Mission Bishorn NE-Wand
|
||||||||||||||||||||||||||
Der geneigte Hikr erkennt es bereits in der Bewertung der Skischwierigkeit, die Abfahrt durch die Wand blieb uns aus guten Gründen verwehrt. Ein Wermutstropfen klar, dennoch eine grandiose Tour!
Skitouren zu dieser Jahreszeit setzen ein gewisses Mass an Leidensfähigkeit voraus. Erst einmal gilt es bei sommerlichen Temperaturen den inneren Schweinehund zu überwinden. Mit motivierten Leidensgenossen und aktuellem Bildmaterial der Hochalpen lässt sich diese erste Hürde jedoch noch vergleichsweise locker nehmen. Schwieriger wirds im Moment, in dem einem die gesamte Skiausrüstung am Rücken hängt und schwer auf die Schultern drückt. Aber auch das ist noch angenehm im Vergleich zu den absolut unmenschlich kurzen Nächten und nervtötenden Schnarchterror, der einen mangels Schlaf am Gelingen der "Mission" zweifeln lässt, während man hellwach auf das erlösende piepsen des Weckers wartet. Um 02:01 ist es dann endlich soweit, doch wahre Erlösung wäre in diesem Moment eigentlich nur vom eigenen Bett und weiteren 7 Stunden Schlaf zu erwarten. Irgendwie geht es aber dann doch und wir verschlingen noch relativ missmutig ein Frühstück, das den Namen früh auch verdient. Viel Zeit verlieren wir nicht und treten um 02:45 in die pechschwarze Nacht hinaus. Der Himmel ist mehrheitlich bedeckt und im Schein der Stirnlampen tanzen Regentropfen. Im Ernst???!!! Naja, immerhin ist kein Wetterleuchten in Sicht. Der Spuk hat bereits beim Gässi ein Ende und wir beginnen nun Höhe zu gewinnen. Erst ab ca. 3000 m liegt eine geschlossene Schneedecke. Die Fortbewegung auf Skis ist definitiv angenehmer, wenn auch weniger speditiv. Unterhalb des Chanzilti wechseln wir von der Moräne auf den Brunegggletscher. Endlich setzt langsam die Dämmerung ein. Immer wieder ein eindrückliches Schauspiel. Die letzten Wolken haben sich mittlerweile verzogen und das Versprechen eines grossartigen Tages liegt in der Luft. Rechterhand erhebt sich die rund 650 m hohe NE-Wand des Bishorns. Abweisend und zugleich einladend lasse ich sie auf mich einwirken. Nach weniger als 3 Stunden erreichen wir den Wandfuss. Just in diesem Moment lassen die ersten Sonnenstrahlen die Wand erröten, während die Kälte uns noch immer im Griff hat. Aber das sollte sich bald ändern. um 06:45 steigen wir in die Wand ein. Die warmen Temperaturen der letzten Tage haben viel Schnee aus der Wand bewegt, was teilweise mannshohe Furchen hinterliess. Schnell erkennen wir das grundsätzliche Problem dieser Wand. Die unteren 100 - 200 Höhenmeter sind im Zuge der Klimaerwärmung bereits weitgehend ausgeschmolzen und dementsprechend dominiert nun felsiger Untergrund, was aus unserer Sicht wiederum den Wärmeeintrag in die Schneedecke beschleunigt und die Lawinenaktivität begünstigt. Der Bergschrund lässt sich einfach überwinden, doch dann wird es ganz schön kraftraubend. Der Schnee ist nur ungenügend verfestigt und man bricht ausnahmslos durch. Mit etwas Gespür sind die Felsen gut zu umgehen. Doch Fels- und Eiskontakt ist nicht zu vermeiden. Insgesamt präsentieren sich die ersten 200 HM sehr inkonsistent und von tiefen Furchen und Felsen durchzogen. Uns ist bereits zu diesem Zeitpunkt klar, dass wir bei diesen Verhältnissen von einer Befahrung absehen müssen. Oberhalb der Felsen wird die Schneeoberfläche homogener und wir treffen auf die Spur vom Freitag, in der wir aber immer wieder "spulen". Es ist bedeutend angenehmer, eine eigene parallele Spur zu legen. Unterhalb des P. 3936 beginnt eine lange, ermüdende Rechtstraverse in nun deutlich weniger steilem Gelände. Auf rund 3940 m erreichen wir den Ostgrat, wo wir uns eine Pause gönnen und das gewaltig schöne Weisshorn auf uns einwirken lassen. C'est fantastique, könnte man an dieser Stelle auch sagen... ;) Die restlichen rund 200 HM zur Pointe Burnaby sind nun einer der besten Sonntagmorgen-Spaziergänge, die dieses Land aktuell zu bieten hat. Ebenso perfekt präsentieren sich auch die Abfahrtsverhältnisse im oberen Wandteil. Ja, es wäre eine grosse Freude gewesen, hier oben Schwünge zu ziehen, aber um den Preis von heiklem survival-skiing in der unteren Wandhälfte, wollten wir dieses Vergnügen nicht riskieren. Nach 6 Stunden erreichen wir die Pointe Burnaby, 4133 m. Der Blick zum Bishorn ist benahe etwas ernüchternd, denn nach der steilen NE-Wand ist das Gelände diesseits ziemlich lieblich. Gleichzeitig können wir eine gewisse Erleichterung nicht verleugnen, denn für den Rest der Tour würden wir uns in einer eher wohligen Komfortzone bewegen. Wir geniessen den Moment auf dem Bishorn dafür umso mehr und bestaunen ehrfüchtig das Weisshorn, das nun wieder ganz weit oben auf unserer Ski-Wunschliste rangiert. Aber eben, an diesem sind die Verhältnissen noch um ein vielfaches schwieriger einzuschätzen.
Nach einer ziemlich ausgedehnten Gipfelrast wollen wir unsere Skis an diesem Tag endlich ihrem Zweck zuführen. Hartschnee mit dünner Pulverauflage, das bekommen wir serviert. Es macht Spass, auch wenn es anstatt der erhoften 50° Steilheit halt nur deren 30 sind... Vor der Tracuithütte biegen wir rechts ab und umfahren den Bruch des Turtmanngletschers westlich. Wie zu erwarten, hat der Schnee bereits viel Sonne konsumiert und ist dementsprechend "träge". Nach 2 Wochen Norwegen mit ganz ähnlichen Schneeverhältnissen können wir mühelos damit umgehen. Mit Spalten-hopping kommen wir gut unter dem Bruch hindurch. Nur noch ein elender Gegenaufstieg auf den Brunegggletscher und der Kreis schliesst sich. Spassig geht es über das Gletscherende und durch die Schlucht des Bruneggbaches. Es reicht gerade noch knapp bis zum Winter-Hüttenweg. Durst und zurückgelassenes Material treibt uns noch einmal zur Hütte hoch, wo wir mit Glück den Hüttenwart treffen, der im Begriff ist, die Hütte zu schliessen. Bei einem kühlen "Möhl" lassen wir die Seelen noch etwas baumeln, bevor abermals Skitragen angesagt ist. Alle Mühen sind längst vergessen und wir sind uns einig, dass wir die Skis noch nicht einsommern können! :)
Grüsse an Eva und Caroline, wir haben euch nie aus den Augen verloren! ;)
Skitouren zu dieser Jahreszeit setzen ein gewisses Mass an Leidensfähigkeit voraus. Erst einmal gilt es bei sommerlichen Temperaturen den inneren Schweinehund zu überwinden. Mit motivierten Leidensgenossen und aktuellem Bildmaterial der Hochalpen lässt sich diese erste Hürde jedoch noch vergleichsweise locker nehmen. Schwieriger wirds im Moment, in dem einem die gesamte Skiausrüstung am Rücken hängt und schwer auf die Schultern drückt. Aber auch das ist noch angenehm im Vergleich zu den absolut unmenschlich kurzen Nächten und nervtötenden Schnarchterror, der einen mangels Schlaf am Gelingen der "Mission" zweifeln lässt, während man hellwach auf das erlösende piepsen des Weckers wartet. Um 02:01 ist es dann endlich soweit, doch wahre Erlösung wäre in diesem Moment eigentlich nur vom eigenen Bett und weiteren 7 Stunden Schlaf zu erwarten. Irgendwie geht es aber dann doch und wir verschlingen noch relativ missmutig ein Frühstück, das den Namen früh auch verdient. Viel Zeit verlieren wir nicht und treten um 02:45 in die pechschwarze Nacht hinaus. Der Himmel ist mehrheitlich bedeckt und im Schein der Stirnlampen tanzen Regentropfen. Im Ernst???!!! Naja, immerhin ist kein Wetterleuchten in Sicht. Der Spuk hat bereits beim Gässi ein Ende und wir beginnen nun Höhe zu gewinnen. Erst ab ca. 3000 m liegt eine geschlossene Schneedecke. Die Fortbewegung auf Skis ist definitiv angenehmer, wenn auch weniger speditiv. Unterhalb des Chanzilti wechseln wir von der Moräne auf den Brunegggletscher. Endlich setzt langsam die Dämmerung ein. Immer wieder ein eindrückliches Schauspiel. Die letzten Wolken haben sich mittlerweile verzogen und das Versprechen eines grossartigen Tages liegt in der Luft. Rechterhand erhebt sich die rund 650 m hohe NE-Wand des Bishorns. Abweisend und zugleich einladend lasse ich sie auf mich einwirken. Nach weniger als 3 Stunden erreichen wir den Wandfuss. Just in diesem Moment lassen die ersten Sonnenstrahlen die Wand erröten, während die Kälte uns noch immer im Griff hat. Aber das sollte sich bald ändern. um 06:45 steigen wir in die Wand ein. Die warmen Temperaturen der letzten Tage haben viel Schnee aus der Wand bewegt, was teilweise mannshohe Furchen hinterliess. Schnell erkennen wir das grundsätzliche Problem dieser Wand. Die unteren 100 - 200 Höhenmeter sind im Zuge der Klimaerwärmung bereits weitgehend ausgeschmolzen und dementsprechend dominiert nun felsiger Untergrund, was aus unserer Sicht wiederum den Wärmeeintrag in die Schneedecke beschleunigt und die Lawinenaktivität begünstigt. Der Bergschrund lässt sich einfach überwinden, doch dann wird es ganz schön kraftraubend. Der Schnee ist nur ungenügend verfestigt und man bricht ausnahmslos durch. Mit etwas Gespür sind die Felsen gut zu umgehen. Doch Fels- und Eiskontakt ist nicht zu vermeiden. Insgesamt präsentieren sich die ersten 200 HM sehr inkonsistent und von tiefen Furchen und Felsen durchzogen. Uns ist bereits zu diesem Zeitpunkt klar, dass wir bei diesen Verhältnissen von einer Befahrung absehen müssen. Oberhalb der Felsen wird die Schneeoberfläche homogener und wir treffen auf die Spur vom Freitag, in der wir aber immer wieder "spulen". Es ist bedeutend angenehmer, eine eigene parallele Spur zu legen. Unterhalb des P. 3936 beginnt eine lange, ermüdende Rechtstraverse in nun deutlich weniger steilem Gelände. Auf rund 3940 m erreichen wir den Ostgrat, wo wir uns eine Pause gönnen und das gewaltig schöne Weisshorn auf uns einwirken lassen. C'est fantastique, könnte man an dieser Stelle auch sagen... ;) Die restlichen rund 200 HM zur Pointe Burnaby sind nun einer der besten Sonntagmorgen-Spaziergänge, die dieses Land aktuell zu bieten hat. Ebenso perfekt präsentieren sich auch die Abfahrtsverhältnisse im oberen Wandteil. Ja, es wäre eine grosse Freude gewesen, hier oben Schwünge zu ziehen, aber um den Preis von heiklem survival-skiing in der unteren Wandhälfte, wollten wir dieses Vergnügen nicht riskieren. Nach 6 Stunden erreichen wir die Pointe Burnaby, 4133 m. Der Blick zum Bishorn ist benahe etwas ernüchternd, denn nach der steilen NE-Wand ist das Gelände diesseits ziemlich lieblich. Gleichzeitig können wir eine gewisse Erleichterung nicht verleugnen, denn für den Rest der Tour würden wir uns in einer eher wohligen Komfortzone bewegen. Wir geniessen den Moment auf dem Bishorn dafür umso mehr und bestaunen ehrfüchtig das Weisshorn, das nun wieder ganz weit oben auf unserer Ski-Wunschliste rangiert. Aber eben, an diesem sind die Verhältnissen noch um ein vielfaches schwieriger einzuschätzen.
Nach einer ziemlich ausgedehnten Gipfelrast wollen wir unsere Skis an diesem Tag endlich ihrem Zweck zuführen. Hartschnee mit dünner Pulverauflage, das bekommen wir serviert. Es macht Spass, auch wenn es anstatt der erhoften 50° Steilheit halt nur deren 30 sind... Vor der Tracuithütte biegen wir rechts ab und umfahren den Bruch des Turtmanngletschers westlich. Wie zu erwarten, hat der Schnee bereits viel Sonne konsumiert und ist dementsprechend "träge". Nach 2 Wochen Norwegen mit ganz ähnlichen Schneeverhältnissen können wir mühelos damit umgehen. Mit Spalten-hopping kommen wir gut unter dem Bruch hindurch. Nur noch ein elender Gegenaufstieg auf den Brunegggletscher und der Kreis schliesst sich. Spassig geht es über das Gletscherende und durch die Schlucht des Bruneggbaches. Es reicht gerade noch knapp bis zum Winter-Hüttenweg. Durst und zurückgelassenes Material treibt uns noch einmal zur Hütte hoch, wo wir mit Glück den Hüttenwart treffen, der im Begriff ist, die Hütte zu schliessen. Bei einem kühlen "Möhl" lassen wir die Seelen noch etwas baumeln, bevor abermals Skitragen angesagt ist. Alle Mühen sind längst vergessen und wir sind uns einig, dass wir die Skis noch nicht einsommern können! :)
Grüsse an Eva und Caroline, wir haben euch nie aus den Augen verloren! ;)
Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden
Kommentare (1)