Frühlingserwachen - Monte San Giorgio und Südgrenze
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Die mittelfristige Wettervorhersage für den 21. März war recht vorteilhaft, so machte ich für diesen Tag richtig krasse Pläne. Doch von Stunde zu Stunde sank die für Höhe von 3000 m angesagte Höchsttemperatur und stieg die Windgeschwindigkeit. Bei -15°C und 75 km/h (plus Nebel und Schneefall) blieb mir nur noch eines: Reset-Taste bei der Planung und Flucht in den Süden.
Plan B war: Besuch des UNESCO-Welterbes Nr. 1090, des Monte San Giorgio und des südlichsten Punktes der Schweiz.
Monte San Giorgio / UNESCO
Tatsächlich stürmte und schneite es im Norden. Und am Ende des längsten (und wohl teuersten) Loches der Schweiz schien die Sonne.
Von Capolago gings nach Riva San Vitale. Ich glaubte meiner Nase nicht trauen zu können: Weiss man im Sottoceneri schon, dass es Katalysatoren gibt? Mehr NOx habe ich seit Jahren nicht mehr inhaliert.
Der Weg entlang dem Südufer dieses Luganersee-Armes könnte noch attraktiv sein. Leider besteht er eigentlich nur aus Strasse und Parkplätzen.
In Riva San Vitale, gleich "hinter" dem bezw. südlich vom (theoretisch verkehrsberuhigten) Zentrum steht ein kleiner quadratischer Bau: das Baptisterium. Gemäss Wikipedia ist es das älteste christliche Bauwerk der Schweiz. Sicher ist es das älteste in Form und Funktionalität erhaltene christliche Bauwerk der Schweiz.
Gleichseitiger Grundriss (quadratisch oder achteckig), Übergang zu einem annähernd kreisförmigen Dach oder einer Kuppel, geostete Apsis: das klassische Grundmuster hatte rund 1000 Jahre Bestand.
Zu einem Baptisterium gehört zwingend eine Basilika. Doch die Kirche San Vitale daneben wurde gemäss Tafel an der Aussenwand 1756 und 1759 gebaut. Das konnte irgendwie nicht stimmen, Lage, Grundriss und Apsis passten nicht ins 18. Jahrhundert. Erst der Internet-Text stellt richtig, dass es ein Neubau auf dem alten Grundriss ist.
Für Zwinglianer (Täufer-Streit) müsste so ein Baptisterium ein Stein des Anstosses sein: In einem Baptisterium wurden Erwachsene durch Eintauchen getauft - genau so wie es die Täufer wollten und darum in der Limmat ersäuft wurden.
Mein weiterer Weg führte durch hübsche Gässchen zur imposanten Kirche Santa Croce. Santa Croce wurde 1580−1594 gebaut und ist, na ja, sehr barock. Die gewaltige, mit Kupfer verkleidete Kuppel ist von weitem zu sehen.
Beim Wasserreservoir (P. 361) habe ich den markierten Weg verlassen und bin nach links Richtung Albio aufgestiegen. Das ist äusserst attraktiv - ein lichter, standortgemässer Buchen-Kastanien-Mischwald mit etwas Hartlaub im Unterholz. - Der Weg ist nicht markiert, aber in perfektem Zustand.
Albio, vermutlich einmal ein stolzes Anwesen, ist jetzt nur noch eine vergammelnde Ruine.
Bei Pissarda kam ich in den markierten Weg, der dort den Anriss der Cum(a)vall-Schlucht quert. Hier oben dominiert jetzt Kalk, während ich weiter unten nicht nur Gneis und Granit, sondern auch Lava-Gestein gesehen und aufgelesen habe.
Nach einer weiteren Stufe (Pozzo = Quelle?) kommt man auf den Südgrat des Monte San Giorgio, hier eher ein Süd-Buckel. Dem man bis zum Gipfel folgt.
Der Weg nach Meride hinunter ist eher lang(weilig), aber eindrücklich: Er ist durchgehend mit plattigen Steinen gepflästert. Es müssen Hunderttausende sein.
Vor dem Dorf kommt man an der Kirche San Silvestro vorbei. Von der Lage her würde ich annehmen, dass das ursprünglich eine Klause war.
Im Dorf selber ich mir etwas unglaublich Peinliches passiert. Natürlich war der Plan, die Ausstellung im neuen Fossilienmuseum von Meride zu besichtigen. Das alte hatten Irène und ich vor vielen Jahren schon einmal besucht.
Ich wanderte also durch die schmale "Hauptstrasse" und erwartete, auf einen spektakulären Botta-Bau zu stossen. Oder mindestens auf einen Wegweiser dorthin. Doch irgendwann war ich bei der Wanderwegverzweigung ausserhalb des Dorfes und hatte weder eine Ahnung, wo der Bau steht noch von wo der Bus fährt. Ganz offensichtlich geht man davon aus, dass Besucher mit dem Auto kommen. Mit Wanderern, die "von oben" kommen, hat hier anscheinend niemand gerechnet.
Übrigens: Ich hätte noch so gerne gefragt. Doch das Dorf wirkte so ausgestorben, als wäre es in einer Zeitschleife gefangen.
So hatte ich weder den Bus noch das Museum gefunden und musste unbefriedigt nach Mendrisio hinunter wandern.
Dort wurde der Talboden derart umgenutzt, dass die Wanderweg-Wegweiser irgendwo einfach aufhörten: Ich landete auf dem Bahnhof Mendrisio-San-Martino, umgeben von gewaltigen Shopping-Malls und Firmensitzen. Für die dieser Bahnhof im Nirgendwo gebaut wurde.
Der südlichste Punkt der Schweiz
Nach Chiasso hatte ich prompt den falschen Zug erwischt, nämlich jenen, der keinen Anschluss nach Pedrinate hat. Statt auf den Bus zu warten, konnte ich auch zu Fuss gehen.
So stieg ich den Hang hoch, was noch attraktiv wäre. Nur hat der Wegweiser-Verantwortliche eine neue Signalisationsmethode erfunden: Auf den Wegweisern ist konsequent das Fernziel nicht angegeben, nur lokale Verzweigungen. Hingegen hat es an den Stangen jeweils ein Schild mit dem allgemeinen Wander-Symbol. Folgt man diesem, ist man richtig - man muss nur erst darauf kommen.
Das Dorfzentrum besteht aus einem Verkehrskreisel. Kurz vor diesem steht auf einem Wegweiser "Via Punto estremo sud della Svizzera". Und auf allen folgenden ebenfalls - das ist wirklich perfekt signalisiert.
Es geht einiges hinauf und hinab, insgesamt sind es vielleicht 3 km zum Grenzstein 75B und dem dazugehörigen "Denkmal". Anschliessend weiter nach Westen gehend, kommt man zu einem Weinberg. Ab hier - siehe oben - hilft die Orientierung nach der Sonne mehr als die Wegweiser, auf denen alles steht ausser Pedrinate. Man geht sinngemäss nach Norden und stösst schliesslich am Rand des Dorfes auf die Strasse.
Hier hatte ich wieder die Wahl zu warten oder zu gehen. Nur ist Warten in einem Dorf, das nur aus Strasse besteht, begrenzt reizvoll.
Also hinunter nach Chiasso. Wo das Chaos im Bahnhof, der eigentlich eher eine riesige Baustelle ist, noch durch den Bahnstreik in Italien abgerundet wurde.
Plan B war: Besuch des UNESCO-Welterbes Nr. 1090, des Monte San Giorgio und des südlichsten Punktes der Schweiz.
Monte San Giorgio / UNESCO
Tatsächlich stürmte und schneite es im Norden. Und am Ende des längsten (und wohl teuersten) Loches der Schweiz schien die Sonne.
Von Capolago gings nach Riva San Vitale. Ich glaubte meiner Nase nicht trauen zu können: Weiss man im Sottoceneri schon, dass es Katalysatoren gibt? Mehr NOx habe ich seit Jahren nicht mehr inhaliert.
Der Weg entlang dem Südufer dieses Luganersee-Armes könnte noch attraktiv sein. Leider besteht er eigentlich nur aus Strasse und Parkplätzen.
In Riva San Vitale, gleich "hinter" dem bezw. südlich vom (theoretisch verkehrsberuhigten) Zentrum steht ein kleiner quadratischer Bau: das Baptisterium. Gemäss Wikipedia ist es das älteste christliche Bauwerk der Schweiz. Sicher ist es das älteste in Form und Funktionalität erhaltene christliche Bauwerk der Schweiz.
Gleichseitiger Grundriss (quadratisch oder achteckig), Übergang zu einem annähernd kreisförmigen Dach oder einer Kuppel, geostete Apsis: das klassische Grundmuster hatte rund 1000 Jahre Bestand.
Zu einem Baptisterium gehört zwingend eine Basilika. Doch die Kirche San Vitale daneben wurde gemäss Tafel an der Aussenwand 1756 und 1759 gebaut. Das konnte irgendwie nicht stimmen, Lage, Grundriss und Apsis passten nicht ins 18. Jahrhundert. Erst der Internet-Text stellt richtig, dass es ein Neubau auf dem alten Grundriss ist.
Für Zwinglianer (Täufer-Streit) müsste so ein Baptisterium ein Stein des Anstosses sein: In einem Baptisterium wurden Erwachsene durch Eintauchen getauft - genau so wie es die Täufer wollten und darum in der Limmat ersäuft wurden.
Mein weiterer Weg führte durch hübsche Gässchen zur imposanten Kirche Santa Croce. Santa Croce wurde 1580−1594 gebaut und ist, na ja, sehr barock. Die gewaltige, mit Kupfer verkleidete Kuppel ist von weitem zu sehen.
Beim Wasserreservoir (P. 361) habe ich den markierten Weg verlassen und bin nach links Richtung Albio aufgestiegen. Das ist äusserst attraktiv - ein lichter, standortgemässer Buchen-Kastanien-Mischwald mit etwas Hartlaub im Unterholz. - Der Weg ist nicht markiert, aber in perfektem Zustand.
Albio, vermutlich einmal ein stolzes Anwesen, ist jetzt nur noch eine vergammelnde Ruine.
Bei Pissarda kam ich in den markierten Weg, der dort den Anriss der Cum(a)vall-Schlucht quert. Hier oben dominiert jetzt Kalk, während ich weiter unten nicht nur Gneis und Granit, sondern auch Lava-Gestein gesehen und aufgelesen habe.
Nach einer weiteren Stufe (Pozzo = Quelle?) kommt man auf den Südgrat des Monte San Giorgio, hier eher ein Süd-Buckel. Dem man bis zum Gipfel folgt.
Der Weg nach Meride hinunter ist eher lang(weilig), aber eindrücklich: Er ist durchgehend mit plattigen Steinen gepflästert. Es müssen Hunderttausende sein.
Vor dem Dorf kommt man an der Kirche San Silvestro vorbei. Von der Lage her würde ich annehmen, dass das ursprünglich eine Klause war.
Im Dorf selber ich mir etwas unglaublich Peinliches passiert. Natürlich war der Plan, die Ausstellung im neuen Fossilienmuseum von Meride zu besichtigen. Das alte hatten Irène und ich vor vielen Jahren schon einmal besucht.
Ich wanderte also durch die schmale "Hauptstrasse" und erwartete, auf einen spektakulären Botta-Bau zu stossen. Oder mindestens auf einen Wegweiser dorthin. Doch irgendwann war ich bei der Wanderwegverzweigung ausserhalb des Dorfes und hatte weder eine Ahnung, wo der Bau steht noch von wo der Bus fährt. Ganz offensichtlich geht man davon aus, dass Besucher mit dem Auto kommen. Mit Wanderern, die "von oben" kommen, hat hier anscheinend niemand gerechnet.
Übrigens: Ich hätte noch so gerne gefragt. Doch das Dorf wirkte so ausgestorben, als wäre es in einer Zeitschleife gefangen.
So hatte ich weder den Bus noch das Museum gefunden und musste unbefriedigt nach Mendrisio hinunter wandern.
Dort wurde der Talboden derart umgenutzt, dass die Wanderweg-Wegweiser irgendwo einfach aufhörten: Ich landete auf dem Bahnhof Mendrisio-San-Martino, umgeben von gewaltigen Shopping-Malls und Firmensitzen. Für die dieser Bahnhof im Nirgendwo gebaut wurde.
Der südlichste Punkt der Schweiz
Nach Chiasso hatte ich prompt den falschen Zug erwischt, nämlich jenen, der keinen Anschluss nach Pedrinate hat. Statt auf den Bus zu warten, konnte ich auch zu Fuss gehen.
So stieg ich den Hang hoch, was noch attraktiv wäre. Nur hat der Wegweiser-Verantwortliche eine neue Signalisationsmethode erfunden: Auf den Wegweisern ist konsequent das Fernziel nicht angegeben, nur lokale Verzweigungen. Hingegen hat es an den Stangen jeweils ein Schild mit dem allgemeinen Wander-Symbol. Folgt man diesem, ist man richtig - man muss nur erst darauf kommen.
Das Dorfzentrum besteht aus einem Verkehrskreisel. Kurz vor diesem steht auf einem Wegweiser "Via Punto estremo sud della Svizzera". Und auf allen folgenden ebenfalls - das ist wirklich perfekt signalisiert.
Es geht einiges hinauf und hinab, insgesamt sind es vielleicht 3 km zum Grenzstein 75B und dem dazugehörigen "Denkmal". Anschliessend weiter nach Westen gehend, kommt man zu einem Weinberg. Ab hier - siehe oben - hilft die Orientierung nach der Sonne mehr als die Wegweiser, auf denen alles steht ausser Pedrinate. Man geht sinngemäss nach Norden und stösst schliesslich am Rand des Dorfes auf die Strasse.
Hier hatte ich wieder die Wahl zu warten oder zu gehen. Nur ist Warten in einem Dorf, das nur aus Strasse besteht, begrenzt reizvoll.
Also hinunter nach Chiasso. Wo das Chaos im Bahnhof, der eigentlich eher eine riesige Baustelle ist, noch durch den Bahnstreik in Italien abgerundet wurde.
Tourengänger:
PStraub
Communities: UNESCO-Welterbe
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