Daberspitze (3401m) - Ein zu Unrecht gefürchteter Berg


Publiziert von BigE17 , 9. April 2019 um 14:13.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Venedigergruppe
Tour Datum:18 August 2018
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1750 m
Abstieg: 1750 m
Strecke:32,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Mittersill über den Felbertauern oder von Lienz kommend nach Huben. Hier führt eine Straße nach Westen ins Defereggental. Man fährt bis Erlsbach, dann zweigt rechts die mautpflichtige Straße zum Alpengasthaus Oberhaus ab. Über diese erreicht man das Oberhaus, wo sich ein großer Parkplatz befindet.
Unterkunftmöglichkeiten:Keine

In Osttirol gibt es weit über 200 Dreitausender. Immerhin etwas mehr als 30 Gipfel überragen die 3400-Meter-Grenze. Als die höchsten Gipfel Osttirols sind sie dementsprechend beliebt und werden häufig bestiegen. Allerdings trifft das nicht auf alle diese Gipfel zu - wie zum Beispiel die Daberspitze. Der Grund dafür war mir bereits nach einer kurzen Internetrecherchen klar: Brüchiger Fels auf beiden Normalwegen bei ungeheurer Ausgesetztheit, sehr weite und anstrengende Zustiege, entweder eine heikle Firn- bzw. Schuttrinne oder unangenehme Kletterei im 3. Schwierigkeitsgrad,... Sofort hatte ich großen Respekt vor der Daberspitze. Doch im letzten Sommer beschloss ich dennoch, eine Besteigung zu versuchen.

Weil am Tag der Tour ab 15:00 Gewitter gemeldet waren, war ein sehr früher Aufbruch erforderlich. Daher starteten mein Tourenpartner und ich bereits um 4:00 Uhr in Lienz und erreichten um 5:00 den Parkplatz beim Oberhaus. Um diese Zeit war es natürlich noch stockfinster, so mussten wir mit Stirnlampen starten. Der für den öffentlichen Verkehr gesperrte Fahrweg zur Jagdhausalm ist sehr flach und deshalb problemlos mit dem Mountainbike befahrbar. Nach der ersten Steigung und einer kurzen Abfahrt überquerten wir den Bach und gelangten so zur Seebachalm. Dann wurde es auch langsam heller und wir benötigten die Stirnlampen nicht mehr.

Nach einer kurzen steilen Stelle erblickten wir zum ersten mal unser Ziel, die Daberspitze, sowie die Rötspitze am Ende des Schwarzachtales. In einem großen Bogen mit einer Abfahrt gelangen wieder zur Jagdhausalm und über einen nun deutlich schmaleren Weg ins Schwarzachtal. Gleich nach der Bachüberquerung war Endstation mit dem Mountainbike.

Wir blieben die ganze Zeit auf der im Aufstiegssinn rechten Talseite, bis die steilen Westabstürze des Schwarzachspitz den Weg versperrten. Hier überquerten wir den Bach recht problemlos und wanderten auf der linken Seite weiter. Kurz bevor sich das Tal verengt und eine Steilstufe in den oberen Teil des Tales führt, überquerten wir den Bach erneut (nicht mehr so einfach).

Wir hielten nun auf den drittletzten Grashang vor der Steilstufe zu. Südlich von diesem befindet sich ein Bach, ein weiterer schmaler Grashang und dann eine steile Felswand. Ganz unten wurde es kurz sehr steil und wir mussten kurz die Hände zu Hilfe nehmen, aber nur für ein paar Meter und ohne Schwierigkeiten. Danach wurde es zwar unwesentlich flachen, aber das Gelände wurde viel angenehmer zu gehen. Auf ca. 2400m legte sich das Gelände deutlich zurück. Nun sahen wir auch seit längerem wieder die Daberspitze mit ihrer steilen Westflanke. 

In einer herrlichen Landschaft gewannen wir schnell an Höhe. Auf ca. 2600m erblickten wir rechts ein Schuttfeld, das in Richtung Rotenmannköpfe führt. Am besten wäre es gewesen, diesem zu folgen. Da allerdings die Rinne, durch die wir auf den Südgrat aufsteigen würden, geradeaus vor uns zu liegen schien, gingen wir weiter über die mäßig steilen Grashänge empor. Bald fanden wir uns hier im Schuttgelände wieder.

Dort erkannten wir allerdings auch, das wir nicht der idealen Route gefolgt waren. Wir mussten in eine 45° steile, sandige Schuttrinne einsteigen, die sich von unten gesehen genau mit der von uns angestrebten Rinne deckte. Gelegentlich konnten wir die Rinne nach links verlassen und auf einem Gratrücken in leichter Kletterei (I) an Höhe gewinnen, was deutlich weniger mühsam war. Nach 150 Höhenmetern endete diese Rinne auf dem südwestlichen Ausläufer des Südgrates der Daberspitze. Hier sahen wir nun die richtige Rinne vor uns.

Um zu ihr zu gelangen, mussten wir kurz dem Gratausläufer nach oben folgen (I) und dann ein paar Höhenmeter beim Abstieg in das Schuttkar unterhalb der Rinne herschenken. Nach der kurzen Durchquerung des Kares steilte sich der Schutt mächtig auf. Von hier aus waren 300 Höhenmeter in sandigem Schuttgelände bei einer Steigung von 45° zu überwinden. Nach einer Weile kommt man in die Rinne, wo es genauso steil weitergeht. Ab hier hielten wir auf der linken Seite Ausschau nach einer Möglichkeit, den steilen Plattenschuss, der die Westflanke der Daberspitze begrenzt, überwinden. Leider fanden wir keine Stelle, an der das möglich war. So erreichten wir nach einem langen mühsamen Anstieg die Gratscharte auf ca. 3150m. Hier trafen wir auch auf die Route, die von der Clarahütte bzw. von der Reichenberger Hütte durch eine noch steilere Rinne emporführt.

Zu unserer rechten befand sich ein namenloser Gipfel, den wir überschreiten könnten, um zu den Rotenmannköpfen zu gelangen, falls wir die Daberspitze nicht schaffen würden. Denn jetzt waren wir an der Schlüsselstelle angelangt, die im Internet mit Schwierigkeitsgrad 3 bewertet wird. Wir folgten einer Felsrippe nach oben (I), bis wir über brüchige Bänder nach rechts auf die nächste Rippe gedrängt wurden (I). Von hier aus stiegen wir über einen brüchigen Block in eine verschneidungsartige Rinne ein (II). In dieser mit Schutt gefüllten Rinne, wo der Fels allerdings fester war, stiegen war sehr ausgesetzt höher (II), bis wir in der Rinne nicht mehr weiterkamen. Von dort aus erkannten wir allerdings, dass wir wenige Meter darunter die Rinne wieder nach links verlassen können. Das geschah entlang von brüchigen Felsen bei ziemlicher Ausgesetztheit (II). Es folgten noch zwei höllisch ausgesetzte Blöcke (II), bevor die Schlüsselstelle überwunden war.

Nun begann der herrliche Gipfelgrat. Nach anfänglichem einfachem Gelände wurde der Grat rasch schmaler. Nachdem wir den Ausstieg aus der Ostwandrinne, der andere Normalweg, passiert hatten, wurde der Grat wieder etwas steiler und ausgesetzter, blieb aber leicht (I). Obwohl alles sehr glatt wirkte, waren doch mehr als genügend Griffe vorhanden, lediglich ein kurzer Aufschwung war recht griffarm (I-II). Kurz vor dem Gipfel kam noch eine steilere Stelle (I-II), die uns aber nicht mehr vom Gipfelsieg abhalten konnte.

Wir genossen das traumhafte Panorama vom Großglockner über die Dolomiten bis zu den Zillertalern. Schließlich begannen wir mit dem Abstieg. Der Grat war im Abstieg auch nicht schwierig, an der Schlüsselstelle verwendeten wir jedoch - im Gegensatz zum Aufstieg - das Seil. Sicher ist sicher. Die Rinne war im Abstieg ein Genuss, das anschließende lange Schuttfeld ebenfalls, bis wir auf 2600m wieder auf den Aufstiegsweg trafen. 

Der Rest war nur noch eine Frage der Kondition, die 3 Gegenanstiege mit dem Fahrrad waren die letzten Schikanen, bis wir um 15:00 noch trocken beim Oberhaus ankamen. 

Erwähnenswertes:
1. Der Aufstieg durch das Schwarzachtal ist der kürzeste, er muss aber an einem Tag gemeistert werden, da auf dem gesamten Weg keine Schutzhütte liegt. Mit 10 Stunden ist die Tour immer noch sehr lang.

2. Ohne ein Mountainbike sollte die Tour auf keinen Fall durchgeführt werden, da sich ansonsten die Tourendauer stark verlängert.

3. Bei schlechtem Wetter besteht am Grat und bei der Schlüsselstelle Lebensgefahr. Außerdem werden dann die Bachüberquerungen schwieriger.

4. Bis zur Gratscharte ist der Anstieg bei idealer Routenwahl nur Gehgelände, aber sehr mühsam. 

5. Man sollte sicher im 2. Schwierigkeitsgrad klettern können. Gerade an der Schlüsselstelle ist das Gelände sehr ausgesetzt und der Fels ist brüchig. Ein Seil ist nicht zwingend notwendig. Allerdings ist Fels um ein Vielfaches besser als z.B in der SW-Flanke der benachbarten Rötspitze. 

6. Falls man schwindelfrei unterwegs ist, ist der Gipfelgrat ein Hochgenuss. Das Panorama ist traumhaft und die Kletterei macht richtig Spaß, weil der Fels hier fest ist. 

7. Bevor man zur Schlüsselstelle gelangt, könnte man eventuell durch die Westflanke absteigen. Da diese allerdings kurz sehr steil wird, ist zu bezweifeln, dass dieser Anstieg einfacher und ungefährlicher ist als der Normalweg.

8. Auf keinen Fall durch die Ostwandrinne auf-/ absteigen!!! Diese ist mit Sicherheit viel schwieriger und gefährlicher als die Südgratroute.

9. Ein Bild von der Schlüsselstelle ist auf folgender Website zu finden: https://www.bergsteigen.com/touren/klettern/daberspitze-s-grat/

10. Bei Beachtung all dieser Vorsichtsmaßnahmen steht einer wunderschönen Tour nichts mehr im Wege.

Tourengänger: BigE17


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Kommentare (4)


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ADI hat gesagt:
Gesendet am 9. April 2019 um 15:02
Hallo!

Gratulation zur Daberspitz', endlich gibt's hiervon einen Bericht.
Lange hat's gedauert.....
Hatte ich auch schon lange mal vor, dort hochzugehen.
Liegt leider nicht gerade in meiner Nähe.

Schön wär noch gewesen, wenn Du ein paar Infos über ein Gipfelkreuz/Buch gebracht hättest.
Der Berg wir ja allem Anschein nach nicht allzuoft besucht.....
Man hört ja nix Gutes über den schönen 3000er.....ist allerdings mit II zu knacken, interessant!

Beste Grüße!

ADI

BigE17 hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. April 2019 um 16:02
Hallo!

Erstmal danke für die Glückwünsche :)

Zum Gipfelkreuz: Früher war ein kleines aufgestellt, mittlerweile gibt es das leider nicht mehr. Vom Gipfelbuch war auch nicht mehr viel übrig...

Mit freundlichen Grüßen
BigE17

ADI hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. April 2019 um 17:06
Sehr interessant!

Danke für die Info!
Bin dich a oida GK/GB Fan musst Du wissen.....

georgb hat gesagt:
Gesendet am 9. April 2019 um 16:20
Hab letzte Woche einen ehrfürchtigen Blick hinüber geworfen hier. Ein eindrucksvoller Berg, Gratuliere!


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