Dents du Midi 1969 3 Versuche


Publiziert von FJung , 17. April 2017 um 17:58.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Unterwallis
Tour Datum:26 Juli 1969
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS-
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 2 Tage
Strecke:Champéry - Cab. de Susanfe - Haute Cime

Einem katholischen Verein aus Montreux durfte ich mich für ihren Jahresausflug anschließen, und da das Ziel immer bei mir vor den Augen war, nahm ich gerne die Einladung an. Es war auch mal schön, sich führen und überraschen zu lassen.
Am Nachmittag kamen wir in Champéry an. Dieses Tal und die Hänge waren mir sehr gut vom Skifahren her bekannt, die Portes du Soleil waren oft ein Tagesziel. 
Wir ware etwa 22 Personen, und folglich ging es auch nicht so schnell voran, weil der Weg sich gleich steil in vielen Kehren im Wald hinaufzog. So marschierten wir eine Stunde, bis wir endlich auf der Alp Bonavau ankamen, wo wir ein Glas Milch bestellten, bald aber wieder aufbrachen, denn das Wetter war nicht sehr gut.
Der Weg führte nun an einer Felswand entlang, nach linkgs ging es sehr steil und tief hinab, denn La Saufla, der Bach, der von dem Gletscher des Tour Sallière gespeist wird, hatte hier ein tiefes Tobel geschaffen. Plötzlich hatten wir den Felsabbruch erreicht, vor uns lag ein breites Hochtal, mit Gras bewachsen, und lustig ging es zur Cabane de Susanfe  in 2100 m Höhe, wo wir bis 22 Uhr sangen und uns dann die Schlafplätze suchten. 
Am Morgen vergaß ich meinen Pickel, und ich lief wieder zurück, weswegen man mich auslachte. Aber nun hatte ich ihn schon bis hierher mitgenommen, also sollte er auch mit bis auf den Gipfel. Nach etwa einer Stunde waren wir auf dem Col de Susanfe, 2494 m, und wir gingen links die Steinwüste hinauf. Eine lose Schieferplatte lag hier neben der anderen, von einem Felsen war nichts zu sehen, nur loses Gestein. Dann sahen wir, daß wir zu weit rechts waren, denn links hoch übere uns sahen wir Bergwanderer. Wir machten Rast und überlegten, was wir machen sollten. Plötzlich rief einer: "Achtung! Ein Stein!" Eine Schieferplatte kam auf uns zugerollt, immer schneller werdend, genau in unsere Gruppe hinein. Wir rührten uns nicht, zum Glück brach keine Panik aus und weil die  Bahn ziemlich gleichmäßig verlief, konnten wir seinen Weg vorausberechnen und im schlimmsten Fall im letzten Augenblick zur Seite springen.  Zwischen zwei Mädchen, die etwa drei Meter entfernt standen, sauste der Stein in die Tiefe. Den Windhauch spürte sogar ich noch, etwa zehn Meter entfernt. Die Platte hatte vielleicht einen Durchmesser von vierzig Zentimetern, und nun wußten wir, was wir als erstes zu tun hatten: von hier verschwinden! Wir gingen wieder zurück, bis wir eine geeignete Stelle fanden, um weiter oben auf den Weg zu stoße. Zu viert marschierten wir hinauf, und wir waren froh, als der Weg, nein, ein ausgetretener Pfad, unter unseren Füßen lag. Nun war alles nicht mehr so schlimm. 
Doch 100 m unterm Gipfel war ein Eisfeld, sehr steil und mit Stufen, aber trotzdem noch sehr gefährlich. Ich holte meine Reppschnur aus dem Rucksack, wir banden uns an, und der Pickel half uns, auch dieses Stück zu überwinden. Da kamen uns auch fünf Kameraden entgegen, die nach uns auf dem Col angekommen waren und gleich den richtigen Weg gingen. Die Letzten werden die Ersten sein ...
Auf dem Gipfel reichten wir uns die Hände, es wehte ein kalter Wind, es blieb trotzdem Zeit für eine Vesper.
Ich warf noch einen lick auf Tour Sallière und Mont Ruan, auch zwei sehr schöne Berge, auf die Gipfelkette der Dents du Midi, hinab zum Lac de Salanfe, auf den Montblanc, Les Diabletes und Grand Muveran auf der anderen Rhoneseite, und während die anderen den mühseligen Abstieg begannen, machte ich am Pickel eine Selbstsicherung, und munter fuhr ich auf dem harten Schnee bis unterhalb des Cols, wo ich mich ins Gras legte und auf meine Freunde wartete.
Vor der Hütte spielte Elsbeth auf ihrer Gitarre, wir sangen und lachten, dachten aber auch an die Gefahren, denen man immer im Gebirge ausgesetzt ist.
Am Nachmittag lag ich im Wasser des Schwimmbades von Montreux. Selten war ein Bad so schön wie dieses. 

15.-16. August 1969
An diesem  Wochenende war eine Tour mit Rolf und Reinhard vorgesehen. Wir wollten schon am Freitagabend gehen, aber es regnete und ich glaubte schon nicht mehr an eine Bergtour.
Um 18 Uhr klopfte Reinhard an meiner Tür, schnell machte ich mich fertig.
Dieses Mal wollten wir von der Südseite her zu den Dents du Midi, das Teilstück am Pas d'Encel war mir doch zu delikat im Regen.
Von Margigny führt eine neue  Straße zu den Dörfern entlang des Trient-Tales, so erreichten wir Salvan. Wir fuhren bis zum Ende der Straße (auf der LK  Martigny ist oben am Kartenrand noch der Punkt 1395 (bei öL 2566) erkennbar). 
Zum Glück hörte nun auch der Regen auf. Bald tauchte vor uns die Staumauer des Lad de Salanfe auf. War hinter die Welt zu Ende? Es sah so aus, aber dahinter war ein Restaurant, wo wir speisten uns in das Lager gingen. Leider konnten wir aber nicht gut schlafen, denn einige Typen machten während fast der ganzen Nacht Lärm, so daß wir richtig auf den Morgen warteten. Es regnete aber wieder, bis wir um 10 Uhr in Hoffnung auf besseres Wetter doch den Aufmarsch vorbereiteten.
Die Erde war aufgeweicht, und weil es während der letzten Wochen viel geregnet hatte, war der Weg fortgeschwemmt worden, eine traurige Landschaft lag vor uns. Mühsam erreichten wir den Col de Susanfe, der Wind blies uns entgegen. Es hatte keinen Sinn, zum Gipfel zu gehen. Frierend sahen wir uns an, und weil wir nicht noch einmal übernachten wollten, kehrten wir um, gingen wieder am Lac de Susanfe entlang, setzten uns ans Ufer und tranken im Regen eine Flasche Wein und aßen etwas. Um 17 Uhr waren wir wieder in Montreux, wo wir der Meinung waren, daß es doch ein schönes Erlebnis war, anders als die anderen Bergtouren. Anschließend schlief ich unter 18 Stunden unter der Bettdecke, um mir keine Erkältung zu holen.

13.-14.September 1969
Leider mußte ich an diesem Wochenende wieder länger  arbeiten. Rainer und Rolf wollten vorangehen, und wir wollten uns am nächsten Tag in der Cab. de Susanfe treffen. Die beiden fuhren am Sonnabend um 4 Uhr morgens von Montreux fort und kamen noch in stockdunkler Nacht in Champéry an. Bei der Cab. de Susanfe machten sie nur kurz Rast, dann ging es gleich weiter hoch. Genau wie wir vor einigen Wochen verfehlten sie den Weg, sie stiegen wieder etwas ab, immer auf herabstürzende Steine achtend. Ein Bergsteiger lief ihnen von oben entgegen. Er war bei der Besteigung der Cime de l'Est von einem Stein getroffen worden. Sein Gesicht war blutüberströmt, und sie gingen gemeinsam zur Hütte zurück. Das alles erzählten sie mir, als ich am Abend bei ihnen  ankam. 
Rolf und Reinhard waren so beeindruckt, daß wir am nächsten Morgen wieder hinabgingen nach Champéry. Man soll das Schicksal nicht herausfordern.
Die Dents du Midi sind schön, aber nur aus der Ferne.

29.8.1971
Rosemarie, Monique, Elisabeth und ihr Freund Didi hatten sich als Sonntagsziel die Cab. Susanfe ausgesucht (ja, auch Mädchen gab es in meiner Umgebung!)
Monique hatte sich im Frühling in Bein gebrochen, und nun sosllte sie sich langsam wieder an Saumwege gewöhnen, um im Winter das Bein beim Ski fahren wieder strapazieren zu können.
Ausgangspunkt war wieder Champéry. Wir gingen  langsam und machten bei der Alp Bonavan Halt. 
Als wir anschließend bei der Felswand vorbei mußten, fragte Monique besorgt, ob wir das noch als leicht bezeichneten.
Gegen Mittag kamen wir ei der Hütte an, als Hüttenwart fungierten wieder die jungen Geschwistere. Sie machten uns die Suppe warm, und wir aßen genußvoll und nicht zu wenig.
Später ließen wir uns auf den Steinen vor der Hütte fallen. Ich hatte Lust, noch schnell auf die Haute Cime zu laufen. Das hörte eine junge Maid, die sagte, daß das heute nicht mehr möglich sei. Sie hatten am Morgen 7 Stunden für Auf- und Abstieg gebraucht.
Ich rechnete so für mich: 1/2 Stunde bis zum Col de Susanfe, dann noch 1 1/2 Stunden bis zum Gipfel, 1 Stunde über das Geröll wieder hinab bis zu Hütte. Sie schaute mich an, sie wollte mir eine Flasche Wein spendieren, wenn ich bis um 16 Uhr auf dem Gipfel sei. Es war 13 Uhr. Ich machte den Rucksack so leicht wie möglich, nahm Moniques Fotoapparat und brach um 13.10 Uhr auf.
Der Weg zum Paß war lang, aber nicht schwierig. Nach 40 Minuten hatte ich ihn erreicht. auf der anderen Seite war der Lac de Salanfe. Je höher ich zur Haute Cime stieg, um so mehr Berge erkannte ich: den Montblanc, das Trientgebiet, Matterhorn, Weißhorn und Bishrn, keine Wolke trübte den Himmel.
Genau 2 1/4 Stunden nach dem Aufbruch stand ich unter dem Gipfelkreuz, alleine, denn die anderen Partien waren schon längst wieder bei der Hütte. So konnte ich die Aussicht richtig genießen, trank mein Bier und schaute auf den ruhigen Genfersee, Montreux und den Rochers de Naye, Moléson, Gummfluh und Pic Chaussy, und lange schaute ich mir durch das Fernglas den Montblanc an, der über dem nahen Monzt Ruan und Tour Sallière sich erhob.
Nach einer ausgiebigen Rast brach ich genau um 16 Uhr vom Gipfel auf, rutsche auf den losen Steinen hinab und war nach genau 1 Stunde bei der Hütte. Hier offerierte das Mädchen mir die Flasche Wein. Er schmeckte nicht schlecht. Ich war froh, daß ich so leichtfertig gesagt hatte, noch auf den Hauptgipfel der Dents du Midi zu gehen. Ohne den Anreiz wäre ich wohl nicht gegangen, aber dann hätte ich etwas versäumt.
Der Abstieg erwies sich problemlos, nur Monique stöhnte bisweilen über Blasen an den Hacken, sie hielt aber tapfer mit. Als die Nacht einbrach, erreichten wir wieder das Auto beim Campaingplatz "La Paradis".



Tourengänger: FJung


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