 11:30 Uhr beginnen wir den Abstieg und gelangen fröhlich und zufrieden um 12:30 Uhr zurück zur Gnifettihütte. Ein schöner Ausflug war das und wir fühlen uns recht wohl. Frank ist bereits da.

Am Abend besprechen wir die weiteren Ziele. Zur Margheritahütte wollen wir erst in zwei Tagen. So bleiben uns noch mehrere Gipfel offen: Entweder Il Naso, Liskamm Ost, oder die drei "auf dem Weg liegenden" Gipfel Schwarzhorn, Ludwigshöhe und Parrotspitze. Frank plant für sich defensiv und ist froh, wenn er morgen auf die Vincentpyramide kommt. Nadine und ich präferieren die drei nahe liegenden Gipfel.

Tourengänger: alpensucht


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