Zwei herrliche Tage im Nationalpark


Publiziert von Krokus , 19. August 2019 um 21:37. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Unterengadin
Tour Datum:16 August 2019
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1810 m
Abstieg: 2110 m
Strecke:20 Km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit Postauto ab Zernez bis Vallun Chafuol an der Ofenpassstrasse, Halt auf Verlangen
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Ab Zernez mit RhB nach Landquart
Unterkunftmöglichkeiten:Chamanna Cluozza

16.8.2019  Krokus
Weil an unseren Wohnorten Frühverbindungen ins Bündnerland fehlen, fahren wir in meinem Auto nach Uznach und sind ab dort mit ÖV bereits um 8.30 an der Haltestelle Vallun Chafuol auf der Ofenpassstrasse.

Die 120 Meter Abstieg über die schlüpfrigen regennassen Wurzeln hinunter zur Praspöl-Brücke über den Spöl erfordern etwas Konzentration. Durch duftenden Bergwald mit Legföhren, Arven und Lärchen steigen wir anschliessend auf dem interessanten Zickzackweg hinauf ins freie Gelände von Plans dals Poms. Unter uns liegt der mystischgrünliche Lai dad Ova Spin. Dank leichter Bewölkung ist der Aufstieg sehr angenehm. Hier oben über der Waldgrenze erspähen wir, wenn auch noch mit Mühe, die ersten Hirsche und Steinböcke. Weiter oben zeigen sich an den Hängen des Piz Terza bereits viele stattliche Hirschbullen und zu unseren Füssen tummeln sich die Murmeltiere. Noch etwas weiter Richtung Fuorcla Murter sind auf allen Graten Gämsen zu sehen, auch am Piz Murter. In der Geröllhalde am Piz Terza äsen viele Tiere mit ihren Jungen und in den steilen Felsen des Terza ruhen sich einige Steinböcke aus, während ein stattlicher Kerl Wache hält.  

Auf dem Gipfel gönnen wir uns eine lange Pause, vergessen aber beinahe Essen und Trinken, denn sitzend mit dem grossen Fernglas wimmelt es geradezu von Tieren. Ruhig äsen sie in den steilen Flanken, während die kleinen Tiere herumtollen. Auch die Munggeli kommen oft neugierig bis an die gelben Besuchergrenzposten, ziehen sich aber schnell wieder zurück.

Auf die Frage eines Wanderers, was denn an diesem Park so speziell sei, zeigen wir ihm die vielen Wildtiere in der Nähe und reichen ihm das Fernglas. Er kann sich kaum mehr davon trennen, denn bis hieher hat er kein Tier gesehen.

Nach langer Pause steigen wir, begleitet von Murmeltieren über die steile Bergwiese ab bis zum Beginn der Legföhrenzone. Hier fragen wir uns, wo denn da ein Weg durchführen könnte, denn der ganze Hang ist durchzogen von tiefen Runsen. Der Weg führt ab hier recht ausgesetzt, aber gut angelegt durchs steile Gelände, quert dann seilgesichert eine Runse und führt im Zickzack erst durch Legföhren, später durch Lärchenwald hinunter zur Chamanna Cluozza, der einzigen Hütte im Nationalpark.

Hier verbringen wir nach feinem Nachtessen eine sehr ruhige Nacht ohne Säger im Matratzenlager. Da uns die Plätze gleich neben der Türe zugewiesen werden, stellen wir die Rucksäcke zum Schlafen aufs Lager, denn im schmalen Durchgang wäre es mit Gepäck auf beiden Seiten  für nächtliche Aufsteher gefährlich geworden.
 

 
17.8.2019  CampoTencia
Die heutige Tour beginnt mit einem Abstieg. Oder besser gesagt, sie beginnt mit einer Umleitung. Der Bach direkt neben der Cna. Cluozza hat den Weg weggespült und eine neue Wegführung bedingt. Daraufhin geht es gemütlich zwischen Föhren und Lärchen hinunter zum steinigen Flussbett der Ova da Cluozza. Viele Äste und Stämme liegen am Ufer oder im Fluss. Nach der Brücke steigen wir auf der anderen Talseite hoch. Der Murtaröl (= kleiner Rundhöcker) ist unser Gipfelziel. Über uns zeigt sich ein seltenes Wolkenphänomen: ein kreisrundes Loch in der geschlossenen Wolkendecke (Hole Punch Cloud). Nach einer knappen Stunde stehen wir vor einer weiteren Umleitung. Der Hang ist abgerutscht, sodass der Weg auf einer Länge von 300m neu angelegt werden musste. Welche Arbeit! Immer wieder sind Bachrunsen zu queren, die uns deutlich machen, mit welcher Gewalt Wasser zu Tal stürzt. An einigen Stellen ist vorsichtiges Gehen angesagt, um nicht seitwärts abzurutschen. Ansonsten ist es ein schöner Weg, der zwischen Lärchen hinaufführt. Nach dem Tobel Vallun Padratscha erreichen wir bei P.2082 die Wegabzweigung. Geradeaus führt der Weg über Bellavista hinunter nach Zernez. Da wollen wir dann auch hin, aber mit dem Umweg über den Murtaröl. Es liegt also noch eine lange Gratwanderung vor uns.
 
Wir steigen weiter hoch, zwischen Arven hindurch, die auf grünem Untergrund aus Heidelbeersträuchern ein herrliches Bild abgeben. Das Gelände wird offener. Zwischendurch der Blick hinunter durch felsige Abbrüche. In einem Hang auf der Westseite des Kammes erblicken wir Trockenmauern: alte Lawinenverbauungen aus dem 19. Jahrhundert. Im Nordwesten zeigen sich der mächtige Kesch oder der zackige Piz Vadret Pitschen. Vor uns reiht sich Gipfelchen an Gipfelchen. Bei jedem meinen wir, es müsste der Murtaröl sein. Und schon kommt aber das nächste Gipfelchen in Sicht. Schliesslich ist es aber dann doch geschafft. Östlich von uns die Fuorcla Murter, wo wir gestern Hirsche, Gämsen, Steinböcke und Murmeltiere beobachten konnten. Gämsen zeigen sich auch heute: etwa 30 Tiere äsen in der Ostflanke südlich von uns. Vor lauter Beobachten und Fotografieren vergessen wir beinahe, dass es Zeit für den Zmittag ist.
 
Der 1100m-Abstieg führt uns über die teils steinige Ostflanke hinunter, die mit einigen eindrücklichen Abbrüchen zum Val Tantermozza abfällt. Am Wegrand sichten wir ein paar Edelweiss. Auf etwa 2300m schwenkt der Weg in den Hang unter dem Murtarölgrat hinüber und führt fast mit gleichbleibender Höhe nordwärts. Auch hier fordern uns einige abschüssige Stellen, erhöhte Aufmerksamkeit ist gefragt, um nicht in den steilen Hang abzugleiten. Beim Wegweiser bei P.2109 biegen wir links weg und steigen auf weichem, lärchennadeligem Weg ab. Ein fantastisch schöner Wald umgibt uns: Lärchen, Arven und am Wegrand die weissen Rundblättrigen Wintergrün. Einen so schönen Abstieg haben wir noch selten geniessen dürfen. In der Ebene bleibt uns der asphaltierte Weg nach Zernez nicht erspart. Bei frischem Calanda in der Gartenbeiz ist aber auch dies schnell vergessen und wir blicken zufrieden auf zwei herrliche Tage im Nationalpark zurück.
 

Tourengänger: CampoTencia, Krokus


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Geodaten
 45690.gpx Tag 1: Vallun Chafuol - Fuorcla Murter - Cna. Cluozza
 45691.gpx Tag 2: Cna. Cluozza - Murtaröl - Zernez

Galerie


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Kommentare (2)


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roger_h hat gesagt:
Gesendet am 20. August 2019 um 08:04
Jedes Mal, wenn ich ins Südtirol fahre und den Nationalpark durchquere, denke ich, dass ich unbedingt mit den Kindern mal ein paar Tage dort verbringen und wandern sollte.
Euer Bericht und die schönen Fotos verstärken diesen Wunsch noch zusätzlich.

Danke & Gruss
Roger

Krokus hat gesagt: RE:
Gesendet am 20. August 2019 um 17:31
Salü Roger,
Der Nationalpark ist eine recht wilde Gegend und wir hatten das Glück, ohne grossen Touristenrummel unterwegs zu sein, denn pro Wandertag sind wir nur auf 8 Touristen gestossen. Vielleicht ist es nicht immer so. Steinböcke, Gämsen und Munggen sehen wir auch sonst auf unseren Wanderungen, Hirsche aber eher selten. Viel Vergnügen, falls es dich mit deiner Familie auch mal dorthin zieht.
Herzliche Grüsse
Ella und Herbert


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