Unterwegs auf grünen Graten: Nüschlete - Lasenberg - Solhore


Publiziert von Nik Brückner , 9. Oktober 2019 um 14:18. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Bern » Berner Voralpen
Tour Datum:12 September 2019
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 3:30
Aufstieg: 600 m
Abstieg: 600 m
Strecke:6,5km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Zur Alp/Berggasthof Matte: Zufahrtsstraße von Reutigen aus, Gebühr: 10 Franken.

Zu Beginn meines zweiten Schweizaufenthalts dieses Jahr war ich eine Woche lang mit WoPo (DAS bin ich) unterwegs. Nachdem wir das Grisighorn bestiegen, und in Zermatt eine wunderbare Aussichtswanderung unternommen hatten, musste ich krankheitsbedingt einen Tag aussetzen. WoPo stieg derweil auf die Hogleifa (oder so) - und kam wenig begeistert zurück.

(wenig begeistert ist eine noch ziemlich nette Nik´sche Umschreibung für diese spaßfreie Tour... aber bevor ich mich jetzt reinsteigere werde ich demnäxt dazu noch einen kleinen Erlebnisbericht verfassen)

Es sollte am nächsten Tag also was Schönes (für WoPo) (Oh ja, ich bitte drum!!) und was kurzes (für mich) sein - gern schwierig allerdings, schließlich waren wir ja nicht ohne Grund in die Schweiz gefahren. Unsere Wahl fiel auf den bzw. die Nüschlete (zumindest Hikr.org zählt ja zwei Gipfel), die ich mir bereits für einen An-, bzw. Abreisetag vorgemerkt hatte, und deren Überschreitung auf schmalen Graten in WoPos Buch übers Gratwandern in der Schweiz mit dreieinhalb Stunden angegeben war. Das sollte ich schaffen. Ab in's Auto, Magmas "Zëss" aufgelegt, und los.



Erste Station ist Reutigen, wo man noch im Ort an einem Automaten eine Gebühr von 10 Franken entrichten muss, um das schmale Sträßchen hinauf zur Alp Matte befahren zu dürfen. Fast 1000 Höhenmeter überwindet man dann bis zur Alp, wo eine kleine Parkmöglichkeit besteht. Das ist nichts für den tiefergelegten Boliden, denn die Straße ist nur teilweise geteert. Da muss man ziemlich aufpassen.

(Aufpassen sollte man auch, das man nicht runterfällt von der "Scheibe", denn gefühlt geht's ans Ende der Welt. Was als kleines Sträßchen beginnt, entwickelt sich zu einer huckeligen Schotterpiste. Doch Ende gut, froher Mut; irgendwann geht es doch wieder auf ein Sträßchen)

An der Alp Matte (1563m) angekommen, sollte man nicht vergessen zu fragen, ob es okay ist, wie man parkiert.

(sonst kann`s unter Umständen böse Überraschungen geben, wenn zum Beispiel putzmuntere Kühe auf dem Weg in den Stall am parkierten Auto vorbei schawenzelt kommen. So ein kleines Krätzerchen kann  kuhbediingt gewaltige Ausmaße haben!! Da kann die Freude einer gelungenen Tour schnell einmal gewaltige Schwankungen in den untersten Bereich bekommen.)

Dann kann's losgehen!

Hinter (nördlich oberhalb) den Gebäuden beginnt ein wenig ausgeprägter Alpweg, der zunächst nach Westen führt. In wenigen Minuten ist der Mattehubel (1618m) erreicht, ein unscheinbarer Wiesengupf. Hier darf man den Abzweig nach rechts nicht übersehen. Es geht quer die Weide hinauf bis zu einem Hüttl (1707m) unter Bäumen, in felsigerem Gelände. Am Hüttl kurz links, dann auf Wegspuren weiter zu Pt. 1760, der hier auf Hikr (allerdings nicht auf der Karte) den Namen "Mattestand" trägt.

Alp Matte - Mattestand: Weg- und Trittspuren, unmarkiert, T2/T3, 30 Minuten


Hier steht eine Bank, die eine herrliche Aussicht auf den Thunersee, und die Drei- und Viertausender dahinter bietet. Auch der Niesen und das Morgenberghorn mit ihren fantastischen Graten sind zu sehen, das Sigriswiler Rothorn, und natürlich das letzte Stück des Brienzergrats.

(gefährlich, solch eine Bank; es könnte in den T7-Bereich gehen. Denn mindestens SOOOO schwierig ist es, sich von dort wieder aufzuraffen und weiter zu gehen. Ein wirklich toller Ausblick!! Wir haben`s dann mal gerade so geschafft!!)


Hier beginnt nun die Gratüberschreitung. Auf der Grathöhe, und kurz knapp darunter in der linken Flanke, geht es nach Westen. Über eine Felsstufe (I-II) zurück zum Grat (hier wurde der Durchgang frisch freigeschnitten - vielen Dank dafür!), und mit einem großen Spreizschritt (die langen Beine mitbringen) (näxtes Mal bitte VOR der Tour sagen; ich hatte nämlich ausnahmsweise mal nur die Kurzen dabei) über eine Spalte. Die jenseitige Felsstufe wird von links erstiegen, dann geht es in einfacherem Gelände weiter.

Als nächstes wird ein steiler, gut gestufter Grashang erstiegen, dann steht man wieder auf dem Grat. Dieser ist zunächst wieder ein Weilchen recht gutmütig, dann geht es über Gras und Schrofen die nächste Steilstufe hinauf.

Oben angekommen, blickt man nun auf einen ziemlich schneidigen Abschnitt, der zudem mit der Schlüsselstelle aufwartet: ein etwa zwei Meter hohes, sehr schmales Mäuerchen, dass es direkt frontal zu erklettern gilt (II). Dahinter geht es schmal weiter, bevor es zwischen Abgrund (rechts) und Bäumen (links) ein paar Meter hinunter in ein Schartl geht.

Es folgt der Aufstieg zum Nüschlete-Ostgipfel - und hier befindet sich das Highlight der Tour: In eine winzige Baumgruppe, die direkt auf dem Grat steht, wurde eine Art Tunnel hineingeschnitten, ein Portal, das zu durchschreiten nur demjenigen vergönnt ist, der sich zuvor an dem schmalen Mäuerchen als würdig erwiesen hat. (kleiner Tip aus dem Hintergrund: wer über 2,15m Größe besitzt bzw die 150 kg Grenze überschreitet, sollte sich eventuell über eine Umgehung Gedanken machen) Herrlich! Da hatte jemand Sinn für Humor. Danach geht's über Schrofen zum Ostgipfel der Nüschleten (1987m)

Den Übergang zum Westgipfel bildet ein wunderschöner grasiger Verbindungsgrat. Es geht ein paar Meter hinüber, ein paar Meter hinunter, und paar wieder hinauf, dann steht man auf dem Westgipfel (1993m).

Danach wird der Grat wieder anspruchsvoller: Über einige Erhebungen geht es hinunter in die Scharte zwischen Nüschleten und Laseberg, zunächst noch einfach, dann muss man einer Steilstufe links in der steilen Grasflanke ausweichen. Gute Trittspuren helfen hinunter - trotzdem ist's T5 - danach steht man schnell wieder auf dem Grat. Es geht die letzten Meter hinunter in die Scharte, dann folgt der vergleichsweise einfache Anstieg zum Gipfelplateau des Lase(n)bergs (2019m).

Mattestand - Laseberg: weglose Gratüberschreitung, gute Trittspuren, T5 (eine Passage), II (eine Stelle), sonst leichter (T3, T4), 1,5h


Hier hauten wir uns erst einmal hin und genossen. Wir hatten die Tour bis hierhin eh genossen! Von mir eigentlich nur als kurze Verlegenheitstour an einem An- oder Abfahrtstag geplant, hatte uns die umwerfende Aussicht vom Grat überrascht und begeistert, und das hörte auch auf dem Lasenberg nicht auf: Im Norden sieht man Jura, Vogesen (mit Grand und Petit Ballon ) und Schwarzwald (mit Belchen und Feldberg), dann folgt Richtung Nordosten der Alpenrand, Mit Schrattenfluh und Hohgant, Rothorn und Brienzergrat. Dahinter, am Horizont, ragen Pilatus und Titlis auf.

Im Südosten bilden Schreckhorn, Eiger, Mönch und Jungfrau den Horizon, davor erstreckt sich die Kette des Niesengrats, über die noch das Blüemlisalphorn, das Doldenhorn und das Balmhorn lugen. Richtung Südwesten dominieren mehrere Aiguilles, Diablerets und Sex in verschiedenen Varianten. Dabei auch das Oldenhorn und natürlich der Mont Blanc. Daneben die Dents du Midi. Dann sind Dent de Ruth und Dent de Savigny die markantesten Spitzen der Gastlosen, dahinter ragen Vanil Noir und Dent de Brenleire auf.  Noch näher: Schafberg und Stieregrat, Schibe, Ochse und Stockhorn.


(JAU!! Gaaaanz große Bestätigung auch von meiner Seite. Hogleifa geschädigt hatte ich Schutt- und Schotterschei..... äh...Schottersteinchen aber sowas von satt und brauchte mal wieder grüne Farbe in der Landschaft. Und ehrlichen Fels, also festen. Und all dies noch ge-i-tüpfelt mit einer phantastischen Aussicht. Das tat dem Schweizkappenträger aber mal so richtig gut. Und wenn man dann auch noch mit einem ziemlich witzigen Menschen aus Mitteldeutschland unterwegs sein darf, ist diese Tour ein echter Genuss)

Ah! Das les ich gern! Danke, sagt die Mercibo-Kuh, und spielt das Kompliment lässig an den
Schweizkappenträger aus Flachlandhausen zurück!

(genug der Lobhudelei... der nicht unwitzige Mensch aus Mitteldeutschland möchte gerne fortfahren mit seinen Ausführungen!!)


Nee, nee, lass Dich nicht dabei stören, Nettes über mich zu verbreiten! Wer wäre ich, Dir ins Wort zu fallen!

Und weil wir deshalb nicht gleich wieder zum Auto zurückkehren wollten, entschlossen wir uns spontan, das Solhorn noch mitzunehmen. Wir wanderten hinunter in einen Kessel in Gratnähe, und stiegen von dort aus wieder zum Grat auf. Der Anstieg zum Solhore ist kurz, aber knackig; es geht durch Platten (II) oder knapp links von ihnen (T5/I) über steiles Gras und Felsen hinauf, und auf dem schmalen Gipfelgrat hinüber zum höchsten Punkt. Das Solhorn (Solhore, 2017m) ist schnell erstiegen.

(… und es wurde dann doch nicht "mitgenommen".... zu schwer... keine Tüte dabei gehabt... und überhaupt, ihr sollt dieses Gipfelchen ja auch noch genießen.... echt nett, nöh!!)

Wir kehrten auf gleichem Weg zurück in den Kessel, wo wir bald auf den Wanderweg trafen.

Abstecher zum Solhore: weglos, spärliche Trittspuren T4-T5/I - II (je nach Routenwahl), 30 Minuten


Auf ihm wanderten wir hinüber zur Furgge (1955m), und von dort aus ins Tal hinunter zu der schon von oben gut zu erkennenden Alp Steinig Nacki (1613m). Hier wechselt die Wanderwegtrasse auf einen Fahrweg, auf dem man in wenigen Minuten an der Alp Matte (1563m) anlangt. Hier kehrten wir noch ein, und ließen unsere Wanderung gemütlich ausklingen.

Aus dem Kessel zurück zur Alp Matte: Markierter Wanderweg, T2, 1h


Ausrüstung:

Mit Stecken sind wir ausgekommen. C-Schuhe sind selbstverständlich.


Fazit:

Eine überraschend herrliche Tour! Schmale Grate, steiles Gras und ein messerscharfes Mäuerchen. Und das Solhore war ein nett's Bonüsserl. Wir waren beide sehr begeistert, von der Route, aber vor allem von der Aussicht. Einfach umwerfend! (nach 2 Minuten auf dem Boden liegend, konnte ich wieder aufstehen... sooo umwerfend toll war`s heute) Trotz der geringen Höhe dieser Gipfel gibt es in dieser Gegend wenig Vergleichbares. Wer ein Video schaun möchte, kann das hier tun, Patrik & Teri sind die Tour andersherum gegangen.

Und doch wollten wir für den nächsten Tag noch mehr. Ein richtiger Kracher sollte es sein! Wir wollten ein richtig scharfes Ding reiten... Und zu diesem Zweck tschousten wir ab nach Kandersteg, wo wir uns für eine Nacht einmieteten. Am nächsten Morgen dann...


Tourengänger: WoPo1961, Nik Brückner


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»