Upper Mustang
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Kingdom of Mustang
Das ehemalige Königreich Mustang, auch Upper Mustang genannt, liegt im zentralen Norden von Nepal an der Tibetischen Grenze und erstreckt sich über eine Fläche von rund 2200 Km2. Das heute zu Nepal gehörende Gebiet bildet den Talabschluss des Flusses Kali Gandaki, der eine der tiefsten Schluchten der Welt bildet und die Gebirgszüge des Dhaulagiri und jenen des Annapurna-Massivs in nord-südlicher Richtung durchschneidet. Die Anziehungskraft des ehemaligen Königreiches bildet die bis heute authentische tibetische Kultur, die objektiv mit relativ geringem Einfluss wahrgenommen werden kann.
Neben der imposanten Bergwelt des zentralen Himalayas bildet dies sicherlich das Rückgrat einer Reise nach Mustang. Vor geraumer Zeit waren wir an einem Explora-Vortrag in Zürich und bestaunten Manuel Bauers Berichterstattung über seine Begleitung eines Tibetischen Flüchtlings mit einem Kind auf der Flucht vor der chinesische Unterdrückung in Tibet. Eine Flucht über die hohen und abgelegensten Pässe des Himalaya nach Nepal und oftmals danach nach Indien, ist bis heute mit sehr hohem Risiko verbunden.
Nicht nur die naturbedingten Gefahren gegeben durch die Unwirtlichkeit mit unberechenbarem Wetter und tückischen Gletscherpassierungen, sondern auch die äusserst stark bewachte Grenze bilden eine grosse Gefährdung von Leib und Leben der Tibeter. Es gibt Aufzeichnungen von Beschiessung letzterer auf dem Grenzgebiet. Manuel Bauer selbst ist Fotograf und beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit der durch China erzwungenen tibetischen Diaspora, die bis heute unter schweren Bedingungen anhält.
Tibet gilt seit 1951 als besetztes Gebiet durch die Volksrepublik China. Die völkerrechtliche Anerkennung dieses Sachverhalts ist bis heute -zu guter recht - sehr umstritten. Die Religions-, Kultur- aber insbesondere auch die Bewegungsfreiheit vieler Tibeter ist massiv eingeschränkt. Unterdrückung von Kultur und Religion gehören zur Tagesordnung, Widerstände werden auch heute noch menschenunwürdig und oftmals mit grossem Gewalteinsatz niedergeschlagen.
Eine weitere Veranstaltung am Fernwehfestival in Bern, ebenfalls von Manuel Bauer brachte uns das ehemalige Königreich Mustang näher und wir waren sofort fasziniert vom präsentierten Inhalt. Nicht zuletzt seine Bilder und die Geschichte vom umzusiedelnden Dorf Sam Dzong im oberen Mustangtal, dessen Bewohner durch die Klimaveränderung betroffen sind, liessen unsere Herzen höher schlagen und für eine Reise nach Mustang begeistern.
Die Nervenprobe Kathmandu – Pokhara
[10. Mai 2016 – Day 1] Noch in Kathmandu - wir waren draussen am vegetable fried rice essen, als plötzlich die ersten Donner zu vernehmen waren, die immer lauter und stärker wurden. Der Himmel über uns verdunkelte sich zunehmendst, Weltuntergangstimmung! Beim Abschied von Lakpha im Guesthouse baten wir sie, für uns die Daumen zu drücken. Und, dass wir heute vielleicht wieder zurückkehren werden... Auf dem Weg zum Kathmandu Tribuvan Airport fing es an zu regnen und beim Aussteigen erwartete uns ein sinflutartiges Gewitter. Wir hatten wenig Hoffnung, dass wir heute noch nach Pokhara fliegen würden. Umso überraschter waren wir, als man uns beim Einchecken offenbarte, dass wir in fünf Minuten boarden sollten, mehr als eine Stunde vor eigentlicher Abflugszeit. Die Piloten hatten wohl Aussicht auf eine Lücke in der Schlechtwetterfront. Gepäck und wir beide wurden gewogen – on air mit diesem kleinen Propellerflugzeug schien eine enge Angelegenheit zu sein, alles musste kalkuliert sein. Draussen hatte es nun glücklicherweise aufgehört zu regnen und auch der Himmel hatte sich etwas gelichtet. Nun standen wir da auf der Startbahn, der Pilot gab vollen Schub, stand aber noch auf den Bremsen. Erst dann kamen wir relativ schnell in Bewegung. In den beiden Einzelreihen sassen wir nur durch den schmalen Gang getrennt nebeneinander, konnten aber nicht miteinander sprechen, da die beiden Propeller neben uns ohrenbetäubenden Lärm verursachten. In der Luft, in diesem kleinen Propellerflugzeug mit bescheidenen 20 Sitzplätzen inklusiv Besatzung fühlt man sich vernichtend klein und ist den herrschenden Naturkräften völlig ausgesetzt. Der erste Teil des Fluges war dann erstaunlich ruhig, doch die ersten Turbulenzen liessen nicht lange auf sich warten. Die Flügel bewegten sich von der einen auf die andere Seite, wir wurden alle durchgeschüttelt und die Motoren heulten immer wieder auf. Die Piloten, nur ca. zwei Meter vor uns sitzend, machten allerdings einen souveränen Eindruck auf uns, mussten aber sichtbar einigen Effort leisten, um den Flieger unter Kontrolle zu halten. Wir atmeten erst wieder tief durch, als wir auf der Landebahn in Pokhara aufgesetzt und auf eine vertrauenswürdige Geschwindigkeit reduziert hatten. Wegen dem früheren Start waren wir über eine Stunde früher in Pokahra als geplant. Wir fanden selber zum Green Tara Hotel, wo wir unserem Guide Ujjwal und unserem australischen Trekking Mate Graeme über den Weg liefen. Später trafen wir uns noch für ein kurzes Briefing und lernten beim Nachtessen Graeme kennen.Spektakuläre Sicht und erste Bekanntschaft mit dem Wind
Pokhara –Jomsom –Kagbeni
[11. Mai 2016 - Day 2] Es war erst 5.15 Uhr, doch die nächste Mutprobe wartete bereits auf uns. Ein weiterer Propellerflug, wieder mit Simrik Airlines, mit dabei waren diesmal noch Ujjwal unser Guide, Subin (Träger und Koch) und Graeme, unser australischer Mittrekker. Zu Hause hatten wir nach sorgfältiger Recherche Simrik Air ausgewählt. Erst im Februar war eine Maschine von Tara Air auf dieser Route abgestürzt – wohl wegen schlechter Sicht und plötzlichem Wetterumschwung. Wie nun aus den Medien zu vernehmen war, war der Propellerflieger überladen gewesen. Deshalb legte man wohl nun auf die Beladung ein grösseres Augenmerk. Nach der Frühstücksbanane und dem Mangosaft stiegen wir mutiger als gestern an Board derselben Maschine mit gleicher Besatzung wie noch am Vortag. Und tatsächlich hatten wir heute gutes Flugwetter erwischt. Wir alle waren fast ein bisschen enttäuscht, als wir knappe 20 Minuten später bereits in Jomsom wieder sicher auf dem Boden aufsetzten. Denn aus der Vogelperspektive wurden wir belohnt für unseren Mut mit einer spektakulären Sicht über das besiedelte Pokhara, die mäandrierenden Flussläufe, die eingekerbten Täler, die schnee- und eisbedeckten 7000er, den immensen Dhaulagiri zu unserer Rechten und die kunstvoll angelegten Terrassenfelder, welche einen wunderbaren Kontrast zu den trockenen, beigen Berghängen hergaben. Das lebendige Grün leuchtete in voller Pracht! Jomsom erkannten wir sofort wieder. Seit unserem letzten Stopp waren zweieinhalb Jahre vergangen. Kharanandar, ein zweiter Träger stiess zu unserer Gruppe hinzu. Die erste kurze Tagesetappe zu Fuss sollte uns von Jomsom aus bis nach Kagbeni führen. Kagbeni ist ein belebtes Dorf, dass oft auch von Trekkern, die von der Annapurna Umrundung kommen, auf deren Rückweg nach Jomsom besucht wird. Kagbeni ist Talaufwärts das Tor zu Upper Mustang. Ab hier werden die Tage gezählt, in denen man sich in Upper Mustang aufhält und das Mustang Permit bezahlt. Etwa gegen 8.00 Uhr wanderten wir los Richtung Osten, drehten später gegen Norden ab. Wir folgten dem breiten, mit abgerundeten Kieselsteinen gefüllten Flussbett des Kali Gandaki. Der Fluss selbst war in dieser Saison höchstens ein bescheidener Bach, der sich oftmals mehrarmig über die Ebene schlängelnd einen Weg sucht.
Kali Gandaki |
Der Kali Gandaki - ein heiliger Fluss für Hindus - ist in seiner Eigenschaft einzigartig. Nur er fliesst von der Wasserscheide auf der Grenze zu Tibet (tibetisches Plateau) auf der ganzen Linie quer, d.h. Nord-Süd durch den gesamten Himalaya. Erst bei Bharatpur, nur wenige Kilometer nördlich der indischen Grenze fliesst er in den Gandak River und bei Patna - einer Stadt im indischen Bundesstaat Bihar - in den Ganges. |
Wir erreichten nur rund 2.5 Stunden nach dem Abmarsch in Jomsom Kagbeni. Die Steinhäuser sind eng aneinander gebaut – nur als Ganzes sind sie geschützt vom starken Wind, den sie jeden Tag über sich ergehen lassen müssen. Der enorme Talwind sollte ständiger Begleiter unserer Reise nach Upper Mustang werden. Mustang, ein breites und sehr langes Tal ist wie ein Labor für Windforscher, insbesondere des Phänomens des Tal- und Bergwindes. Der Talwind entsteht üblicherweise in langgezogenen Tälern.
Gegeben durch die grössere und im Tagesverlauf frühzeitigere Flächenbestrahlung an den oberen Talflanken erwärmt sich die Erdoberfläche am Vormittag in den Tälern schneller als im Flachland, bzw. ab dem Talausgang. Gegeben durch das geringer zu erwärmende Luftvolumen und durch die grössere Fläche, steigt die Luftmasse im Sinne des thermischen Aufstiegs im Tal schneller an, was zu einem tiefen bodennahen Luftdruck führt. Dieser Druck will kompensiert werden. Dadurch entsteht ein Sog, wodurch die relativ dazu im Tief- bzw. Flachland vorherrschenden Hochdrucksysteme die überflüssigen Luftmassen gegen den Tiefdruckbereich entsenden.
Im Gandakital führt dies zu straken Winden, die vom unteren Tal her gegen das tibetische Plateau ziehen und üblicherweise zwischen 10.00 Uhr und Mittag ihren Anfang nehmen. Auch die Felder sind von hohen Mauern umgeben, gebaut aus runden Flusssteinen und Lehm. Über Steinplatten führen enge Pfade zwischen den Häusern hindurch, unter dem Chörten (tibetische Bezeichung der Stupas) des Dorfes hindurch entlang einer langen Mani-Mauer, gesäumt mit Gebetsmühlen, die wir natürlich allesamt in Bewegung bringen. Der Yak-Donalds, welcher erwartungsgemäss Yak-Burger serviert, lässt uns etwas schmunzeln. Am Dorfende finden wir das Applebee’s, welches wunderbaren Kaffee serviert und zudem eine fantastische Aussicht auf das weitere Kali Gandhaki Tal zu bieten hat. Die Rinder und Kälber laufen wie überall in Indien und Nepal frei herum, währenddem die Ziegen in einem Teil des Innenhofs openair eingesperrt sind.
Im New Annapurna Hotel schlafen wir nachts, da wir nicht sicher sind, ob unser Zelt genug aerodynamisch wäre, um diesem Wind Stand halten zu können.
Farbkontraste, grün-leuchtende Gersten- und Weizenfelder vor wüstenartigen Berghängen, rauschender Kali Gandaki als Lebensquelle für diesen trockenen Flecken Erde
Kagbeni –Chuksang - Chele
[12. Mai 2016 – Day 3] Nach Frenchtoast traten wir vor unser Guesthouse, frische, reine Luft stieg uns in die Nasen. Noch war es windstill. Wieder gingen wir der langen Dorfmauer entlang, vorbei an den vielen, unterschiedlichen Gebetsmühlen. Noch etwas in uns gekehrt vom tiefen Schlaf, drehten wir diese wie in Trance. Überrascht waren wir von der Tatsache, dass ein Track, befahrbar von Jeeps und von Bussen nepalesischer Art, bereits Jomsom mit Lo Manthang und weiter mit der tibetischen Grenze verbindet. Wir wussten, dass dies kommen würde und deshalb wollten wir unbedingt noch vorher nach Mustang. Jetzt waren wir zu spät.Doch wir waren uns sicher, dass dieses Tal trotzdem noch viel bieten würde und für uns einige Entdeckungen bereit hält. Bereits dieser erste Wandertag sollte uns nicht enttäuschen. Wir wanderten am breiten Flussbett an der rechten Seite entlang, genossen die wunderbaren Temperaturen. Im Sediemntgestein war ein breiter Pfad eingekerbt, welchem wir folgten. Die bizarren, eindrücklichen Gesteinsformationen waren völlig andersartig, wohin man seinen Blick zuwandte. Made by wind and rain! Wolken zogen über uns hindurch und hinterliessen ein wandelndes Muster an den Berghängen. Je nach Lichtintensität erstrahlten die Felsen in anderen Farben. Wir betrachteten nicht eine starre Landschaft, nein, durch das Lichtspiel schienen sich die eigenartigen Türme, wellenartigen Gesteinsschichten und die tiefen Canyons zu bewegen, verschwanden im Schatten, um im nächsten Augenblick wieder in den Vordergrund zu treten.
Die Erdoberfläche wird in diesem Gebiet von der Winderosion, aber vor allem auch massgebend durch die seltenen Niederschläge in Form von Regen und bescheidenem Schneefall im Winter geprägt. Aus der Nähe betrachtet, entdecken wir, dass der flüssig werdende Lehm in Kontakt mit Wasser fliesst – die Erde formt somit diese Strukturen aus. Im Dorf Chuksang war in der Küche des Guesthouses, wo wir zu essen gedachten, ein übler Streit zwischen zwei Frauen im Gange. Auch unsere Präsenz mochte sie nicht davon abzubringen. Fried Rice und Dal Baht schmeckten trotzdem sehr gut. Nachmittags folgten wir 45 Minuten der „Road“ entlang des Kali Gandacki, überquerten das Kieselstein-Flussbett über eine Brücke, was sich als kleine Herausforderung entpuppte. Nachmittags bliess der Wind ohne Erbarmen, die Böen waren tükisch und man musste allseits parat sein, um sich auf den Beinen halten zu können.
Vormittags hatte uns der Wind bereits eine Lektion erteilt. Graeme’s Hut war durch eine Böe weggeblasen worden, kam 1-2 Mal auf dem Boden auf, bevor er in der tiefen Schlucht verschwunden war. Doch wir hatten nicht aufgegeben, spurteten um die Kurve und blickten gespannt nach unten. Der Hut war ungefähr 10 Meter tiefer unten, fliegend.. mit grosser Freude fingen wir den Hut, nachdem dieser von einer nächsten, kräftigen Windböe wieder den Canyon nach oben geblasen wurde und wir mussten uns vor Lachen die Bäuche festhalten. Nach einem kurzen Aufstieg kamen wir bereits im Dorf Chele an. Von der Terrasse des Guesthouses überraschte uns ein bezaubernder Blick, wohin man auch immer schaute. Wir machten es uns bequem und plauderten den ganzen Nachmittag, die Szenerie stets im Blick. Bei einem abendlichen Gang durchs Dorf wehte der Wind erstmals kalt und wir packten unsere Mützen aus. Tief hatte sich der zurzeit zahme Kali Gandaki durch den Fels gefressen – ein beeindruckender Canyon war zurückgeblieben. Wir erinnerten uns erstmals daran, im Himalaya unterwegs zu sein. Dem Ort, wo sich Wasser mit all seiner Kraft einen Weg durch das unendlich grosse Gebirge gesucht hatte. In Mustang waren wir nun im Regenschatten des Himalaya unterwegs.
In der Stube für die Gäste genossen wir frische steamed und fried Momo’s – mit Gemüse gefüllte, ursprünglich tibetische Teigtaschen mit einer hausgemachten, scharfen Sauce.
Auf einsamen Pfaden in Mondlandschaft unterwegs und ein Besuch bei einem Höhlenmensch
Chele –Samar –Chungsi Cave - Syangboche
[13. Mai 2016 – Day 4] Ein abwechslungsreicher, strenger und amüsanter Wandertag über wilde Pfade und hinab in einen tiefen Canyon erwartet uns heute. Über Pässe, durch Täler wie auf dem Mond, vorbei an Felsgeistern, die wir beim Vorbeigehen respektvoll mit gefalteten Händen und „Tashi delek“ grüssten.Weit über unseren Köpfen befinden sich unzählige „Caves“, die zu unterschiedlichen Zwecken genutzt werden wie Meditation von den Mönchen oder als Begräbnisstätte – es wurden jahrtausendalte Schädel gefunden. Die „Höhlen“ wurden in schwindelerregenden Höhen gegraben – sie sind oft der einzige Beweis, dass diese Gegend bereits vor mehreren hunderten von Jahren bereits bewohnt waren. In Samar assen wir bei einer Tibeterin in traditioneller Kleidung und wunderschönen, tibetischen Gesichtszügen mit langen tiefschwarzen Haaren. Die überaus saubere und ordentliche Küche beeindruckt uns.
Da wir erst 2.5h unterwegs waren, assen wir nur eine Gemüse-Thukpa, eine tibetische Nudelsuppe. Statt der „Road“ folgend zweigen wir einmal mehr auf einen Umweg ab. Nach einem Pass über einen Gebirgskamm (von denen gibt es hier so einige) und Marsch abwärts durch ein weiteres Mondtal kommen wir nach einem weiteren, kurzen aber nahrhaften Anstieg zu einem Cave, in welche die Dorfbevölkerung von Syanboche ein Kloster (Chungsi Cave) errichtet hat. Ujjwal meint, er habe hier noch nie einen Mönch angetroffen und dass deshalb die Türen meist verschlossen seien. Zu unserer Überraschung ist die Holztür halb offen, durch welche wir eintreten und uns vorsichtig umsehen. In einem kleinen Innenhof ist vor einem Regal mit Kochutensilien eine stoffige, schmutzige Yogamatte ausgelegt, davor stehen moderne Jogging-Schuhe. Plötzlich begrüsst uns ein junger Mönch mit einem breiten scheuen Lächeln, von einem Balkon aus. Er kommt sofort zu uns runter und will, wie alle Menschen in diesem Kulturkreis sofort wissen, von wo wir kommen und wohin wir gehen. Er sprach fliessend Englisch und war überaus erfreut über den unangemeldeten Besuch aus Europa, Australien und Nepal. Der Mönch war als tibetischer Flüchtling nach Bhutan gekommen, später nach Nepal migriert. Für ein paar Jahre hatte er in Australien gelebt, in Interlaken war er auch schon.
Tief beeindruckt waren wir, wie das Tagesprogramm des Höhlenmönchs aussah. Von 03.00-6.00 Uhr und von 18.00-21.00 Uhr meditierte er, allein in dieser Höhle, weit und breit kein Mensch. Kaum jemand von uns vier hätte diese Einsamkeit und Abgeschiedenheit für länger als eine Woche ausgehalten – ausser Ujjwal vielleicht. Gemäss der Kultur wird dem Kloster erst Leben eingehaucht oder Spiritualität verliehen, wenn es von einem Mönch bewohnt wird. Als Gegenleistung bekommt er regelmässig Besuch von den Dorfbewohnern von Syanboche, die ihm Essen und Kleidung bringen. Eine wunderschöne Symbiose, wie wir finden! Er lässt uns fast nicht mehr weiter ziehen...
Spät kommen wir in Syanboche an. In unserem Guesthouse ist eine „Purification-Ceremony“ – eine spirituelle Hausreinigung im Gange, welcher wir kurz beiwohnen dürfen. Mönche sitzen im Lotussitz und brummen zusammen ihre Gebete, trinken ab und zu vom Buttertee, der ihnen im Übermass jeweils sofort wieder eingeschenkt wird, aus den Tassen vor ihnen. Dämonen sollen damit vertrieben werden, dem Haus Glück, Einkommen und Segen bringen.
Ein Pass, die laengste Mani-Wall voller Daemonen-Eingeweiden und ein blutiger Fels
Syangboche –Ghami - Dhakmar
[14. Mai 2016 – Day 5] Auch wenn der Weg uns heute ganztags der trotzdem noch abenteuerlichen Kiesstrasse entlang führt, kommen wir so an Dörfern vorbei, dort, wo sich das Leben abspielt. Wir geniessen den Small-Talk mit den Menschen, betrachten uns gegenseitig mit grossen Augen. Diese Begegnungen möchten wir nicht missen, da wir immer wieder etwas über die Menschen hier erfahren. Natürlich ist Ujjwal unser Vermittler, ohne ihn wäre dies viel schwieriger. In Jaite lockt uns ein „Illy-Coffee-Plakat“ in ein Haus. Die Kaffeemaschine ist leider nicht in Betrieb den Organic Himlayan Coffee geniessen wir trotzdem. Auf dem Nyi-La, dem Pass, brauchen wir einige Zeit, bis das „Pass-Foto“ im Kasten ist. Denn der Wind bläst uns stark um die Ohren und 10 Sekunden müssen reichen, um von der selbstauslösenden Kamera runter und dann hinauf zum Rest des Teams zu spurten. Ghami ist ein wunderprächtiges, idyllisches Dorf, welches in bunten Farben erscheint, einem Chörten, dessen Augen uns verfolgen zu scheinen, einer Mani-Mauer und Gebetstrommeln, die wir beim Vorbeigehen in Schwung bringen. Gerne wären wir hier länger geblieben, über Nacht, doch wir hatten im Sinn, noch nach Dhakmar zu kommen. Zwischen Dhakmar und Ghami ist zuerst, und an diesem wie jedem Tage wiederholend, eine tiefe Schlucht zu überwinden. Steil geht's jeweils runter in den meist ausgetrockneten Bachlauf um auf der anderen Seite wieder im losen Geröll hoch zu steigen. Auf einer gegen Nordosten hin aufstiegenden Fläche steht dann die längste Mani-Wall von Upper Mustang. Sie ist gegen Tibet ausgerichtet und rund 300m lang. Die Mauer ist in den typisch für Mustang bestehenden Naturfarben angemalt. Gelb-weiss-rostrot. Die Route drehte gegen Nordwesten und wir sahen bereits von weitem die wunderbar in der Abendsonne leuchtenden roten, turmartigen Felsen.Das Farbspiel war ausserordentlich, vielfältig und unwahrscheinlich andersartig. Im Banne dessen, den Blick kaum davon abwendbar, stiegen wir entlang des Dhakmar Khola hoch. Bei einer Bachtiefe mit gar leicht grünlicher Wiese grasten rund 50 Pferde, ohne Zaun - aber wo sonst wollten sie hin in dieser ansonsten wüstenartigen Landschaft. Wir gelangten nach Dhkamar, ein für hier nicht typisch, ausgesprochen langgezogenes Dorf. Ganz oben im Dorf fanden wir unsere Unterkunft, sehr schlicht, dunkle Küche mit irrsinnig viel Rauch beim Kochen. Weil wir das Zelt dabei hatten, fanden wir heute einen wunderbaren Platz direkt unterhalb, aber mit genügend sichere Distanz dazu, der Felsen. Beim Zeltaufbau leuchtete der Hintergrund in der Form dieser Felsen wie ein dunkelroter Sonnenuntergang. Das Essen war gut, auch wenn die Kochbedingungen wirklich marginal sind. Doch Subin dirigierte die Lopa Frau gekonnt und zeigte ihr auf, wie mit unseren sensiblen Mägen umzugehen ist.
Lopa und Upper Mustang |
Mustang war ein Königreich im Himalaya. Es liegt zwischen den nepalesischen Distrikten Manang, Myagdi und Dolpo und grenzt im Norden an Tibet. Mustang umfasst über 2200Km2 und liegt im Generellen über 2500m bis hin zu etwas mehr als 6000m über Meer. |
Über Pässe zum langersehnten Lo Manthang
Dhakmar –Ghar Gompa –Lo Manthang
[15. Mai 2016 – Day 6] Heute würden wir Lo Manthang, diesen mystischen Ort zuoberst in Mustang erreichen. Wir malten uns alle aus, wie es in Lo Manthang aussehen sollte und starteten mit viel Enthusiasmus.Dies war auch von Nöten, den bereits als quasi Morgenturnen stieg der Weg steil in eine schuttige Flanke, dessen Haupt spitzig zum Himmel ragende Türme sind. Wir zogen stetig hoch und bald mal hatten wir eine unwahrscheinliche Sicht auf die Annapurnakette.
Annapurna I ragt in der Mitte von zig Eisriesen heraus, davor der Tilicho Peak und rechts daneben der sehr formschöne Nilgiri North mit seinen gigantischen Nordwänden in Erscheinung trat. Wir kamen auf die Anhöhe wo uns die Sonne direkt ins Gesicht schien und streiften weiter auf gutem Wege und gelangten leicht erhöht auf den Nui La Passa auf 4042m. Dort sahen wir nicht Lo Manthang, dafür aber ein weiteres tiefes Tal, dass uns von einem weiteren hohen Pass von Lo Manthang noch trennte. Unten im Oberbereich des Tals liegt das alte Kloster Ghar Gompa oberhalb der Dörfer Marang und Tsarang.
Die Dörfer sind jeweils von weitem erkennbar, denn ihre Bewirtschaftungsflächen sind zu dieser Jahreszeit in frisches, saftiges Grün gedünkt. Der Anbau der Lopa beschränkt sich vor allem auf Barley (Gerste), Wheat (Weizen), Kartoffeln und andere Gemüse wie Spinat, Bohnen, Retich und Kohlgewächse.
Im Ghar Gompa essen wir nach dem Besuch des Klosters selber eine Thukpa und schauen den vielen Lopa zu, wie sie einen neuen Masten stellen, der mit Gebetsfahnen in den Himmel ragt. Ein eifriges Tun war im Gange, die Menschen liessen sich von uns nicht gross ablenken in ihren Handlungen.
Danach stiegen wir in einen weiteren tief eingekerbten Bachlauf und danach in einem kleinen Tal hoch auf den höchsten Punkt unserer Reise nach Lo Manthang, den Chogo La auf 4280m. Oben blies der Wind unbarmherzig, doch hinter dem grossen Steinhaufen fanden wir etwas Erholung im Windschatten und genossen einen Schokoriegel. Lo Manthang war immer noch nicht im Blickfeld. Erst nach einer weiteren Stunde, wieder auf einen Rücken hochgestiegen, fanden wir uns auf einem Weitsichtugen Punkt und konnten Lo Manthang erspähen. Danach stiegen wir eine weitere Stunde runter bis Lo Manthang und waren endlich da. Lo Manthang ist eine befestigte Stadt rund um 3 Kloster und einen hohen Palast gebaut. Der über 600 Jahre alte Palast ist fünfstöckig und damit aus der Kleinstadt herausragend. Die Wege durch die Strasse sind zum Teil äusserst schmal, was eine sonderbare Stimmung aufkommen lässt. Die Stallungen für die Ziegen und Pferde sind in der Regel im Untergeschoss der Häuser. Damit entsteht ein morgendlicher und abendlicher Viehumzug durch die engen Gassen. Bereits nach Ankunft machten wir uns auf eine erste Erkundungstour durch die Strassen Lo Manthangs. Das Städtchen besitzt nur etwas mehr als 500 Einwohner und ist aber kulturelles Zentrum von Mustang. Wir geniessen das Umherflanieren in den engen Gassen und damit im Schutze des Windes.
Lo Manthang Lo Manthang around - Monasteries (Klöster)
[16. Mai 2016] In Lo Manthang schlafen wir erstmals ein bisschen länger. Die Morgen sind jeweils kühl, nie aber sehr kalt. Meist ist es windstill und die doch starke Sonne vermag den Morgen meist schnell zu erwärmen.Nach Kaffee und Omelette zogen wir in die Stadt, die wir via das sich im Nordosten befindende Maingate betreten. Gegen rechts durch ein paar Gassen und enge Gänge erreichten wir zuerst das Jampa Gonpa (Kloster).
Es ist das höchste Kloster in Lo Manthang und wurde im 14 Jh. zur Gründungszeit des Königreichs erbaut. Die inneren Wände sind Abbild eines riesigen und vielfältigen tantrischen Mandalas. In der Mitte sitzt Jampa Chenp, ein rund 5m hoher Buddha (ein Zukunftsbuddha) in einer meditativen Pose. Danach wechselten wir zum Thupchen Gonpa, das man über eine Treppe gegen unten erreicht. Seine Wände wurden in einem Erdbeben im 17Jh und ebenfalls im Erdbeben des letzten Jahres verunstaltet. Renovationsarbeiten sind seit mehreren Jahren im Gang. Ein grosser Teil der Rennovation wird durch die American Himalayan Foundation unterstützt. Man hat sich zum Ziel gesetzt, den sehr gläubigen Lopa den Lebensraum wieder herzustellen, ohne die streng wissenschaftliche Rennovation durch Archäologen und Wissenschaftler. Die Wandmalereien sind aus Naturfarben, Gold und Silber. Heute werden die Farben als Rohmaterial (Stein, Korallen) im Ausland gekauft und im Kloster selber hergestellt. Thupchen Gonpa ist heute das religiöse Zentrum der Lopa, wo viele Prozessionen und Feste durchgeführt werden. Durch seine grosse Halle, können fast alle Lopa gleichzeitig teilnehmen. Danach erreichten wir ganz im Norden in der nordöstlichen Ecke der Stadt die Mönchsschule, wo junge Mönche in Englisch/Nepali und den üblichen Fächern unterrichtet werden.
Daneben steht das vergleichsweise kleine Kloster Dragkar-Thegchen Ling Gonpa. Dieses wurde im 13Jh. erbaut, allerdings nach einem starken Erdbeben und eine Vollbrand zerstört. Einzig die göttlichen Wesen (Statuen) konnten geretet werden und stehen im danach neu gebauten Chode Gonpa. Der Raum ist klein und nur vielleicht 20-30 Mönche können darin beten. Wir streiften den Rest vom Tag in der Stadt und etwas ausserhalb herum. Die Lopas sind nicht sehr kommunikativ und tagsdurch - vor allem die Frauen - auf den Feldern. In dieser Jahreszeit sind die Gewächse oben in Lo Manthang noch ganz klein. Die Bewässerungssteuerung ist das grosse Anliegen der Lopas im Frühjahr. Ein ausgeklügeltes Bewässerungsverteilungssystem gewährt ihnen in Abhängigkeit von verschiedenen Zeiten den Zugang zu Wasser auf ihren Feldern.
Ein lohnenswerter Ausflug nach Choser
Lo Manthang - Choser
[17. Mai 2016] Choser ist eine Gemeinde, die mehrere Dörfer einschliesst. Choser befindet sich nördlich von Lo Manthang. Es liegt auf dem Weg, der an die tibetische Grenze führt. Choser besitzt als quasi letzter Durchgangsort vor der Grenze zu Tibet mehrere Sehenswürdigkeiten. Zudem vereint es verschiedene Flüsse im Oberlauf des Kali Gandaki. Man erreicht Choser wenn man dem Nhichung Khola folgt, eine breit auserodierte, aber flach abfallende Talsenke führt Richtung Osten, dann nach Norden. Der Bach führt relativ viel Wasser, dass je nach Jahreszeit weisslich fliesst. Die Landschaft ist ansonsten geprägt von abgerundeten Garaniten in wüstenartiger, sandiger Landschaft.Auch hier oben im Tal ist der Nachmittagswind ein sehr prägendes Element. Wir erreichen Choser nach rund 2 Stunden laufen und gelangen dorfeingangs, dessen Häuser dispers über das Tal verstreut sind, eine farbigen Chörten mit einer mittellangen Mauer. Wo sich das Tal entzweiet, gehen wir rechts gegen Osten und erreichen eine Ansammlung von Häusern mit vielen Caves oberhalb im farbigen Felsen. Dort gönnen wir uns einen Chai und sehen daneben die vielen kleinen Kinder, die uns zuwinken und uns zum Hingehen animieren. Sarah ging dann in die Schule und schaute dem eifrigen Gewusel der vielen Kleinkinder und deren Professors zu. Sehr bescheiden ist ihr leben, ihre Ausbildung dem angepasst. Viele Schüler besitzen nicht viel und deren Kleider sind schmutzig und ihre Ernährung ist einseitig. Die Kälte in der Nacht und im Winterhalbjahr sind sie sich zwar gewohnt, aber richtig warm haben sie wohl nicht. Nach einigen Fotos, nach deren Gutheissen, spenden wir etwas Geld. Dieses wird sofort eingesetzt, und rund 50 Eier werden beim kleinen Dorfladen gekauft. Die Menschen sind überaus herzlich, bedankten sich mit fast unheimlicher Freude auf diese kleine Geste hin.
Wir verlassen die Schule und stiegen dem Bachbett des Gheiche Khola hoch. Nur unweit vom Dorf steigen wir auf eine Fläche hoch und erreichen die Niphu Caves. Dort erwartet uns bereits ein Mann, der uns Zugang zu den Höhlen, hoch oben in den Felsen, die wir mittels einen Treppe erreichen. Die Niphu Caves sind in den annähernd losen Molasse-ähnlichen Felsburgen erbaut und sind zwischen 600-400 Jahre alt. Dieses Exemplar ist siebenstöckig und besitzt mehr als 80 Räume. Der Nutzen dieser Höhlen war - so meinen wir das beurteilen zu können - eine Wohnstätte viel eher als diese Höhlen zu Meditationszwecken dienten. Klar gibt es auch Höhlen, die ausschliesslich zu Meditation dienten, allerdings ist die Meditationszeit so lange, dass man die Höhlen auch gleichzeitig als Wohnort verwendete. Aus den verschiedenen Räumen ist klar ersichtlich, dass darin gekocht, geschlafen und gewaschen wurde. Die einzelnen Etagen sind heute mit Holzleitern miteinander verbunden, früher stiegen die Menschen wohl im teils losen Schotter hoch und wieder runter, ein nicht ganz ungefährlicher Wohnort.
Wir liefen zurück und querten das Bachbett zum farbigen Garphu-Monastrie, dass gemäss den Mönchen im 13 Jahrhundert erbaut wurde. Die Literatur von Ujwall meinte zwar 18Jh. Das Kloster steht auf einem sehr wackeligen Untergrund und ist auch mit einer Höhle verbunden. Darunter befindet sich eine Mönchsschule. Nach dem Besuch stiegen wir um die Felsen gegen Norden zu und erreichten das Niphu Monasterie wo einige Frauen mit grossen Körben Granite abtransportierten. Das Niphu Kloster wurde im 15 Jahrhundert gebaut.
Sam Dzong
Auf dem Rückweg zu Lo Manthang besuchten wir Sam Dzong, eine Siedlung die vom Schweizer Fotografen Manuel Bauer finanziert wurde. Sam Dzong befindet sich eigentlich eine Talschaft weiter westlich, doch dieses Dorf musste wegen dem Klimawandel umziehen. Das Wasser blieb über mehrere Jahre aus, weil die Gletscher im Bergbereich wegschmolzen. Danach wurde den Bewohnern unter Zustimmung des König von Mustang einen Grund geschenkt und neue Häuser gebaut. Wir erreichten den Geisterort und waren erstmal sehr enttäuscht, kein Leben darin vorzufinden.
Die Häuser stehen zwar da, aber wir fanden nur leere Häuser und keine Seele. Als wir den Häusern nach talabwärts schritten sahen wir bei einem Haus geöffnete Fenster und gingen hin und fanden tatsächlich zwei Männer und eine Frau vor. Sie berichteten uns, bzw. unserem Guide Ujwal, dass sie in Abwechslung mit anderen Familien Wache schoben und dass sie in einem Jahr, wenn die Bewässerungsleitungen gebaut sind, ihren Umzug durchführten. Dies beruhigte unsere Sorge um das Projekt und wir wurden zu einem Tee eingeladen. Wir setzten uns auf die schmutzigen Matratzen am Boden und liessen uns von ihren Geschichten bereichern. Die Frau feuerte den Ofen in der Hausmitte ein, mit einem langen Rohr pustete sie ihren Sauerstoff immer wieder in den Ofen, bis der Raum so voller Rauch war, dass uns allen die Tränen runter liefen. Dies dauerte rund eine Stunde aber wir wurden mit Reispopcorn verköstigt und die Dankbarkeit wegen unseres Besuchs und der Hilfe aus der Schweiz wegen waren überaus gross.
Herzlich und selbstverständlich war unsere Bewirtschaftung und ein grosser und herzzerreisender Dank mit gefalteten Händen kam uns entgegen, als der Tee endlich serviert wurde. Wir hoffen sehr, dass die Siedlung, bzw. die Wasserleitungen bald möglichst gebaut werden, dass die Bewohner von Sam Dzong ihr Leben da weiterführen können, mit dem Segen von Manuel Bauer und dem König von Mustang.
Eine Höhenwanderung mit einem Gipfel, ein steiler und staubiger Abstieg nach Dhi und ein Wiederaufstieg in einem Trockental in eine weitere Oase
Lo Manthang –Dhi - Yara
[18. Mai 2016] Heute war es an der Zeit, Lo Manthang wieder zu verlassen. Unsere Route sah vor, das tiefer gelegenen Lo Manthang Richtung Udi Danda, also mehr oder weniger südwärts, aber in die Höhe zu verlassen. Bereits nach der Durchquerung des Flusses Dokpola Khola stiegen wir hoch, entlang einer gut ausgetretenen Route auf einem staubigen Untergrund. Der Morgen war klar, das Wetter wunderbar und bereits schien uns die Sonne in den Rücken. Der Weg stieg entlang unterschiedlicher Täler, Rücken und Graten immer hoch und runter. Das ist das unverkennbare Merkmal vom Trekken in Mustang. Nachdem Hochsteigen folgt das Runtersteigen und das dauert den ganzen Tag an. Unzählige, nicht wasserführende Bachläufe sind Tag für Tag zu durchqueren, sei es in tieferen Schluchten oder auf höheren Graten. Alles ist zerfurcht, egal wohin man tritt. Nach rund zwei Stunden und einem relativ ausgesetzten stark erodierten Hang, den wir auf einem wohl wenig begangenen Weg traversierten, erreichten wir einen ersten passähnlichen Aussichtstpunkt. Lo Manthang war bereits aus der Sichtweite verschwunden aber die Aussicht auf den oberen Bereich, bis hin zur Grenze zu Tibet mit dieser unwahrscheinlich zerfurchten Landschaft lud zu einer Verschnaufpause ein. Danach führte der Weg uns entlang einer steilen Traverse runter um danach noch ein letztes Mal bevor es dann richtig runter geht, auf einen Gipfel zu steigen. Von Hier aus, so ca. in der Mitte des Hochtals sehen wir zum ersten mal 2 der prägenden 8000er dieser Region. Zu unserer Rechten ragt der Dhaulagiri über dem Tal um Jomsom, zu unserer Linken sehen wir den Annapurna I mit seinen ebenfalls hohen Gipfel um sich rund um um. Unfassbare Eiswelten: Nilgiri Himal Massiv, Tilicho Peak, dahinter die Annapurnakette mit den sichtbaren Gipfeln Gangapurna zur Linken, Annapurna I in der Mitte und den fast versteckten Annapurna III. Das Tal, dass sich der Kali Gandaki zwischen den zwei hohen Gipfeln, dem Daulagiri im Westen und dem Annapurna im Osten gebildet hatte, wird auch das tiefste Tal der Erde genannt. Zwischen Kalopani und Larjung, wo der Fluss den Hauptkamm des Himalayas schneidet, beträgt der Höhenunterschied zwischen den beiden 8000er zur Talsole gerade 5600m Differenz. Hier vom Aussichtspunkt kann man dieses Tal in seinem oberen Lauf beobachten und sich vorstellen, wie viele Millionen Jahre einer stetigen Erosionstätigkeit dazu führten und den Hauptkamm des Himalaya zu entzweien vermochte. Faszinierend. Vom Udi Danda stiegen wir über einen schönen Rücken ins Tal des Kali Gandaki ab. Zuerst war der Abstieg äusserst angenehm. Nach ca. einem Drittel des Abstiegs, wurde es ordentlich steil und vor allem staubig. Ein äusserst feiner Staub, manchmal knöchelhoch liess uns die Halstücher bis dicht unter die Augen, die mit Sonnenbrille verdeckt waren, hochziehen. Der aufgewirbelte Staub machte uns auch so noch zu schaffen. Doch der weiche Untergrund liess uns dafür schnell runterkommen. So hatten wir die gut 700m Abstieg dann in weniger als einer Stunde bereits hinter uns und wieder schauten wir auf eine grüne Oase in der Form eines eng zusammengebauten Dorfs am Kali Gandaki gelegen. Dhi war unser Verpflegungsort von wo wir nach Dal Bhat dann gegen Osten hin in ein trockenes, gelb gefärbtes Tal hochstiegen. In der Nachmittagshitze und heute mal ohne Wind, kämpften wir alle ein bisschen. Nicht nur der Hitze wegen, sondern auch weil wir bereits einige Kilometer an Fussmarsch hinter uns hatten. Nach etwa 3 Kilometer, stiegen wir auf steilem Wege links hoch und erreichten etwa 45 Minuten später das charmante aber auch vergleichsweise karge Dörfchen Yara auf 3650m. Dort schlugen wir in einem kleinen, spartanischen Häusschen, bestehend aus nur 5 Räumen unser Nachtlager auf. Die gutwillige und herzliche junge Frau besitzt wie so viele Lopa Frauen zwei Ehemänner. Es handelt sich um einen Brauch, der auch in Tibet oft anzutreffen ist. Die Frauen verheiraten sich oft mit allen Brüdern der selben Familie. Hier geht es darum, dass die Ländereien und die Tiere angehäuft werden können. Das es die Frauen sind, die hier das Sagen haben, ist nicht von der Hand zu weisen. Eigentlich unglaublich, wenn man dies auf die Welt projiziert, wo es gar selten so ist. Yara ist weiter südwestlich umgeben von kathedralartigen Felsgebilden mit vielen Höhlencaves, die so grossartig wie eine Festung über dem Tal thronen.
Luri Gompa, Tashi Kabum Yara –Tashi Kabum –Luri Gompa - Ghara -Yara
[19. Mai 2016] Heute wollen wir das letzte Kloster in Mustang besuchen. Es ragt weiter talaufwärts auf einem Felsen, dessen Zugang mit Treppen und Brücken versichert ist. Zuerst begaben wir uns zum Bachbett runter, wo nur ein kleiner Wasserlauf runtersprudelt. Die Landschaft ist karge, das Wasser nicht mehr genügend, weswegen die Dorfbewohner die Wasserleitungen renovieren. Dies dürfte auch eine Folge der Klimaveränderung sein, denn die Schneegrenze steigt über die höchsten Berge hinaus. Ein Problem, dass Mustang - wie auch das Beispiel Sam Dzong zeigt - unmittelbar betrifft und viele Dörfer an die Existenzgrenze bringt. Zuerst besuchen wir den Tashi Kabum, eine wunderschöne kleine Höhle auf der rechten Seite des engen Tals. Beim Hochsteigen mussten wir die letzten Meter hochklettern, und oben sahen wir auf die andere Talseite wo wir zwei ausgewachsene Himalayablauschafe (blue sheep) ausmachten. Das Männchen hat grosse faustdicke Hornaufsätze, die sich gegen die Kopfrichtung nach hinten drehen, das Weibchen kleinere, dem Alpensteinbock ähnliche Hörner. Die Höhle besteht aus zwei Räumen und im hinteren steht ein wunderschöner Chörten und eine unvergleichliche Deckenbemalung. Etwa eine Stunde später erreichten wir talaufwärts, dieses führt zum Saribung La, das Kloster Luri Gompa, dass ca. 500 Jahre alt ist. Es steht exponiert auf einem Molassesockel und die Aussicht auf die Talschaft ist wunderschön. Danach stiegen wir nach Ghara runter, einer kleinen Siedlung oberhalb von Yara. Dort assen wir Dal Bhat und machten einen Mittagsschlaf.Über die zerfurchte Schwemmebene nach Tangge
Yara –Dhechyang River traverse - Tangge
[20. Mai 2016] Heute brachen wir wieder etwas früher los, denn der Marsch sollte neben vielen Bergauf, vielen Bergab auch noch einige Kilometer lang werden. Wir marschierten runter ins Bachbett unterhalb von Yara bis ca. 3300m ab und danach stiegen wir bis 3800 wieder hoch auf gutem Pfade. Danach folgte eine relativ flache Passage über eine Art Plateau. Dieses Plateau wird von Osten her durch den grossen Bach Dhechyang Khola durchschnitten, weswegen wir gut 400 Höhenmeter steil ins Tal runter stiegen. Dort mussten wir mit Steinen eine kleine Brücke bauen, so dass wir ohne nasse Füsse auf der anderen Seite angelangten. Danach erreichten wir ein einzelnes Haus, dass sich Dhechyang Riverside Hotel nannte. Wir assen draussen auf Plastikstühlen eine gute Suppe, es war erst etwas nach 10.00 Uhr. Danach begann der lange Aufstieg über Ziegenwege hoch bis fast 4000m, was doch einigen Effort abverlangte. Oben war der Wind wieder unser dominantester Gegenspieler. Über ein weiteres Plateau erreichten wir einen Abhang durch einen engen Korridor, der uns mit unbeschreiblichem Gegenwind ins Tal bei Tangge führte. Tangge selber ist ein wunderbar gelegenes Dorf, dass entgegen unserer Vorahnung gute Unterkünfte bietet. Tangge ist nun wieder relativ tief gelegen und gut im Windschatten des Tales. Die Felder waren unbeschreiblich grün, Gerste, Weizen, Kartoffel und Kohl waren bereits in voller Blühte. Dies hatten wir in dieser Jahreszeit nicht erwartetet, aber unheimlich froh waren wir um die farbenprächtigen Abwechslungen in den Dörfern jeweils.Der lange Weg über mehrere Pässe zurück nach Chuksang
Tangge - Chuksang
[21. Mai 2016] Heute brachen wir unser Zelt bereits um 05.00 Uhr ab. Es sollten heute über 23 Km werden und v.a. mehr als 1800 Höhenmeter hochsteigen und am Schluss über 1400Hm runter nach Chuksang. Ein langer Tag erwartete uns. Heute morgen war der erste Tagesanbruch seit wir vor bald 2 Wochen in Jomsom gelandet waren, an dem eine leichter Wolkendecke über uns war. Dies sollte sich den ganzen Tag nicht ändern. Der Tangge Khola ist mit einer Nepalbrücke überspannt, welche wir bereits frühmorgens übergehen. Danach liefen wir ein erstes mal hoch über einen Rücken des Sherapko Himals um nur eine halbe Stunde später wieder ins Bachbett des Yak Khola abzusteigen. Dort mussten wir die Schuhe ausziehen und durch den knietiefen, eiskalten Bach stapfen. Wir trafen eine lokale Ziegenhirtin, die mit ihrem Goldzahn gerne ein Foto mit uns machen wollte. Wiederum eine äusserst herzliche Begegnung. Von jetzt an, stiegen wir 1000m hoch auf den ersten Pass. Die Steigung war insgesamt nicht ausserordentlich gross, aber lang andauernd. So erreichten wir mit grosser Freude den Pass auf knapp 4200m und gönnten uns eine Pause. Danach legt sich der Weg etwas und eine weitere halbe Stunde später erreichten wir die einzige Wasserstelle in Pa, einer Einhaussiedlung, für den ganzen Tag. Alle von uns hatten heute 2 Liter mit dabei. Nach Pa begann ein weiterer langer Aufstieg entlang eines Rückens, dem wir nun in ständigem und bald nicht aufhörendem Auf- und Ab folgten. Irgendwann erreichten wir den Kulminationspunkt, ein weiterer Gipfel auf 4300m namens Siyarko Tangk Danda. Der Himmel war mittlerweile richtig dunkel geworden, der Dhaulagiri war das Epizentrum eines Sturms, Schneefahnen gelangten bis ins Tal runter. Glücklicherweise blieb dieses Wettergeschehen mehr oder weniger wo es war, doch die Stimmung war fantastisch gerade dadurch. Jetzt begann der Abstieg über viele Umwege rund um den Rücken erreichten wir bald mal eine steile Flanke wovon wir nach dem immer noch weit entfernten Chuksang Ausschau hielten und es weit unten am Fusse des Kali Gandaki erspähten. Jetzt waren die Knie bereits etwas weich, doch wir kamen sehr gut vorwärts und erreichten etwa um 15.00 Uhr Chuksang. Wir waren überaus zufrieden mit der gesamten Equipe, taten sich viele Trekker doch auf der langen Strecke schwer. Dies jedenfalls erzählte uns unser Guide Ujwall.Chuksang –Kali Gandaki Canyon - Kagbeni
[22. Mai 2016] Nach verhältnismässig langem Ausschlafen machten wir uns ohne Guide und Träger auf den Weg nach Chele. Unser Ziel war es, uns nochmals in den tiefen Canyon zu begeben. Zu Beginn unseres Trekkings wussten wir noch nicht, dass wir den Kali Gandaki kaum zu Gesicht bekommen würden. Aus diesem Grund war es uns ein grosses Bedürfnis, dies noch nachzuholen. Und hierfür war der grosse Canyon gerade beim Eintritt ins Gebiet Upper Mustang wie geschaffen. Dort hat sich der Fluss eine bis zu 150m tiefe, enge Schlucht umgeben mit steilen Felswänden gegraben. Wir dachten, wir kämen einfach hoch, doch dies war eine Utopie, die sich nicht so einfach bewahrheitete. Der Fluss mäandriert nämlich dort von einer Felswand zur anderen, was für uns bedeutete, dass wir wenn wir dem Canyon folgen wollten, den Fluss durchqueren sollten. Dies stellt sich aber nicht durchgehend als einfach heraus. Die Flusstiefe kann je nach Ort hüfttief sein und das Wasser ist nicht gerade warm. Nichts desto trotz wollten wir einen Versuch wagen, die Bergschuhe in der Hand und den besten Durchgang gewählt, erreichten wir mit eiskalten Füssen das andere Ufer. Danach, nur vielleicht 200m flussaufwärts wurde der Canyon um einiges enger, der Fluss wieder von einer Felswand zu anderen strömend und wohl um einiges tiefer hier, war dann bereits Endstation. Wir genossen es trotzdem und suchten Versteinerungen, deren man hier oft findet. Beim Rückweg, kam uns ein Traktor entgegen, dessen zwei Männer nach grösseren Steinen im Bachbett suchten. Der Traktor durchquerte das Bachbett von unten kommend und der Fahrer sah uns die Schuhe wieder ausziehen. Er pfiff und deutete uns, zu ihm zu kommen. Er querte das Bachbett von unten her und drehte. Er deutete uns wiederholt, aufzusteigen und wir leisteten seinen Anweisungen folge. Er brachte uns trocken ans andere Ufer. Wir bedankten uns, er wackelte auf typisch nepalesische Art herzlich mit dem Kopf und fuhr wieder von Dannen. Den Rest des Morgens bis am Mittag verbrachten wir zurück in Chucksang und assen eine wunderbare Suppe bevor wir uns nach Kagbeni aufmachten. Rund 3-3.5 Stunden sollte das in Anspruch nehmen. Der Weg geht ausschliesslich entlang der Kiesstrasse via Thangbe. Bereits war der Talwind wieder unser ärgster Feind, dem wir aber trotzten. Abwechslungsweise leisteten jemand Windschatten und so kamen wir gut vorwärts und erreichten nach knapp 3 Stunden Kagbeni.Kagbeni - Jomsom
[23. Mai 2016] Als wir dem Bachbett folgend etwas nach dem Mittag in Jomsom angelangten, begann es zu regnen. Dies hatten wir in den letzten 14 Tagen nicht mehr gesehen, gar kaum mehr daran geglaubt, dass es das noch gibt. Glücklich waren wir, dies nicht auf dem Marsch über uns ergehen zu lassen und auch glücklich, dass wir die ganze Zeit über ein riesiges Wetterglück gehabt hatten, gesund blieben und kaum Probleme bei der Fortbewegung hatte, genossen wir den Nachmittag im regenhaften Jomsom.
Happy & thankful, shared this beautiful time with you, Graeme, Ujjwal, Subin & Kharananda – we will never forget it! Take care, try to catch your dreams whenever you can, follow your inner convictions, do not loose your way – because life is precious, not everybody has the same chances and opportunities, but we are very lucky to do what we did, like people all the time said! Tashi delek..
sarah & raphael
Link zum Bericht von Manuel Bauer: Manuel Bauer
Wissenswertes für einen Besuch von Upper Mustang
Die teilautonome Region Upper Mustang kann nur mit lizenziertem Guide und speziellem Entry-Permit besucht werden. Der Zugang ist via Flug nach Jomsom oder über eine nicht ganz ungefährliche Strasse ab Pokhara zu bewältigen. Flug- oder Jeepkosten halten sich in etwa die Waage, der öffentliche Bus ist günstiger aber oft mit Komplikationen verbunden. Allerdings entstehen dadurch Abenteuer, die anschliessend etwas zu erzählen geben. Das Entry-Permit kostet 500$ US pro Person und 10 Tage im inneren Gebiet von Upper Mustang.
Wasser kann an Wasserhahnen in Unterkünften, an Flüssen oder an Wasserstellen aufgefüllt werden. Allerdings ist alles Wasser mit Tabletten oder Filtern zu reinigen! Konsumation von Plastikflaschen, Bier und Snacks unterwegs, die in allen Dörfern gekauft werden können ist nicht zu empfehlen, denn der Abfall landet in der Natur. Beschränkung aufs Nötigste ist hier die Devise. Für Nepal bedarf es für Schweizer/Deutsche und andere Europäer ein Tourist-Visum für 15, 30 oder 100 Tage (Visum on arrival). Das Visum ist multiple-entry und kosten 30d = 40USD, 100d=100USD.
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