Über den Ostgrat auf die Gehrenspitze
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Die Gehrenspitze ist einer der Hauptgipfel der schönen Tannheimer Gruppe und deren östlicher Eckpfeiler. Die Besteigung über den Ostgrat mag ein Geheimtipp gewesen sein und wird nach wir vor nicht täglich gemacht, ist jedoch schon mehrfach behikrt und von unseren Autorenkollegen bestens beschrieben. Unser Beitrag ist daher in erster Linie ein aktueller und subjektiver Besteigungsbericht.
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Zunächst einige Worte zur Schwierigkeit:
Wängle - Feuerkopf: unten T1-2, ab der Kostarieskapelle T3 im steilen Wald
Feuerkopf - Turajöchle: bis T4-
Turajöchle - Scharte vor der Blachenspitze: bis T5
Überschreitung der Blachenspitze: T6, im stellenweise mehr als 60° steilen Gras (Crux, wenige Meter), sowie II im Abklettern eines Gratturms nach der Blachenspitze
Kleine Gehrenspitze: T5
Übergang zur Gehrenspitze: T5+ im Abstieg von der Kleinen Gehrenspitze oder II+ am Grat
Abstieg von der Gehrenspitze: T4+
Rückweg vom Gehrenjoch: T2
Gehzeiten netto:
Wängle-Kostarieskapelle: 35 min
Kostarieskapelle-Feuerkopf: 45 min
Feuerkopf-Turajöchle: 45 min
Turajöchle-Blachenspitze: 35 min
Blachenspitze-Kleine Gehrenspitze: 30 min
Kleine Gehrenspitze-Gehrenspitze: 20 min
Gehrenspitze-Gehrenalm: 1 Std
Gehrenalm-Wängle: 1 Std 10 min
Wir sind uns bewusst, dass die Meinungen über die Schwierigkeitsbewertung an der Blachenspitze auseinandergehen und wir sicherlich nicht die leichteste Route getroffen haben. Dennoch möchten wir hiermit dringend davon abraten, aufgrund von T4-Bewertungen in diese Route einzusteigen, sofern man nicht ohne mit der Wimper zu zucken einem amtlichen T6er gewachsen ist. Die Rückzugsmöglichkeiten sind stark eingeschränkt und eine kleine Nachlässigkeit zwischen Turajöchle und Gehrenjoch bedeutet unweigerlich einen längeren Flug!
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Wir beginnen die Tour am frühen Morgen in Wängle. Da für den Nachmittag Schauer angesagt sind, legen wir uns nicht zu sehr auf die faule Haut sondern marschieren am neuen Häuserkomplex vorbei wenige Meter auf der Fahrstraße, dann über eine Weglospassage in Wiese und Wald, zuletzt über einen schönen Wanderpfad hinauf zur kleinen Kostarieskapelle.
Die Bänke nutzen wir nur für eine kurze Rast und machen uns gleich an den Weiterweg. Dieser beginnt unmittelbar rechts der Kapelle und führt auf ordentlichen Pfadspuren immer nahe des sich mehr und mehr ausprägenden Ostgratrückens stellenweise steil im Wald bergan. An der Pausenbank auf dem Feuerkopf genießen wir die Aussicht über das Reuttener Becken und zu den Lechtalern, wirklich ein Prachtplatzl. Der Feuerkopf kann auch von Gelegenheitswanderern aufgesucht werden, da er sich wenige Meter abseits der Fahrstraße befindet, welche sich hier letztmalig als Notausstieg dem Ostgrat nähert.
Ab jetzt heißt's Anschnallen und Ohren anlegen. Quasi zum Warmup verwöhnt uns der Berg mit einer bewährten Abschreckmethode: Latschenkiefern, die sich im Schlussaufstieg zum Turajöchle an den Berg schmiegen und uns von seiner Besteigung abhalten wollen. Unsere Nerven haben sie auch getestet und uns einen kurzzeitigen, jedoch überflüssigen Verhauer beschert. Ca. 100Hm unter dem Gipfel hält man sich besser rechts und stellt sich damit schlauer an als wir. Ist dieses Hindernis genommen sind nur noch wenige unschwierige Schritte zur orangenen Markierungsstange, die übrigens vom Parkplatz aus sichtbar ist, zu meistern. Auch auf dem Turajöchle bedürfen die Getränkespeicher dringend einer Tankfüllung. Einem Ostgrat üblich, laufen wir schließlich seit längerem in der Sonne, heute mit schweißtreibendem Nebeneffekt.
Wir nähern uns der Crux. Bevor die Überschreitung der Blachenspitze auf dem Stundenplan steht wird jedoch der große Gratturm umgangen, der vom Turajöchle einem eigenständigen Gipfel gleicht. Trotzdem sollte man besser nicht versuchen, diesen zu überklettern, da hier größere technische Schwierigkeiten lauern würden. Am einfachsten geht’s im Süden, also links dran vorbei. In der Querung ist Trittsicherheit auf mergligem Untergrund unerlässlich, wenngleich sich die Steilheit hier noch in Grenzen hält. Nach dem Turm streben wir der auffälligen Scharte zu und erreichen diese ohne Probleme im gut gestuften Steilgras. Jenseitig leiten Trittspuren in die Flanke. Wir verfolgen die Tritte und halten uns rasch nach links in Richtung der Gipfelpyramide. Schnell finden wir uns im anspruchsvollen Gelände wieder. Die Wiese steilt einige Meter über 60° auf, möglicherweise geht es weiter rechts tatsächlich einfacher. Unsere Route verlangt jedoch herzhaftes Zupacken im noch lausigen Gras, bzw. einen Eiertanz auf mehr oder weniger festen Moospolstern. Im Nachhinein sind wir uns einig, dass hier eindeutig die Schlüsselstelle vorliegt, nicht etwa im Abstieg von der Kleinen Gehrenspitze. Nun denn, wir lassen das Adrenalin sich setzen, nicht jedoch ohne die Entwicklung der Wolken kritisch zu prüfen, die sich langsam aber sicher unmissverständlich im Westen aufbauen.
Wir wissen was das heißt und nehmen den nun schönen und oft ausgesetzten Grasgrat in Angriff. Auch hier lauert noch eine unangenehme Stelle: Der Abstieg von einem Gratzacken. Wir überwinden das Hindernis direkt und Klettern die 3m hohe Stufe im II. Grad ab. Dass man dabei unvermittelt „ins Loch“ guckt (auf die Südseite), ruft bei mir nicht gerade Glücksgefühle hervor. Evtl. ist hier eine Umgehung in der Nordflanke möglich, in einigen Berichten ist von einer ausgesetzten Querung die Rede, das könnte hier der Fall sein. Der Schlussaufstieg zur Kleinen Gehrenspitze ist dann wieder Formsache.
Gipfelpause: Nochmal kurz, jetzt soll ja die bekannte Schlüsselpassage kommen. Während sich Ulf am Grat austobt (Stellen II+, teils sehr ausgesetzt, kurz Reitgrat) gönne ich mir die Rinne. OK, es geht ordentlich abwärts, aber die deutlichen Tritte sind trotz Restnässe keine große Schwierigkeit. Auf dem quer verlaufenden Grassims ist noch mal Vorsicht geboten, trotzdem kostet es viel weniger Überwindung als gedacht. Erleichterung macht sich breit und das Steigen wird wieder zum Genuss. Auch das Wetter hat gehalten und wir freuen uns am Gipfelkreuz der Gehrenspitze, diesen stolzen Berg über einen schönen Grat bestiegen zu haben.
Der Abstieg über den Normalweg läuft dann wie am Schnürchen, ist aber bekanntermaßen nicht zu unterschätzen. Im bröseligen Fels ist stets mit Steinschlag zu rechnen (Helm!) und ausgesetzt isses zudem. Auch in der Rinne muss jeder Schritt sitzen, sonst kann es für andere Wanderer schmerzhaft werden. Erst am Gehrenjoch darf sich größere Entspannung breit machen. Wir genießen noch eine ausgedehnte Rast auf der Gehrenalpe, der Wirt schmeißt ne Runde Schnaps, dazu ein Radler… Bergsteigerherz was willst du mehr… Alles in allem eine herrliche Rundtour, für die wir 5* vergeben!
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Zunächst einige Worte zur Schwierigkeit:
Wängle - Feuerkopf: unten T1-2, ab der Kostarieskapelle T3 im steilen Wald
Feuerkopf - Turajöchle: bis T4-
Turajöchle - Scharte vor der Blachenspitze: bis T5
Überschreitung der Blachenspitze: T6, im stellenweise mehr als 60° steilen Gras (Crux, wenige Meter), sowie II im Abklettern eines Gratturms nach der Blachenspitze
Kleine Gehrenspitze: T5
Übergang zur Gehrenspitze: T5+ im Abstieg von der Kleinen Gehrenspitze oder II+ am Grat
Abstieg von der Gehrenspitze: T4+
Rückweg vom Gehrenjoch: T2
Gehzeiten netto:
Wängle-Kostarieskapelle: 35 min
Kostarieskapelle-Feuerkopf: 45 min
Feuerkopf-Turajöchle: 45 min
Turajöchle-Blachenspitze: 35 min
Blachenspitze-Kleine Gehrenspitze: 30 min
Kleine Gehrenspitze-Gehrenspitze: 20 min
Gehrenspitze-Gehrenalm: 1 Std
Gehrenalm-Wängle: 1 Std 10 min
Wir sind uns bewusst, dass die Meinungen über die Schwierigkeitsbewertung an der Blachenspitze auseinandergehen und wir sicherlich nicht die leichteste Route getroffen haben. Dennoch möchten wir hiermit dringend davon abraten, aufgrund von T4-Bewertungen in diese Route einzusteigen, sofern man nicht ohne mit der Wimper zu zucken einem amtlichen T6er gewachsen ist. Die Rückzugsmöglichkeiten sind stark eingeschränkt und eine kleine Nachlässigkeit zwischen Turajöchle und Gehrenjoch bedeutet unweigerlich einen längeren Flug!
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Wir beginnen die Tour am frühen Morgen in Wängle. Da für den Nachmittag Schauer angesagt sind, legen wir uns nicht zu sehr auf die faule Haut sondern marschieren am neuen Häuserkomplex vorbei wenige Meter auf der Fahrstraße, dann über eine Weglospassage in Wiese und Wald, zuletzt über einen schönen Wanderpfad hinauf zur kleinen Kostarieskapelle.
Die Bänke nutzen wir nur für eine kurze Rast und machen uns gleich an den Weiterweg. Dieser beginnt unmittelbar rechts der Kapelle und führt auf ordentlichen Pfadspuren immer nahe des sich mehr und mehr ausprägenden Ostgratrückens stellenweise steil im Wald bergan. An der Pausenbank auf dem Feuerkopf genießen wir die Aussicht über das Reuttener Becken und zu den Lechtalern, wirklich ein Prachtplatzl. Der Feuerkopf kann auch von Gelegenheitswanderern aufgesucht werden, da er sich wenige Meter abseits der Fahrstraße befindet, welche sich hier letztmalig als Notausstieg dem Ostgrat nähert.
Ab jetzt heißt's Anschnallen und Ohren anlegen. Quasi zum Warmup verwöhnt uns der Berg mit einer bewährten Abschreckmethode: Latschenkiefern, die sich im Schlussaufstieg zum Turajöchle an den Berg schmiegen und uns von seiner Besteigung abhalten wollen. Unsere Nerven haben sie auch getestet und uns einen kurzzeitigen, jedoch überflüssigen Verhauer beschert. Ca. 100Hm unter dem Gipfel hält man sich besser rechts und stellt sich damit schlauer an als wir. Ist dieses Hindernis genommen sind nur noch wenige unschwierige Schritte zur orangenen Markierungsstange, die übrigens vom Parkplatz aus sichtbar ist, zu meistern. Auch auf dem Turajöchle bedürfen die Getränkespeicher dringend einer Tankfüllung. Einem Ostgrat üblich, laufen wir schließlich seit längerem in der Sonne, heute mit schweißtreibendem Nebeneffekt.
Wir nähern uns der Crux. Bevor die Überschreitung der Blachenspitze auf dem Stundenplan steht wird jedoch der große Gratturm umgangen, der vom Turajöchle einem eigenständigen Gipfel gleicht. Trotzdem sollte man besser nicht versuchen, diesen zu überklettern, da hier größere technische Schwierigkeiten lauern würden. Am einfachsten geht’s im Süden, also links dran vorbei. In der Querung ist Trittsicherheit auf mergligem Untergrund unerlässlich, wenngleich sich die Steilheit hier noch in Grenzen hält. Nach dem Turm streben wir der auffälligen Scharte zu und erreichen diese ohne Probleme im gut gestuften Steilgras. Jenseitig leiten Trittspuren in die Flanke. Wir verfolgen die Tritte und halten uns rasch nach links in Richtung der Gipfelpyramide. Schnell finden wir uns im anspruchsvollen Gelände wieder. Die Wiese steilt einige Meter über 60° auf, möglicherweise geht es weiter rechts tatsächlich einfacher. Unsere Route verlangt jedoch herzhaftes Zupacken im noch lausigen Gras, bzw. einen Eiertanz auf mehr oder weniger festen Moospolstern. Im Nachhinein sind wir uns einig, dass hier eindeutig die Schlüsselstelle vorliegt, nicht etwa im Abstieg von der Kleinen Gehrenspitze. Nun denn, wir lassen das Adrenalin sich setzen, nicht jedoch ohne die Entwicklung der Wolken kritisch zu prüfen, die sich langsam aber sicher unmissverständlich im Westen aufbauen.
Wir wissen was das heißt und nehmen den nun schönen und oft ausgesetzten Grasgrat in Angriff. Auch hier lauert noch eine unangenehme Stelle: Der Abstieg von einem Gratzacken. Wir überwinden das Hindernis direkt und Klettern die 3m hohe Stufe im II. Grad ab. Dass man dabei unvermittelt „ins Loch“ guckt (auf die Südseite), ruft bei mir nicht gerade Glücksgefühle hervor. Evtl. ist hier eine Umgehung in der Nordflanke möglich, in einigen Berichten ist von einer ausgesetzten Querung die Rede, das könnte hier der Fall sein. Der Schlussaufstieg zur Kleinen Gehrenspitze ist dann wieder Formsache.
Gipfelpause: Nochmal kurz, jetzt soll ja die bekannte Schlüsselpassage kommen. Während sich Ulf am Grat austobt (Stellen II+, teils sehr ausgesetzt, kurz Reitgrat) gönne ich mir die Rinne. OK, es geht ordentlich abwärts, aber die deutlichen Tritte sind trotz Restnässe keine große Schwierigkeit. Auf dem quer verlaufenden Grassims ist noch mal Vorsicht geboten, trotzdem kostet es viel weniger Überwindung als gedacht. Erleichterung macht sich breit und das Steigen wird wieder zum Genuss. Auch das Wetter hat gehalten und wir freuen uns am Gipfelkreuz der Gehrenspitze, diesen stolzen Berg über einen schönen Grat bestiegen zu haben.
Der Abstieg über den Normalweg läuft dann wie am Schnürchen, ist aber bekanntermaßen nicht zu unterschätzen. Im bröseligen Fels ist stets mit Steinschlag zu rechnen (Helm!) und ausgesetzt isses zudem. Auch in der Rinne muss jeder Schritt sitzen, sonst kann es für andere Wanderer schmerzhaft werden. Erst am Gehrenjoch darf sich größere Entspannung breit machen. Wir genießen noch eine ausgedehnte Rast auf der Gehrenalpe, der Wirt schmeißt ne Runde Schnaps, dazu ein Radler… Bergsteigerherz was willst du mehr… Alles in allem eine herrliche Rundtour, für die wir 5* vergeben!
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