Vom Jochpass zum Rotsandnollen 2700m


Publiziert von Bergamotte , 18. Oktober 2017 um 19:29.

Region: Welt » Schweiz » Obwalden
Tour Datum:14 Oktober 2017
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K3 (ZS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Östliche Melchtaler Alpen   CH-BE   CH-NW   CH-OW 
Zeitbedarf: 5:15
Aufstieg: 1200 m
Abstieg: 1480 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Jochpass
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Engstlensee
Kartennummer:1190 Melchtal / 1210 Innertkirchen

Etwas Wehmut liegt in der Luft, denn ich begehe an diesem prächtigen Samstag die letzten mir noch unbekannten Gipfel rund ums Melchtal. Die Gegend ist mir in den letzten zwei Jahren richtig ans Herz gewachsen. Denn vor allem auf der wilden Ostseite findet sich eine ganze Reihe anspruchsvoller, wenig begangener Gipfel wie zum Beispiel der Huetstock oder das Hanghorn. Heute widme ich mich der Fortsetzung dieser Kette Richtung Jochpass. Grössere Bekanntheit auf diesem Abschnitt geniessen vor allem der Graustock (dank Klettersteig) sowie der Rotsandnollen (als Skitour), dazwischen hat man meist seine Ruhe.

Dank dem hohen Ausgangspunkt Jochpass (2207m) halten sich die Höhenmeter in Grenzen. Dennoch sollte man genügend Zeit einrechnen für meine Variante, denn das ständige Auf und Ab im wilden Karstgelände verhindert ein zügiges Vorankommen. Etwas ärgerlich deshalb der späte Start um 9:20. Früher geht nicht, weil der Sessellift ab Trübsee nicht vor neun Uhr fährt. Alternativ könnte man früh mit dem PW zur Engstlenalp hochfahren oder einzelne Gipfel wie zum Beispiel den Gwärtler oder das Henglihorn weglassen.

Ich setze mich an die Spitze der zahlreichen Klettersteig-Fans, denn Warten beim Einstieg behagt mir nicht. Der Zustieg folgt fast durchgehend dem Kamm, man lasse sich nicht durch den wbw-Wanderweg nach Westen ziehen. Den Aufstieg zum Schafberg absolviere ich noch ungesichert den Drahtseilen entlang, da erreicht man höchstens eine T5-. Am Pfeiler des Graustock Wintergipfels möchte man aber definitiv nicht drauf verzichten: Das ist ein äusserst luftiger Steig mit überhängenden Stellen. Persönlich bin ich ja kein Fan von solchem "Erlebnisalpinismus". Er dient mir höchstens als Mittel zum Zweck, denn die Umgehung über den Wanderweg hätte mit 250Hm extra zu Buche geschlagen. Mitten im Steig bestätigt sich meine Abneigung erneut, als von hinten ein Quengler aufschliesst und sich an den blödsten Stellen in die gleichen Seilabschnitte einklinkt... Eine Ermahnung hat dann geholfen.

Oben dann Wegspuren folgend zum Gipfelaufschwung am Graustock (2662m), der durchgehend mit Drahtseilen versichert ist. Dank diesen braucht sich der trittsichere Alpinwanderer nicht mehr zwingend einzuklinken, aber das muss jeder selbst wissen. Ich pausiere kurz und studiere den weiteren Tourenverlauf. Im Südwesten glänzen die Berner Hochalpen in der Morgensonne. Ein Abstieg über die steile Nordflanke wäre prinzipiell möglich, aber heute liegt Schnee drin und ich möchte ohnehin zuerst beim Gwärtler vorbei. Deshalb halte ich mich an den alten Normalweg über den Südwestrücken.

Der kecke Gwärtler (2421m) wirkt von allen Seiten abweisend und lässt sich am besten über die Südostflanke erklimmen, und zwar unweit der Ostkante. Dort kommt man mit einer T5 geradeso durch, andere Varianten (eine habe ich im Abstieg probiert) sind schwieriger. Weglos quere ich anschliessend Richtung Fikenloch (2406m), welches ich bereits von einer *Skitour kenne. Das ist vergnügliche Hüpferei über Karren, wobei bei Schneeresten wie heute etwas Vorsicht angebracht ist. Der folgende Aufstieg zum Schwarzhorn (2638m) bewegt sich grösstenteil im Bereich T4-T5. Einen Grataufschwung probiere ich mehrmals zu erklettern, breche aber ab, der abwärts geschichtete Fels ist mir zu heikel. Die Stelle kann linksseitig über Schrofen umgangen werden (ca. T5+).

Von hier liegt die heutige Knacknuss, das Henglihorn (2627m), keine zehn Minuten entfernt. Die kurze Normalroute aufs formschöne Felsriff führt direkt über die Nordostkante. Die Schlüsselstelle bildet ein kurzer Aufschwung, der erklettert wird (II) und bauchig ausläuft. Anschliessend etwas einfacher durch den Kamin aufs längliche Gipfelplateau hoch, das ist vor Ort alles offensichtlich. Wie in früheren Berichten erwähnt ist die Schlüsselstelle im Abstieg heikel, weil man beim "Bauch" mit den Händen kaum Halt bekommt. Heute kommt erschwerend Schnee dazu. Dank dem Hinweis von KraxelDani hatte ich glücklicherweise meine Reepschnur dabei (mind. 9m) und konnte mich so sicher ablassen (Haken vorhanden). Sonst hätte ich den Gipfel vermutlich ausgelassen.

Den "Wild Geissberg" (P. 2654) erreiche ich anschliessend in einer Viertelstunde durch Querung eines Schuttkessels und leichter Kraxelei über schroffe Karren. Nun folgt man am besten in etwa dem Gratverlauf bis zum Sattel P. 2598, das ist Gehgelände. Vor der Südwand des Rotsandnollen (2700m) stehend ist es offensichtlich, dass nach links (Westen) ausgewichen werden muss. Man bleibe zunächst in Wandnähe, um den gröbsten Schutt zu umgehen. Dann Querung nach Norden zum Gratrücken, wo der Normalweg vom Tannenrotisand hochführt. Auf dem Gipfel geniesst man einen tollen Rundumblick, sei es runter nach Engelberg, in die Berner Alpen oder zu den benachbarten Barglen, Huetstock oder Hanghorn. Letzteres wird soeben über den Südgrat begangen. Das ist anspruchsvoll und wird kaum gemacht; für weitere Infos konsultiere man Tobis zwei Monstertouren.

Nach einer guten Stunde Mittagsrast geht's an den weitläufigen, wenig spannenden Rückweg. Hierfür ziehe ich von Tannenrotisand (2523m) weglos und ziemlich direkt zum Vogelbüel, wo ich wieder auf den Wanderweg treffe. Für den (vermeintlich) effizienten Abstieg zur Engstlenalp (1835m) folge ich dem aufgegebenen Pfad durchs Jäntt (bis 2009 auf der LK). Das kann ich so nicht weiterempfehlen. Die Spuren sind kaum mehr ersichtlich und ohne GPS hätte ich sie zweifellos verloren.


Zeiten
1:15  Graustock
0:30  Gwärtler
1:00  Schwarzhorn
1:00  Rotsandnollen
1:30  Stn. Engstlensee

Tourengänger: Bergamotte


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Kommentare (3)


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Tobi hat gesagt: Ach du Glücklicher
Gesendet am 19. Oktober 2017 um 20:16
Freu dich, du darfst nochmals ins Melchtal. Das Hüenderbergli fehlt dir Gipfelsammler noch :-)

Gruss Tobi

Bergamotte hat gesagt: RE:Ach du Glücklicher
Gesendet am 20. Oktober 2017 um 09:44
Ich denke, da lassen sich noch zwei, drei andere Gründe finden... am liebsten im Winter. Aber das Hüenderbergli ist mir vermutlich eine Schuhnummer zu gross.

Minkipunk hat gesagt:
Gesendet am 8. August 2020 um 20:58
Danke für dein Tipp :) Habe es heute in abgewandelter Weise, mit ein paar mehr Klettersteilen (den Rotsandnollen kann man sehr ausgesetzt aber im IIIer Bereich erklimmen auf seiner Ostseite) gemacht. Bin bis zum Huetstock gekommen. Dann habe ich mir mein Fussgelenk verstaucht und musste ein wenig mühsam runter.


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