Rustikal-Tour am Schinder: Öderberg (1267 m), Pfaffenkopf (1620 m) und Rotkogel (1687 m).


Publiziert von Vielhygler , 2. Oktober 2018 um 23:26.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Bayrische Voralpen
Tour Datum:25 September 2018
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 1000 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Die Mautstraße von Enterrottach in Richtung Valepp kostet € 5, Parken dafür überall frei. Der P. "Bernau" befindet sich zwischen der Ankerstube und der Zwieselstube dort, wo Anker- und Bernauerbach zur Weißen Valepp zusammenfließen. Zur Orientierung: etwas westlich vom Bernau-P. befindet sich die Valepp-Alm
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Unterkunftmöglichkeiten:keine
Kartennummer:DAV BY 15 Mangfallgebirge Mitte

Heute soll es auf den Rotkogel (1687 m), einen wirklich einsamen, aber imposanten Felsklotz im Schindergebiet der Bayerischen Voralpen, gehen. Endlich, denn der Rotkogel ist mir bisher irgendwie immer ausgekommen- oder ich ihm? Logischer Ausgangspunkt zum Rotkogel ist der vorgelagerte, freisichtige Pfaffenkopf (1620 m), auf den verschiedene Anstiege möglich sind.
 
Pfaffenkopf (1620 m) via Öderberg (1267 m)?
 
Vor vielen Jahren sind die Vielhyglerin und ich weglos direkt auf dem Nordostgrat über den blickdichten Schlagkopf hinweg auf den schönen Pfaffenkopf gegangen. Die Hikr-Kollegen Kardirk, Trainman, Sven86 und erst letztes Jahr Maxl haben besagten Nordostgrat alternativ über die Schlagalm mit anschließenden Pfadspuren angesteuert.
Aber es gibt vielleicht noch weitere, lohnende Möglichkeiten? Ich denke schon, denn zumindest auf der Karte sieht der Pfaffenkopf- Nordanstieg über den Öderberg (1267 m) oberhalb der freien Kogeltalalm sehr vielversprechend aus und so will ich es heute auch probieren. Vom Pfaffenkopf soll es dann weitergehen: auf den...
 
...Rotkogel (1687 m), ...



...der fürwahr ein beeindruckender Felsklotz! ist  Das Bild zeigt ihn vom *Trausnitzeck aus, das ihm direkt gegenübersteht.
Der Rotkogel (via Schinderkar) wurde im Juni 2013 *als Hikr-Erstbegehung von Trainman in' s Netz gehievt und nur eine Woche darauf ist Kardirk schon darauf angesprungen und hat eine ganz andere, lange *Schinderrunde gepostet, unter anderem mit dem Übergang vom Pfaffenkopf zum Rotkogel. Somit weiß ich auf diesem Abschnitt schon in etwa, was mich erwartet. Ich bin gespannt auf die heutige Tour!

Der Tourentag: vom P. weglos auf den Öderberg

Am Bernau-P. (siehe Anfahrt) ist alles mögliche beschildert, u.a. Valepp, Suttengebiet usw... aber merkwürdigerweise nicht der Risserkogel, dabei nimmt hier am Bernauerbach ein Normalanstieg auf ihn seinen Ausgang. Bin ich überhaupt am richtigen P.? Erst als ich durch den wabernden Morgennebel die Valepp-Alm erspähe, bin ich mir sicher.
Kalt ist es plötzlich in diesem frühen Herbst geworden, gerade einmal 2° zeigt das Thermometer an. In voller Wintermontur stapfe ich noch vor der Valepp-Alm über die Bernauerbach-Brücke und nehme sofort nach ihrer Überquerung den Öderberg (1267 m) in Angriff. Der weglose Anstieg zu ihm erweist sich gleich zu Beginn der Tour als Glücksgriff! Es geht in südlicher Richtung über freie, aussichtsreiche Almwiesen, die zunächst durch Tiertritte und dann durch die Anpflanzungsarbeiten einer Fichtenschonung gut gestuft sind, steil aufwärts und anschließend erweist sich auch der weniger steile Bergwald als landschaftlich besonders schön und bis zum Öderberg-Gipfel hinauf als wunderbar gleichmäßig steigbar. 

Vom Öderberg (1267 m) weglos zum Pfaffenkopf (1619 m)

Den Öderberg (1267 m) fand ich wirklich lohnend: kein Wunder, steht er doch - auf seiner westlichen Seite ganz unbewaldet - fast 150 Hm über den Wiesen der Kogeltalalm. Als "Gipfelzeichen" waren am Öderberg die Stempen eines Stacheldrahtzauns, ein Grenzstein und (saisonal) eine ganze Fliegenpilzfamilie vorhanden. Außerdem sind ja auch schöne Ausblicke obligatorischer Standard eines jeden Almgipfels: auch in dieser Hinsicht läßt sich der Öderberg nicht lumpen, unter anderem kann ich auch schon mein nächstes Ziel, die schöne Gipfelpyramide des Pfaffenkopfs in Augenschein nehmen.
Nach einer frostigen Gipfelrast wird es auf dem Weiterweg etwas diffus, denn nach ein paar Schritten bergab nach Süden flacht das Gelände unübersichtlich aus. Ich folge zunächst einfach weiter den Zaunpfosten und zerstreuten Gebietsgrenzzeichen (weiß beringten Bäumen) nach Süden. Als der Zaun nach Westen zu den Wiesen der Kogeltalalm abknickt und sich auch die Grenzzeichen verlieren, überquere ich eine Pfadspur und marschiere dann auf' s Geratewohl in südlicher Richtung solange auf den Pfaffenkopf zu, bis das Gelände wieder steiler wird und ich im lichter werdenden Wald - zum ersten Mal seit dem Öderberg - seinen Gipfel sehen kann. Ich schaue natürlich auch auf die Karte: Ich müßte mich jetzt auf dem breiten Nordgrat des Pfaffenkopfs befinden, genauer gesagt etwas westlich und oberhalb des in der AV-Karte blau verzeichneten P. 1174. Mein Standort sollte sich also genau zwischen zwei Bachrinnen befinden. Ich mache sofort den Test. Die östliche Rinne, die der obere Öderberggraben sein sollte, ist tatsächlich, wie auf der Karte verzeichnet, sehr tief und die Rinne auf der anderen, westlichen Gratseite ist wirklich, wie erwartet, weniger tief und deutlich breiter. Alles klar soweit. Doch wie soll es weitergehen?
Klar ist, daß der Nordgrat keine gute, weglose Anstiegsoption auf den Pfaffenkopf ist, da er weiter oben sehr steil wäre und kurz vor dem Gipfel große Felsen den Grat sperren. Auf der Karte und in der Wirklichkeit schaut der Nordwestgrat des Pfaffenkopfs viel besser aus. Genau, als ich überlege, wo ich den westlichen Graben am besten dorthin überqueren kann, sehe ich auch schon einen Wildwechsel, der mich mit wenigen, einfachen Schritten hinüberbringt.
Der folgende Nordwestgrat - Anstieg auf den Pfaffenkopf war dann ein reiner Genuß. immer bessere Aussichten, licht stehende Bäume, federndes Gras, besser geht' s weglos eigentlich kaum. Erst ganz oben zwänge ich mich durch ein paar wenige Latschen...und stehe etwas überraschend schon auf dem Gipfel des Pfaffenkopfs.

Der Pfaffenkopf (1619 m)

Mir gefällt ja leicht was, aber der weit vom Schinder nach Norden vorgeschobene Pfaffenkopf ist einfach...klasse! Er hätte mit seinen wunderbaren Aussichten gewiss ein Gipfelkreuz und mehr Besuch verdient, doch am Gipfel steht nur ein Grenzstein und die wenigen Einträge in ein kleines Heft, das in einer blechernen, an einer niedrigen Stange befestigten, Schatulle untergebracht ist, weisen den Pfaffenkopf als eher stilles Ziel aus.
Ich genieße den Aufenthalt am Pfaffenkopf sehr, zumal es inzwischen sogar warm und sonnig geworden ist! Das Gras am Gipfel ist vollkommen trocken, ich kann endlich Mütze, Handschuhe und Anorak ausziehen, mich bequem hinlegen, etwas essen, trinken und eine Zigarette rauchen. Natürlich bin ich, wie so oft, auch hier am Pfaffenkopf vollkommen alleine (ich vergesse nur in den Berichten regelmäßig, dies zu erwähnen, weil ich auf den meisten meiner Touren fast nie irgendwelchen anderen Wanderern begegne).
Gemütlich am Pfaffenkopf in die Sonne blinzelnd kann ich auch mein nächstes Ziel, den Rotkogel schon sehen und ich mache mich nach meiner Mittagspause auf den Weg. Die weglosen 100 Hm in sanftem Gras hinab zum trennenden Sattel (1512 m) bringe ich schnell hinter mich und direkt gegenüber kann ich auch schon schwache Trittspuren in Latschengassen hinein sehen...

Der weglose Übergang zum Rotkogel

Für den  Übergang vom Pfaffenkopf zum Rotkogel verweise ich natürlich auf den Erstbericht von kardirk, schließlich ist Kardirk in verlatschtem Felsgelände eine echte Koryphäe. Er bewertet (im Text) den Übergang mit T4+. Ich persönlich fand eine Passage etwa auf halbem Weg allerdings etwas schwieriger (m.E. T5). Hier wird der Wanderer von vielen Gratlatschen auf die schrofige, etwas trittarme Ostseite abgedrängt und einige Schritte sind über steilsten Rinnen heikel.
Die Bedingungen freilich waren heute für diesen Übergang auch nicht gut. War es auf dem freien Pfaffenkopfbuckel noch strohtrocken, so war den Grat zum Rotkogel hinauf alles patschnass: das schlaffe Herbstgras schmierig, die Trittäste und -Wurzeln seifig, die Erde schlammig, die grasigen Schrofentritte unzuverlässig weich - mit einem Wort: "bei Nässe unangenehm", das wirkt sich nicht nur in den steilen, durchlatschten Abschnittten, sondern auch in den heikleren, schrofigen Querungspassagen erschwerend aus.
An wenigen Stellen muß man also schon besonders gut aufpassen, der sonstige Gratübergang findet allerdings statt in Felsen oder Schrofen meistens inmitten der Latschen statt: sausteil, in schmalsten Gassen bei Nässe auch rutschig, zeitraubend und mühsam, aber auch ziemlich sicher, denn man kann sich an den sperrigen Biestern ja auch immer gut festhalten!

Ein gut ausgeprägtes, wegloses Findungsgespür und Erfahrung in  solchem Gelände sind auf dem Übergang zum  Rotkogel auf jeden Fall obligatorisch (siehe Rückweg!)

Der Rotkogel (1687 m)

So wie der weit vom Schindergebiet nach Norden vorgeschobene, gemütliche Pfaffenkopf von seinen Aussichten lebt, so lebt der schroffe Rotkogel von seiner Stimmung. So ein anmutiges, schmales Holzkreuz! Und der daran klappernde Buchkasten mit dem netten Gipfelheft. Ich verzeichne im Herbst 2018 den 17. Eintrag - seit 2014. Kein Wunder, daß ich heute nach dem Pfaffenkopf auch diesen Gipfel für mich alleine habe. Ein Snack, ein paar Fotos und dann mache ich mich wieder auf den Weg.

Abstieg und Ausklang

Für den Übergang zum Bayerischen Schinder ist es heute schon zu spät, finde ich; ich kenne den Bayernschinder schon und mich reizt auch der Abstieg durch' s Schinderkar nicht: er ist im oberen Teil durchaus reizvoll, aber die von M. Pause in seinen "Münchener Hausbergen" gepriesene Schutt-"Abfahrt" im Schinderkar habe ich ausprobiert: sie war leider fernab des erwarteten feinkörnigen Surfvergnügens nur ein schrittbremsfreudiger Grobkornflopper!

Ich beschließe also am Rotkogel die (vermeintlich) schnellste Abstiegsvariante: runter zum Sattel, wieder rauf  zum Pfaffenkopf und von dort über den Schlagkopf  hinweg weglos hinaus zur Valeppstraße. Dann von der Blauwandhütte zum P. Bernau zurücktrampen. Trampen, das geht in der Valepp immer.

Schnell ging es dann allerdings doch nicht: ich fand zu meiner Überraschung schon den Wiederabstieg vom Rotkogel zum Sattel etwas unübersichtlicher als den vorherigen Anstieg vom Sattel auf ihn. Rechts? Links? Hier muß man wirklich ganz genau schauen, denn es gibt auf beiden Seiten jähe Abgründe unterhalb dieses Grats.

Vom Sattel ging es dann erst, wie geplant, noch einmal auf den Pfaffenkopf. Ich bin von ihm dann in Richtung Schlagkopf absteigend aber gleich etwas leichtsinnig einigen Latschen nach links (Norden) ausgewichen und in steile Rinnen und...noch mehr Latschen geraten, ein Verhauer folgte dem anderen: es hat dann samt eines Wiederaufstiegs zum Schlagkopf bis zur Schlagalm noch gedauert!
Selber schuld, ich hätte einfach meinen Anstiegsweg über den Nordwestgrat und den Öderberg zurückgehen sollen! Mei, Schwamm drüber, schön war' s ja trotzdem!

Fazit:

Der Nordanstieg über den Öderberg auf den Pfaffenkopf? Sehr empfehlenswert, ich finde: der schönste, latschenfreieste Anstieg! Nicht schwierig zu finden. Würde ich jederzeit wieder so hinauf- und hinuntergehen!
Vom Pfaffenkopf zum Rotkogel? Stellenweise heikel. Im Anstieg ist die "Ideallinie" besser zu finden als im Abstieg.
Die Gipfel: Pfaffenkopf und Rotkogel? Die Ausblicke des weit in den Norden des Schindergebiets vorgeschobenen Pfaffenkopfs sind wirklich ausgezeichnet! Der fast immer einsame Rotkogel dagegen ist ein vorwiegend durch seine Athmosphäre bestimmtes, felsiges Seelenziel.   

Tourengänger: Vielhygler


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Kommentare (2)


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trainman hat gesagt:
Gesendet am 3. Oktober 2018 um 00:08
Schöne Tour, gratuliere!
Grüsse
trainman

Vielhygler hat gesagt: Danke!
Gesendet am 3. Oktober 2018 um 12:14
Es war wirklich ein besonders schöner Tag da oben!

Wenn man bedenkt: so nahe am Tegernsee und man hört kein Auto, begegnet den ganzen Tag keiner Menschenseele, nur die Hirsche röhren...

VG Andreas


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