Auf einsamen Graten im Aletschgebiet - Überschreitung Walliser Fiescherhörner
Walliser Fiescherhörner? Noch nie gehört! Keine Angst, falls dir beim Lesen dieses Namens ein solcher Gedanke kommt, hast du keine peinliche Bildungslücke, nein, es geht dir einfach nicht anders, als dem Grossteil der Bevölkerung, vielleicht sogar einem Grossteil der Schweizer Alpinisten. Eigentlich erstaunlich, liegt die Gebirgsgruppe doch prominent und an bester Lage inmitten des UNESCO-Weltnaturerbes Jungfrau-Aletsch. Einzig das Gross Wannenhorn wird im Frühjahr gelegentlich mit den Skis besucht, die restlichen Gipfel werden kaum einmal betreten. Der Grund für diese Schmähung dürfte in den langen Zustiegswegen, den technisch nicht ganz einfachen Normalrouten und vor allem an den fehlenden Metern zur magischen 4000er-Marke liegen. Zu Unrecht, wie die Überschreitung vom Wyssnollen bis zum Klein Wannenhorn zeigt.
Die Überschreitung der Walliser Fiescherhörner steht schon lange weit oben auf meiner Touren-Wunschliste. Mitte August hat es bei perfekten Bedingungen nun endlich geklappt und ich konnte mir den langersehnten Traum erfüllen.
Route (ZS+ 3b 50° E4, 12-13h vom Wyssnollen bis zur Fiescheralp) TOPO:
Absicherung: Die Route muss komplett selbst mit mobilen Sicherungsmitteln abgesichert werden. Es ist kein fixes Material Vorhanden. Ein Set Keile, 3-4 kleine bis mittlere Friends und ausreichend Schlingen gehören an den Klettergurt.
Begehungsfrequenz: Laut dem aktuellen Clubführer ist keine Begehung dieses Grates in den letzten 20Jahren bekannt (Stand 2010). Ob das wirklich so ist, sei an dieser Stelle dahingestellt. Ich konnte auf jeden Fall niemanden ausfindig machen, der von einer aktuellen Begehung zu berichten wusste. Das Risiko an den Walliser Fiescherhörnern im Stau zu stehen ist statistisch gesehen etwa so gross, wie von einem Klavier erschlagen zu werden.
Anmerkungen:
Fazit: Lange, anspruchsvolle und abwechslungsreiche Hochtour abseits der Massen. Hat alles, was eine gute Hochtour ausmacht (steiles Eiswändchen, luftige Firn und Felsgrate, kombinierte Passagen, schöne Kletterstellen und spektakuläre Weit- und Tiefblicke). Landschaftlich wohl eine der schönsten Hochtouren der Schweiz. Sehr lohnend.
Die Überschreitung der Walliser Fiescherhörner steht schon lange weit oben auf meiner Touren-Wunschliste. Mitte August hat es bei perfekten Bedingungen nun endlich geklappt und ich konnte mir den langersehnten Traum erfüllen.
Route (ZS+ 3b 50° E4, 12-13h vom Wyssnollen bis zur Fiescheralp) TOPO:
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Grünhornlücke 3280m L 6-7h 16,5km +1070hm -660hm
Vom Eggishorn (oder Fiescheralp) auf markierten Wegen zur Gletscherstube und weiter den Märjelenseen entlang an den Rand des Grossen Aletschgletschers. Auf den Gletscher und sich an die östliche Mittelmoräne haltend (weniger Spalten), bis vor den Konkordiaplatz (Metalltreppen zur Konkordiahütte anpeilen, 4-5h). Weiter auf den Grüneggfirn und auf diesem zur Grünhornlücke (1,5h).
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Wyssnollen 3590m NW-Grat WS+ II+ 40° 1h 0.7km +310hm
Von der Grünhornlücke folgt man dem abwechslungsreichen Grat in Firn und Fels zum Gipfel (Stellen II+ im letzten Aufschwung) (Foto).
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Fiescher Gabelhorn 3876m SO-Grat ZS- II+ 50° 2h 1,7km +400hm -120hm
Vom Wyssnollen in den Sattel bei P.3526 hinunter und leicht nach SO bis zum Gletscherarm, der vom Gabelhornsattel herunterkommt. Man folgt diesem (Spalten!) bis zum Bergschrund unterhalb des Sattels. Über den Bergschrund und steil (50°) aufwärts zur Lücke (3759m). Ist der Hang ausgeapert, hält man sich sobald als möglich an die rechten Begrenzungsfelsen (I-II) und betritt den Grat etwas nördlich der Lücke (ZS- 1,5h / von der Finsteraarhornhütte 3,5h). Vom Gabelhornsattel in hübscher Kletterei auf das Fiescher Gabelhorn. Man hält sich dabei an die Gratkante. Einzig ein plattiger Aufschwung nach 2/3 Gratlänge umgeht man, indem nach Osten in eine Rinne gequert und oberhalb wieder der Grat gewonnen wird (0,5h WS+ Stelle II+) (Foto).
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Schönbühlhorn 3854m NW-Grat
Vom Gabelhornsattel über den leichten Firngrat zum Westgipfel. Der Grat bleibt vorerst firnig, wird aber schärfer. Es folgen einige Gendarmen und ein Schmaler Felsgrat bis zum Gipfel (Foto).
ZS- III- 1-1,5h 0.8km +100 hm
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Schönbühljoch 3724m T5 (L) 0,5h 0.2km -130hm
Vom Gipfel über den einfachen Fels- und Schuttgrat/-rücken in das Schönbühljoch (Foto).
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Gross Wannenhorn NW-Grat ZS+ 3b 2-3h 0,6km +200hm -20hm
Vom Joch umgeht man zuerst zwei Gendarmen in der steilen und brüchigen Westflanke (II) und gelangt zu einer zweiten, nur wenig höheren Einsenkung. Von hier schwingt sich der Grat in drei Stufen zum Nord(Haupt)gipfel empor. Die erste Stufe wird zuerst in Firn, dann kombiniert und über Fels, meist an der Kante erklettert (II). Luftig geht es an die brüchige, zweite Stufe. Auch hier hält man sich mit Vorteil direkt an die Gratkante, wo der Fels etwas schwieriger aber leicht besser ist (II-III, kombiniert). Nach einem Gendarmen kommt man an die dritte Stufe, die steil und exponiert erklettert wird (III). Es folgen zwei Gendarmen die überklettert werden (erster 3b, schönste Kletterstelle der Tour) und ein letzter kurzer Aufschwung, der zum Gipfel führt (II-III). Die schwierigeren Kletterstellen sind am gesamten Grat stets kurz und können gut gesichert werden. TOPO
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Gross Wannenhorn SO-Grat T5 ZS III 5-6h bis zur Fiescheralp 14km +90hm -1830hm
Vom Gipfel luftig auf die Firnkuppe des Winter- oder Skigipfels (II+). Über Firnhänge hinunter zu P. 3807 (L). Hier beginnt der scharfe Felsgrat zum Wannenhornsattel. Ein erster von drei markanten Gendarmen wird östlich in Firn umgangen, der zweite überstiegen und vom Dritten (Stellen III, luftig) seilt man knapp 15m in die Westflanke ab, um den folgenden, scharfen Gratabschnitt zu umgehen. Weiter über den immer noch recht scharfen Grat in einen Firnsattel und über einen leichten Zacken in den Wannenhornsattel 3669m (1,5h ZS III) (Abstecher in ca 1h auf das kleine Wannenhorn 3707m möglich, WS II). Über den östlichen Teil des spaltenarmen Wannenhorngletschers hinunter und weiter über Schutt, Gras und Moränen dem südlichsten Bach entlang abwärts auf den Aletschgletscher folgen (2,5h T5 L). Auf bekannter Route zurück zur Fiescheralp (Foto).
Absicherung: Die Route muss komplett selbst mit mobilen Sicherungsmitteln abgesichert werden. Es ist kein fixes Material Vorhanden. Ein Set Keile, 3-4 kleine bis mittlere Friends und ausreichend Schlingen gehören an den Klettergurt.
Begehungsfrequenz: Laut dem aktuellen Clubführer ist keine Begehung dieses Grates in den letzten 20Jahren bekannt (Stand 2010). Ob das wirklich so ist, sei an dieser Stelle dahingestellt. Ich konnte auf jeden Fall niemanden ausfindig machen, der von einer aktuellen Begehung zu berichten wusste. Das Risiko an den Walliser Fiescherhörnern im Stau zu stehen ist statistisch gesehen etwa so gross, wie von einem Klavier erschlagen zu werden.
Anmerkungen:
- Zu Schwierigkeit, Bewertung und Führerliteratur: Nebst spärlichen Infos von Locals und einer eigenen Rekotour, habe ich mich bei der Vorbereitung auf dieses Unternehmen vor allem auf den SAC-Auswahlführer Hochtouren Berner Alpen, sowie auf die 6., 8. und die aktuelle Ausgabe (2010) des 4. Bandes des Clubführers Berner Alpen gestützt. Interessanterweise berichtet der Auswahlführer treffender und informativer zu den Routen als der aktuelle Clubführer. Ich habe mir erlaubt die Schwierigkeitsbewertungen aus diesen Führern anzupassen, sofern ich es für nötig hielt. Im Aktuellen Clubführer wird die Route mit S, im Auswahlführer mit ZS+ und in Silbernagel/Wulschlegers Topoführer Berneralpen mit ZS 3b E4 bewertet. Ich empfand die Route technisch ähnlich anspruchsvoll wie Bietschhorn N-Grat und Schreckhorn Normalroute (klassische Berner ZS+ Touren). Aufgrund von Länge, Einsamkeit und beschränkten Rückzugsmöglichkeiten (lange Wege, der Grat kann einzig vom Schönbühljoch wenn es kühl ist und die Sonne noch nicht in die Westflanke scheint mit einem vernünftigen Risiko verlassen werden (Steinschlaggefahr und brüchig; WS?)), würde ich die Tour aber ernsthafter einstufen.
- Zum Chamm: Am 1. August in diesem Jahr war ich bereits als Reko für diese Tour in den Walliser Fiescherhörnern unterwegs. Ich wollte ein Gespür für die Routen in dieser Gruppe bekommen und auskundschaften, ob auch eine Überschreitung der Gruppe vom Chamm her mit Umgehung des Gipfelaufschwungs vom Fiescher Gabelhorn möglich ist. Dazu war ich an dessen Südrippe unterwegs. Da ich kaum Sicherungsmaterial dabei hatte und der Fels in den anspruchsvolleren Passagen nicht immer über alle Zweifel erhaben war, bin ich nach ca. 2/3 der Rippe umgedreht. Die Schwierigkeiten liegen eher im (gehobenen) ZS als wie vom Clubführer vorgeschlagenen WS. Von dieser Tour sind ebenfalls ein paar Fotos beigefügt.
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Zur Spende historischer Kulturgegenstände kommender Generationen: Auf dem Schönbühlhorn habe ich mich wiedereinmal in die Liste der "Wopo-Gedenk-Stiftung zur Spende historischer Kulturgegenstände kommender Generationen" eingetragen. Beim Versuch ein Foto vom Grat zu machen, ist mir mein Handy einen steilen Eishang auf Nimmerwiedersehen davongepurzelt. Wenn man die Anreise mit dem Zug zu einer Bergtour zählt, umfasst meine generöse Spenderliste mittlerweile:
- 3 Handys
- 1 Eisgerät
- 1 Sonnenbrille
- 2 einzelne Handschuhe
- 1 Objektivdeckel
- 3 Keile
- und last but not least 1 Friend
Fazit: Lange, anspruchsvolle und abwechslungsreiche Hochtour abseits der Massen. Hat alles, was eine gute Hochtour ausmacht (steiles Eiswändchen, luftige Firn und Felsgrate, kombinierte Passagen, schöne Kletterstellen und spektakuläre Weit- und Tiefblicke). Landschaftlich wohl eine der schönsten Hochtouren der Schweiz. Sehr lohnend.
Tourengänger:
jfk
Communities: Die 50ig höchsten 3000er der Schweiz, Biwak- und Zelttouren, ÖV Touren, Unbekannte Touren
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