Schöttelkarspitze N-Wand und N-Grat – die extravagante Rundtour
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Heute wird höchstwahrscheinlich das letzte Mal in diesem Jahr die 25 Grad-Marke geknackt, da ich mir freinehmen kann, möchte ich mich deshalb nochmal auf der N-Seite versuchen. Schöttelkarspitze, Nordwand, häh?, was soll das für ein Schrott sein, waren meine Gedanken, als ich zufällig diesen Routeneintrag das erste mal im AVF gelesen habe. Schon der Anblick des Bröselbruchs beim Übergang von Seinskopf zur Schöttelkar jagt mir kalte Schauer über den Rücken, und da soll man klettern können, eigentlich nicht vorstellbar. Aber der Führer beteuert, dass zumindest im oberen Wandteil schöne Kletterei zu erwarten ist, das macht mich neugierig.
Der Einstieg liegt östlich, kurz oberhalb der Stelle, wo der Schöttelgraben scharf nach Osten abbiegt und sich südlich davon das Schöttelkar ausbreitet. Am schnellsten gelangt man über die Forststraße zur Fischbachalm und den Karrenweg südlich des Schöttelgraben hierher, leider ist dieser Aufstiegsweg so langweilig, dass einem unterm Laufen die Füße einschlafen. Deshalb steige ich zunächst über den Normalweg in Richtung Schwarzkopf und Seinskopf, der direkt hinter der Isarbrücke beginnt, auf, bis beim Felsenhüttl (1570 m Höhe) der Abzweig zum Herzogsteig erreicht wird. Den sehr schönen Steig leichtfallend weiter verfolgen bis man in einer weiten Kehre bis auf wenige Meter an den Schöttelgraben herantritt (Höhenverlust gut 100 m). Eine deutlich sichtbare Trittspur führt an den Rand des Grabens, kurz hinab und in dem chaotischen Gewirr von Gesteinsblöcken aufwärts. Sieht auf den ersten Blick fürchterlich mühsam aus, lässt sich aber wirklich sehr gut gehen, da die Blöcke entweder zu schwer oder zu fest im Grabenbett „eingebacken“ sind, um sich auch nur einen einzigen mm bewegen zu können. Zuletzt über eine Seitenrinne auf der rechten Seite zum Einstieg empor.
Meine Enttäuschung ist groß, da der schwierige Einstiegsriss (IV) auf der gesamten Länge komplett nass ist, es läuft sogar ein dünnes Rinnsal herunter. Hier einzusteigen wäre Russisch Roulette mit 5 scharfen Patronen, und das kommt auf keinen Fall in Frage. Habe von weiter unten schon gesehen, dass sich 15 m oberhalb eine etwas flachere Wandzone befindet, die von linksher kommend, ebenfalls zum Ende des Einstiegsrisses führt. Das möchte ich mir vorher noch genauer ansehen, ehe ich den Rückzug antrete. Zunächst müsste man ca. 10 m gerade hochklettern und dann in einer sehr ausgesetzten Querung einen kleinen Kopf vor Beginn des Kamins (oberhalb des Einstiegsrisses) erreichen. Gedacht und gleich ausprobiert, entdecke sogar eine halbvermoderte Bandschlinge, ah, da bin ich nicht der Erste der diese Idee hatte, und es hat auch geklappt. Dieser alternative Einstieg ist wohl nicht schwerer als III bis III+ aber aufgrund der Ausgesetztheit und der diffizilen Kletterei im Quergang trotzdem psychisch anspruchsvoll.
Die sog. N-Wand entpuppt sich nun als nordseitige Wasserabflussrinne die etliche Abbrüche aufweist und sich nach oben hin immer weiter abflacht. Leider sind die Bedingungen heute schon sehr feucht, so dass die Kletterei etwas ungemütlicher und schwieriger ist, als bei Trockenheit. Ein kleiner feuchter Höhlenüberhang lässt sich glücklicherweise rechts umgehen, aber sonst erreiche ich doch recht entspannt nach ca. 75 Min. den NW-Grat. Hier ist noch ein Turm mittels 2 übereinanderliegender kurzer Risse zu erklettern, der dritte Riss wird links und nicht rechts, wie in meinem Führer steht, umgangen. Steiles Schroffengelände führt schließlich zum Westgrat unter den nun schon greifbar nahen Gipfel. Zuletzt über den felsigen Grat und eine kurze Wandstufe in schöner Kletterei direkt zum höchsten Punkt.
Als Abstieg wähle ich wieder den N-Grat in Richtung Ochsenstaffel, da er mir vor 4 Jahren schon so gut gefallen hat. Das abwechslungsreiche Auf und Ab in diesem letztlich doch recht zahmen, aber beeindruckenden Abschnitt, macht richtig Laune. Den Gipfel des Ochsenstaffel erspare ich mir heute und laufe, direkt am Sattel vor dem Ochsenstaffel beginnend, auf dem zunächst ostseitigen Abstiegsweg, der übrigens auch sehr schön ist, zur Fischbachalm hinunter.
Fazit: als Sterne-Tour wird die sog. N-Wand der Schöttelkarspitze nicht in die Annalen eingehen, aber es ist eine interessante Alternative zu den bestehenden Anstiegsmöglichkeiten. Mit zunehmender Trockenheit steigt wohl auch die Freude beim Begehen der Rinne, dafür bräuchte es mal 1 – 2 regenfreie Wochen. Die begangene Einstiegsvariante wäre m.E. mit 2 – 3 Schlaghaken vernünftig abzusichern, was ich auch dringend empfehle, denn eine Begehung mit Seil, aber ohne verlässliche Sicherung, bringt keinerlei zusätzliche Sicherheit.
Ach ja, die Felsqualität ist wider Erwarten überwiegend gut, auf den Absätzen liegt jedoch, wie so oft, viel Geröll rum.
Viele Grüße
Albert
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