Ziel erreicht: 35 Minuten unterboten!
Nachdem ich letztes Jahr verletzungsbedingt noch kurzfristig vor dem Lauf ausgefallen bin, konnte ich dieses Jahr endlich am Isnyer Berglauf am Schwarzen Grat teilnehmen.
Unsere Zeitplanung stellte sich als ziemlich knapp bemessen heraus. So richtiges "Just-in-time". Zwar trafen wir bereits 45 Minuten vor dem Lauf am Parkplatz an, aber bis die Füße präventiv gesalbt, die Kompressionssocken angezogen und die richtigen Klamotten für den Gepäcktransport rausgesucht waren, vergingen nochmals gute 10 Minuten.
Viele Läufer waren schon am Warmlaufen und wir joggten erst zum Start und reihten uns in die Schlange an der Registrierung und Startnummernvergabe ein. Schon wurde das Ende der Last-Minute-Registrierungen bekanntgegeben, nur noch Voranmeldungen erlaubt. Ungewißheit machte sich breit. Hatten wir wirklich eine Registrierungsbestätigung für unsere Gruppenanmeldung erhalten? Was wenn die Anmeldung nicht geklappt hatte? Dann der Aufruf zur letzten Möglichkeit zur Aufgabe von Transportgepäck zum Ziel.
Wir mußten uns zwangsweise trennen. Einer zur Gepäckaufgabe, der Rest zum Registrieren und Abholen der Startnummer. Puh, Glück gehabt. Da war wohl doch ne Mail gekommen, vielleicht im Spamordner gelandet? Nun, wir standen zumindest auf den Startlisten, zahlten unsere Startgebühr und nahmen die Startnummern in Empfang. Anbringen der Transponder-Chips, dann Warmlaufen.
Praktischerweise (?) gab es am Start keine Toiletten, weshalb unser Warmlaufen dann gleich bergaufwärts zur Saunalandschaft führte, wo wir noch etwas "Ballast" abladen konnten. Viel Zeit zum Trödeln blieb nicht mehr. Nur noch fünf Minuten zum Start und mein Mund war total ausgetrocknet. Das Wetter war fast schon zu gut für einen sportlichen Lauf. Neidisch blickte ich auf den Läufer vom Typ "Türsteher" neben mir, der eine Trinkflasche mit sich führte.
Bei über 300 Teilnehmern war es wichtig sich einigermaßen richtig in die Startposition zu begeben. Zu weit vorne und man würde von den Cracks überrannt werden, zu weit hinten und konnte sich dann an langsamen Läufern vorbeikämpfen. Gut hätte ich hier eine Startaufstellung gefunden, wie ich sie in Überlingen bei einem Lauf mal mitbekommen habe.
Hier wurden Zeiten genannt und dann entsprechende Positionen bestimmt. So hätte man gut den Startpulk in 5 Minutenrastern aufteilen können. Leute mit Trainingszeiten unter 30 Minuten ganz vorne, dann 30-35 Minuten dahinter, 35-40 Minuten, dann 40-45, usw.
Dann der Startschuß, ein riesen Pulk setzt sich in Bewegung. Gute 5 Sekunden vergehen bereits verloren bis die Startlinie überschritten wird. Nun heißt es richtige Geschwindigkeit wählen, bloß nicht den Fehler begehen und sich von der Menge mitreißen lassen, um dann oben zu schwächeln. Ich schlängel mich durch die Menge, suche mein Tempo zu finden. An der ersten Steigung, schon die ersten Geschwindigkeitseinbrüche einiger übereifriger Mitläufer.
Der erste Kilometer ist geschafft, die Zeitlaufstrecke passiert. Keine Chance auf einen Preis. Ich halte mich an die "kontinuierlich und stetig laufen"-Methode. Nun geht es an der Höhenlinie entlang. Das Tempo kann etwas gesteigert werden, Sondierung der Läufer um einen herum. Wer eignet sich als Pacer? - Gefunden. Eine Läuferin in türkisen Trikot scheint tempomäßig zu passen, bergabwärts eher hinter mir, in der Ebene vor mir und bergauf sogar vor mir.
Kurz vor Kilometer 4 ist der Versorgungsstand. Die Trockenheit in meinem Mund existiert noch immer, aber es ist nicht mehr ganz so schlimm. Ich habe mich daran gewöhnt. Ich lasse den Stand links liegen - Trinken kostet nur Zeit - im Ziel habe ich davon noch mehr als genug.
Spitzkehre! Es geht bergaufwärts. Ein blonder Wuschelkopf taucht vor mir auf; er läuft strauchelnd und gebückt. Einer unserer Läufer, nie einen Trainingslauf mitgemacht, und nun die Kräfte falsch eingeteilt - zu schnell gestartet.
Ich überhole ihn im Windschatten meiner Pacerin. An jeder Kilometermarkierung checke ich meine Zeiten. Pro Kilometer bleibt mit etwas über 5 Minuten, um meine anvisierte Zeit zu erreichen. Nächster Checkpunkt: 5 Kilometermarke. Meine Pacerin schwächelt, ich lasse sie endgültig hinter mir.
Der Weg verläßt den Wald. Unbarmherzig brennt die Sonne auf mich nieder. Ein junger Läufer im grünen Trikot, der schon seit einiger Zeit in meiner Nähe läuft, wird für mich zum Pacer. Die Sonne und wohl auch die Distanz setzten ihm sichtbar zu. Er schwächelt. Ich versuche an ihm vorbeizukommen, aber er blockiert. Statt in seinem Tempo weiterzulaufen, versucht er nun immer knapp vor mir zu bleiben. Ein Fehler, den ihm sein Körper nicht verzeiht. Er fällt zurück und ich nehme die Kehre Richtung Endspurt.
Zwei Mädchen, ihre Startnummern lassen sie als Teilnehmerinnen am Kinderlauf erkennen, säumen den Weg. "Nicht die Rinne laufen. Dort liegt Matsch und Dreck", schreien sie wann immer eine Gruppe Läufer sie passiert. Ich erreiche die Abzweigung zum Wenger Egg. Die Dichte der Zuschauer steigt um mehrere hundert Prozent an. Schreie, Applaus, Glocken und Ratschen motivieren für die letzten Meter.
Die 6 Kilometermarke kommt in Sicht. Endspurt zum Wurzelweg. Vereinzelt überhole ich Läufer. - Dann der Wurzelweg. "Nicht die Rinne!" echot die Stimme der Kinder in mir. - Egal. Lieber die dreckige Rinne, als einen sauberen Tritt über die Wurzeln zu suchen. Unten geht es noch ganz gut, dann Schlammpassage. Ich nehme sie relativ sauber.
Nachteil der Rinne: Ich kann meinen langsameren Vordermann nicht überholen. Mein Name ertönt, Anfeuerungsrufe, Ende der Rinne. Ich mobilisiere alle Kräfte und sprinte den restlichen Wurzelweg hinauf und überhole im Zieltrichter noch etliche Personen. Der Zieleinlauf ist eng. Leider! Unfähig zu überholen muß ich warten bis die zwei Läufer vor mir das Ziel passiert haben. Geschafft!
Man notiert meine Startnummer und nimmt mir den Transponder ab. Ich setze mich kurz auf eine Bank und erinnere mich erst dann daran meine Pulsuhr zu stoppen. Es wäre meine bisher beste Zeit, aber trotzdem Ziel verfehlt. Was sagt die offizielle Messung? Kurze Verschnaufpause und dann endlich ab an die Getränkeausgabe. Ein Fehlgriff. Statt des isotonischen Getränkes, habe ich nur pißwarmes Wasser erwischt. Egal. Ich leere den ersten Becher und vermeide meinen Fehler beim zweiten Mal.
Nun heißt es auf den Rest zu warten. Zwischenzeitlich feuere ich bekannte Gesichter an, warte bis unser Team komplett ist. Nachdem alle sich erholt haben und auch unser Gepäckbeutel gefunden ist, einem kleinen Fotoshooting, geht es gemütlich hinab zur Überruh. Warten auf die offiziellen Zeiten. Das amtliche Ergebnis: Unter 35 Minuten. Ziel erreicht, wenn auch leider keine Plazierungen erlaufen, aber man muß ja noch Ziele für den nächsten Lauf haben. Dann stehen die 33 Minuten an.
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