Auf Schleichwegen von Baden nach Zürich (Lägern-Burghorn 859 m)
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Zu Fuss von Baden nach Zürich, und zwar ohne dem motorisierten Verkehr zu begegnen. Geht das überhaupt? Die Autobahn zwischen Zürich und Baden gehört zu den meist befahrenen Strecken der Schweiz. Zudem beginnt die Tour am Bahnhof Baden und endet am Hauptbahnhof Zürich. Wie will man da dem Autoverkehr ausweichen?
Meistens versteht man unter Schleichwegen Autostrassen, die benützt werden, um einem Stau auszuweichen. Drei solcher Schleichwege muss man auf der gewählten Route kreuzen. Das sind aber auch schon fast die einzigen Berührungspunkte mit dem motorisierten Verkehr, nebst wenigen hundert Metern am Ausgangs- und Endpunkt der Tour in Baden und Zürich. Kurzum, eine typische ÖV-Tour.
Für die Anstrengungen auf der etwas langen Wanderung wird man mit folgenden Belohnungen entschädigt:
- Begehung des interessantesten Abschnitts der Lägern;
- ausschliesslich Naturstrassen und Wege, überwiegend im Wald und abseits bewohnter Gebiete (einzige Ausnahmen: Baden, Würenlos und Zürich);
- sanfter Ausklang der Tour am Wasser entlang, so dass in den Sommermonaten zum Abschluss ein erfrischendes Bad in der Limmat möglich wäre.
Zu Hause anhand der Landkarte die ideale Route zu suchen, hat für mich immer einen besonderen Reiz. Als Ortsunkundiger in Zürich einen autofreien Weg vom Hauptbahnhof zum Stadtrand zu finden, ist nicht ganz einfach. Als ich an einem schönen Vorfrühlingstag ohnehin in Zürich war, nützte ich die Gelegenheit, ging zu Fuss alles der Limmat entlang nach Höngg und entdeckte dort einen geeigneten Weg zum Waldrand. Danach konnte ich es kaum erwarten, die Tour auszuprobieren. So bald wie möglich wollte ich mein Vorhaben in die Tat umsetzen. Warum nicht gleich am nächsten Tag? Warum noch warten? Zu Hause packte ich den Rucksack und legte mich früh schlafen.
Der Weg vom Bahnhof Baden zum Burghorn ist einfach zu finden. Nach der alten Holzbrücke geht es über unzählige Treppenstufen hinauf zum Schartenfels. Es lohnt sich, zwischendurch einen Blick auf das Städtchen Baden zu werfen. Über die neue Brücke rollt dröhnend der morgendliche Schwerverkehr. Je höher man steigt, desto gedämpfter wirkt der Verkehrslärm, der irgendwann vom Vogelgezwitscher übertönt wird. Der Weg auf dem schmalen Grat ist aper und leicht gefroren, während auf der Nordseite ein wenig Schnee liegt. Dass dies nur der Vorgeschmack sein könnte, kommt mir allerdings nicht in den Sinn.
Nach dem Übergang auf den wesentlich breiteren Lägernsattel ist der Boden durchwegs schneebedeckt. Es hat jedoch Fussspuren, denen ich folgen kann. Auf dem Burghorn (859 m) hätte ich eigentlich das Tagesziel erreicht, wenn man darunter den höchsten Punkt einer Tour verstehen möchte. Rund 500 Höhenmeter habe ich zurückgelegt. Bis am Abend werden es mindestens doppelt so viele sein. Erstaunlich, nicht wahr? Sind es doch eher flache Hügel, über die ich im Laufe des Tages wandern werde. Im Dunst sind sie schwach zu erkennen. Weiter reicht die Sicht heute nicht, obwohl der Himmel wolkenlos blau ist. Zum Glück ist es nahezu windstill, so dass ich auf dem einsamen, winterlichen Lägerngipfel eine kurze Rast an der Sonne geniessen kann.
Vom Burghorn aus könnte ich direkt Richtung Otelfingen absteigen. Das wäre die kürzeste Variante, um nach Würenlos, dem nächsten Etappenziel, zu gelangen. Laut Landeskarte gibt es etwa 700 m weiter östlich, gleich nach der Kantonsgrenze, eine Abzweigung. So kann ich ein wenig länger oben auf dem schönen Grat bleiben. Einen Wegweiser hat es jedoch keinen und die Spuren im Schnee führen alle der Gratkante entlang, der ich nun bis Altlägern folgen muss. Ein Umweg, für dessen Mühe ich mehr als entschädigt werde: Blendend weiss hebt sich der schmale Grat vom stahlblauen Himmel ab. Kein Mensch weit und breit. Einzig die noch kahlen Stämme und Äste machen klar, dass ich mich auf einem Ausläufer des Juras und nicht im Hochgebirge befinde.
Beim nächsten Wegweiser dann das Warnschild: „Vorsicht, steiler Weg! Trittsicherheit nötig.“ Der Abstieg ist jedoch gut ausgebaut, mit zahlreichen Treppenstufen versehen und auch bei den heutigen Verhältnissen gut zu begehen. Unten auf der Forststrasse kommt mir ein anderer Wanderer entgegen und fragt, ob der Weg wieder frei sei. Hier sei nämlich sein Lieblingsaufstieg und bis vor kurzem sei alles vom Holzschlag versperrt gewesen. An die Möglichkeit solcher Hindernisse, die mir meine Pläne gewaltig hätten durchkreuzen können, hatte ich überhaupt nicht gedacht. Er ist übrigens der erste Mensch, dem ich seit Baden begegne.
Konnte ich bisher getrost den Wanderwegmarkierungen folgen, so ist für den Übergang zur Hügelkette von Altberg und Gubrist eine genaue Karte unerlässlich, um sich im Labyrinth unzähliger Forststrassen und anderer Wege einigermassen zurechtzufinden. Denn jeder kleine „Verhauer“ verlängert die ohnehin schon lange Tour zusätzlich, nebst weiteren Höhenmetern. Leider habe ich es versäumt, die mit den virtuellen Werkzeugen von „SchweizMobil“ zusammengestellte Route auf mein GPS zu laden. Statt aufs Gerät schaue ich nun auf Karte und Landschaft. So entdecke ich Dinge, die ich sonst vielleicht übersehen hätte, beispielsweise abseits des Weges ein kleines Naturschutzgebiet, das ein paar hundert Meter nördlich der Furttalstrasse liegt.
Die Furttalstrasse zwischen Regensdorf und Wettingen ist einer der Schleichwege, um den Staus im Gubristtunnel auszuweichen, und stets stark befahren. Die Überquerung dieser Hauptstrasse ist seit heute Morgen der erste Berührungspunkt mit dem motorisierten Verkehr. Gleich darauf geht es wieder den Wald hinauf, der laut Karte Gmeumeriwald heisst und zur Gemeinde Würenlos gehört. Am sonnigen, südwärts gerichteten Waldrand hat es zwei Sitzbänke. Heute die erste Gelegenheit für eine etwas ausgedehntere Rast. Der schmucke Picknickplatz mit Grillstelle und Brunnen, den ich um die Mittagszeit im Wald unterhalb des Lägernhangs gefunden hatte, war etwas gar winterlich, so dass ich es dort nicht lange aushielt.
Würenlos assoziierte ich bisher ausschliesslich mit einer Autobahnraststätte, dem sog. „Fressbalken“. Das Dorf am unteren Ende des Furttals, durch welches ich nun wandere, war mir gänzlich unbekannt. Erdgeschichtlich gesehen befindet es sich an einer Schnittstelle. Denn nun quere ich vom letzten Juraausläufer auf die Moräne des eiszeitlichen Linthgletschers mit den beiden Hügeln Altberg und Gubrist. Das ist zugleich die dritte und längste Etappe der heutigen Tour. Beim Aufstieg Richtung Altberg (631 m) habe ich streckenmässig noch nicht einmal die Hälfte hinter mir. Das Schild „Waldschenke“ verheisst eine Pause bei einem feinen Dessert. Allein der Gedanke motiviert mich zum schnelleren Weiterlaufen. Doch als ich dort ankomme, ist die Fantasie seltsamerweise verfolgen. Es zieht mich fort und ohne einzukehren gehe ich weiter.
Die Rast mache ich dann später. Auf einem Baumstrunk, an der wärmenden Sonne am Südhang des Altbergs. Aus der Ferne, kaum vernehmbar, das dumpfe Rauschen des Verkehrs. Nur ab und zu wird die idyllische Stille von Flugzeugen gestört. Irgendwie gefällt es mir hier besser als in der Waldschenke, auch wenn die Verpflegung bloss aus Wasser und Getreidestängeln besteht. Frisch gestärkt mache ich mich wieder auf den Weg. Bald folgt der nächste Einschnitt: die Überquerung der Strasse, die Regensdorf mit Weiningen verbindet. Dann geht es weiter Richtung Gubrist. Auf der Anhöhe sehe ich unten im Dunst die vielen Autos, der übliche Stau, der sich bereits gebildet hat.
Wer das Wort „Gubrist“ hört, denkt wahrscheinlich unwillkürlich an Verkehrsmeldungen und Stau. Und wer nicht in der Gegend wohnt, dürfte kaum je auf die Idee kommen, den bewaldeten Hügel, unter dem der Tunnel durchführt, zu besuchen. Die heutige Tour ist darum eine gute Gelegenheit für eine andere Betrachtungsweise. Bei der riesigen Abluftanlage, die irgendwie an den rostigen Monolithen der letzten Expo erinnert, halte ich an. Der Autobahntunnel liegt nun direkt unter mir. Eine Gedenkminute für alle, die hier tagtäglich im Stau stehen! Wieviel Lebenszeit ergibt das zusammengezählt? Wahnsinn! Wenn die wüssten, wie schön es hier oben ist! Allein der Gedanke, dass die unten, eingezwängt in ihre Blechbüchsen, um diese Zeit – es ist 16.37 Uhr – nicht viel schneller vorankommen als ich hier oben zu Fuss, ist ein befreiendes Gefühl.
Der Gipfel des Gubrist (615 m) liegt mitten im Wald. Als „Gipfelkreuz“ dient ein hoher Antennenmast. Der Abstieg ist der Höhe entsprechend flach. Bei Grünwald kreuzt die Route zum dritten und letzten Mal eine Hauptstrasse. Zahlreiche parkierte Autos machen klar, dass es nicht mehr weit bis zur Grossstadt Zürich ist. Wenn man auf der Anhöhe oberhalb von Höngg dem Wegweiser Richtung Bucheggplatz folgt, kommt man zum Findlingsgarten Kappenbühl. Dort kann man den Fuss auf den Tödi setzen, genauer gesagt auf ein Stück Granit, das der Linthgletscher vor 15‘000 Jahren in der Gegend liegen gelassen hat.
Verlässt man beim Wegweiser „Vogtsrain“ den Wanderweg, kommt man (abgesehen von den wenigen Metern am Meierhofplatz) praktisch autofrei bis zur Limmat hinunter. Nach der reformierten Kirche gelangt man zum stadteigenen Rebberg mit Sitzbänken zum Ausruhen und Blick auf Zürich und Uetliberg – bei guter Fernsicht sogar bis weit in die Glarner Alpen. Am unteren Ende des Rebbergs geht es links und nach dem Überqueren der Strasse die Treppe hinab zur Limmat. Nun alles dem Ufer entlang bis zum Hauptbahnhof Zürich. Ein beschaulicher Ausklang der Tour, für den man nochmals eine knappe Stunden braucht.
Es ist bereits dunkel, als ich beim Landesmuseum die Strasse überquere und in die unterirdische Welt des Zürcher Shopville eintauche. Wenige Minuten später besteige ich die S-Bahn und lasse mich müde, aber glücklich in die Sitzbank fallen. Rund zehneinhalb Stunden, einschliesslich aller Pausen, war ich unterwegs. Als ich vor vier Jahren über die Lägern nach Regensberg wanderte, hätte ich eine solche Tour noch nicht geschafft – was einmal mehr beweist, dass das Training entscheidender ist als das Alter. Gewiss, die Tour ist lang und entsprechend kräftezehrend, jedoch verblüffend vielseitig und wenn man den richtigen Tag erwischt von erstaunlicher Schönheit.
Meistens versteht man unter Schleichwegen Autostrassen, die benützt werden, um einem Stau auszuweichen. Drei solcher Schleichwege muss man auf der gewählten Route kreuzen. Das sind aber auch schon fast die einzigen Berührungspunkte mit dem motorisierten Verkehr, nebst wenigen hundert Metern am Ausgangs- und Endpunkt der Tour in Baden und Zürich. Kurzum, eine typische ÖV-Tour.
Für die Anstrengungen auf der etwas langen Wanderung wird man mit folgenden Belohnungen entschädigt:
- Begehung des interessantesten Abschnitts der Lägern;
- ausschliesslich Naturstrassen und Wege, überwiegend im Wald und abseits bewohnter Gebiete (einzige Ausnahmen: Baden, Würenlos und Zürich);
- sanfter Ausklang der Tour am Wasser entlang, so dass in den Sommermonaten zum Abschluss ein erfrischendes Bad in der Limmat möglich wäre.
Zu Hause anhand der Landkarte die ideale Route zu suchen, hat für mich immer einen besonderen Reiz. Als Ortsunkundiger in Zürich einen autofreien Weg vom Hauptbahnhof zum Stadtrand zu finden, ist nicht ganz einfach. Als ich an einem schönen Vorfrühlingstag ohnehin in Zürich war, nützte ich die Gelegenheit, ging zu Fuss alles der Limmat entlang nach Höngg und entdeckte dort einen geeigneten Weg zum Waldrand. Danach konnte ich es kaum erwarten, die Tour auszuprobieren. So bald wie möglich wollte ich mein Vorhaben in die Tat umsetzen. Warum nicht gleich am nächsten Tag? Warum noch warten? Zu Hause packte ich den Rucksack und legte mich früh schlafen.
Der Weg vom Bahnhof Baden zum Burghorn ist einfach zu finden. Nach der alten Holzbrücke geht es über unzählige Treppenstufen hinauf zum Schartenfels. Es lohnt sich, zwischendurch einen Blick auf das Städtchen Baden zu werfen. Über die neue Brücke rollt dröhnend der morgendliche Schwerverkehr. Je höher man steigt, desto gedämpfter wirkt der Verkehrslärm, der irgendwann vom Vogelgezwitscher übertönt wird. Der Weg auf dem schmalen Grat ist aper und leicht gefroren, während auf der Nordseite ein wenig Schnee liegt. Dass dies nur der Vorgeschmack sein könnte, kommt mir allerdings nicht in den Sinn.
Nach dem Übergang auf den wesentlich breiteren Lägernsattel ist der Boden durchwegs schneebedeckt. Es hat jedoch Fussspuren, denen ich folgen kann. Auf dem Burghorn (859 m) hätte ich eigentlich das Tagesziel erreicht, wenn man darunter den höchsten Punkt einer Tour verstehen möchte. Rund 500 Höhenmeter habe ich zurückgelegt. Bis am Abend werden es mindestens doppelt so viele sein. Erstaunlich, nicht wahr? Sind es doch eher flache Hügel, über die ich im Laufe des Tages wandern werde. Im Dunst sind sie schwach zu erkennen. Weiter reicht die Sicht heute nicht, obwohl der Himmel wolkenlos blau ist. Zum Glück ist es nahezu windstill, so dass ich auf dem einsamen, winterlichen Lägerngipfel eine kurze Rast an der Sonne geniessen kann.
Vom Burghorn aus könnte ich direkt Richtung Otelfingen absteigen. Das wäre die kürzeste Variante, um nach Würenlos, dem nächsten Etappenziel, zu gelangen. Laut Landeskarte gibt es etwa 700 m weiter östlich, gleich nach der Kantonsgrenze, eine Abzweigung. So kann ich ein wenig länger oben auf dem schönen Grat bleiben. Einen Wegweiser hat es jedoch keinen und die Spuren im Schnee führen alle der Gratkante entlang, der ich nun bis Altlägern folgen muss. Ein Umweg, für dessen Mühe ich mehr als entschädigt werde: Blendend weiss hebt sich der schmale Grat vom stahlblauen Himmel ab. Kein Mensch weit und breit. Einzig die noch kahlen Stämme und Äste machen klar, dass ich mich auf einem Ausläufer des Juras und nicht im Hochgebirge befinde.
Beim nächsten Wegweiser dann das Warnschild: „Vorsicht, steiler Weg! Trittsicherheit nötig.“ Der Abstieg ist jedoch gut ausgebaut, mit zahlreichen Treppenstufen versehen und auch bei den heutigen Verhältnissen gut zu begehen. Unten auf der Forststrasse kommt mir ein anderer Wanderer entgegen und fragt, ob der Weg wieder frei sei. Hier sei nämlich sein Lieblingsaufstieg und bis vor kurzem sei alles vom Holzschlag versperrt gewesen. An die Möglichkeit solcher Hindernisse, die mir meine Pläne gewaltig hätten durchkreuzen können, hatte ich überhaupt nicht gedacht. Er ist übrigens der erste Mensch, dem ich seit Baden begegne.
Konnte ich bisher getrost den Wanderwegmarkierungen folgen, so ist für den Übergang zur Hügelkette von Altberg und Gubrist eine genaue Karte unerlässlich, um sich im Labyrinth unzähliger Forststrassen und anderer Wege einigermassen zurechtzufinden. Denn jeder kleine „Verhauer“ verlängert die ohnehin schon lange Tour zusätzlich, nebst weiteren Höhenmetern. Leider habe ich es versäumt, die mit den virtuellen Werkzeugen von „SchweizMobil“ zusammengestellte Route auf mein GPS zu laden. Statt aufs Gerät schaue ich nun auf Karte und Landschaft. So entdecke ich Dinge, die ich sonst vielleicht übersehen hätte, beispielsweise abseits des Weges ein kleines Naturschutzgebiet, das ein paar hundert Meter nördlich der Furttalstrasse liegt.
Die Furttalstrasse zwischen Regensdorf und Wettingen ist einer der Schleichwege, um den Staus im Gubristtunnel auszuweichen, und stets stark befahren. Die Überquerung dieser Hauptstrasse ist seit heute Morgen der erste Berührungspunkt mit dem motorisierten Verkehr. Gleich darauf geht es wieder den Wald hinauf, der laut Karte Gmeumeriwald heisst und zur Gemeinde Würenlos gehört. Am sonnigen, südwärts gerichteten Waldrand hat es zwei Sitzbänke. Heute die erste Gelegenheit für eine etwas ausgedehntere Rast. Der schmucke Picknickplatz mit Grillstelle und Brunnen, den ich um die Mittagszeit im Wald unterhalb des Lägernhangs gefunden hatte, war etwas gar winterlich, so dass ich es dort nicht lange aushielt.
Würenlos assoziierte ich bisher ausschliesslich mit einer Autobahnraststätte, dem sog. „Fressbalken“. Das Dorf am unteren Ende des Furttals, durch welches ich nun wandere, war mir gänzlich unbekannt. Erdgeschichtlich gesehen befindet es sich an einer Schnittstelle. Denn nun quere ich vom letzten Juraausläufer auf die Moräne des eiszeitlichen Linthgletschers mit den beiden Hügeln Altberg und Gubrist. Das ist zugleich die dritte und längste Etappe der heutigen Tour. Beim Aufstieg Richtung Altberg (631 m) habe ich streckenmässig noch nicht einmal die Hälfte hinter mir. Das Schild „Waldschenke“ verheisst eine Pause bei einem feinen Dessert. Allein der Gedanke motiviert mich zum schnelleren Weiterlaufen. Doch als ich dort ankomme, ist die Fantasie seltsamerweise verfolgen. Es zieht mich fort und ohne einzukehren gehe ich weiter.
Die Rast mache ich dann später. Auf einem Baumstrunk, an der wärmenden Sonne am Südhang des Altbergs. Aus der Ferne, kaum vernehmbar, das dumpfe Rauschen des Verkehrs. Nur ab und zu wird die idyllische Stille von Flugzeugen gestört. Irgendwie gefällt es mir hier besser als in der Waldschenke, auch wenn die Verpflegung bloss aus Wasser und Getreidestängeln besteht. Frisch gestärkt mache ich mich wieder auf den Weg. Bald folgt der nächste Einschnitt: die Überquerung der Strasse, die Regensdorf mit Weiningen verbindet. Dann geht es weiter Richtung Gubrist. Auf der Anhöhe sehe ich unten im Dunst die vielen Autos, der übliche Stau, der sich bereits gebildet hat.
Wer das Wort „Gubrist“ hört, denkt wahrscheinlich unwillkürlich an Verkehrsmeldungen und Stau. Und wer nicht in der Gegend wohnt, dürfte kaum je auf die Idee kommen, den bewaldeten Hügel, unter dem der Tunnel durchführt, zu besuchen. Die heutige Tour ist darum eine gute Gelegenheit für eine andere Betrachtungsweise. Bei der riesigen Abluftanlage, die irgendwie an den rostigen Monolithen der letzten Expo erinnert, halte ich an. Der Autobahntunnel liegt nun direkt unter mir. Eine Gedenkminute für alle, die hier tagtäglich im Stau stehen! Wieviel Lebenszeit ergibt das zusammengezählt? Wahnsinn! Wenn die wüssten, wie schön es hier oben ist! Allein der Gedanke, dass die unten, eingezwängt in ihre Blechbüchsen, um diese Zeit – es ist 16.37 Uhr – nicht viel schneller vorankommen als ich hier oben zu Fuss, ist ein befreiendes Gefühl.
Der Gipfel des Gubrist (615 m) liegt mitten im Wald. Als „Gipfelkreuz“ dient ein hoher Antennenmast. Der Abstieg ist der Höhe entsprechend flach. Bei Grünwald kreuzt die Route zum dritten und letzten Mal eine Hauptstrasse. Zahlreiche parkierte Autos machen klar, dass es nicht mehr weit bis zur Grossstadt Zürich ist. Wenn man auf der Anhöhe oberhalb von Höngg dem Wegweiser Richtung Bucheggplatz folgt, kommt man zum Findlingsgarten Kappenbühl. Dort kann man den Fuss auf den Tödi setzen, genauer gesagt auf ein Stück Granit, das der Linthgletscher vor 15‘000 Jahren in der Gegend liegen gelassen hat.
Verlässt man beim Wegweiser „Vogtsrain“ den Wanderweg, kommt man (abgesehen von den wenigen Metern am Meierhofplatz) praktisch autofrei bis zur Limmat hinunter. Nach der reformierten Kirche gelangt man zum stadteigenen Rebberg mit Sitzbänken zum Ausruhen und Blick auf Zürich und Uetliberg – bei guter Fernsicht sogar bis weit in die Glarner Alpen. Am unteren Ende des Rebbergs geht es links und nach dem Überqueren der Strasse die Treppe hinab zur Limmat. Nun alles dem Ufer entlang bis zum Hauptbahnhof Zürich. Ein beschaulicher Ausklang der Tour, für den man nochmals eine knappe Stunden braucht.
Es ist bereits dunkel, als ich beim Landesmuseum die Strasse überquere und in die unterirdische Welt des Zürcher Shopville eintauche. Wenige Minuten später besteige ich die S-Bahn und lasse mich müde, aber glücklich in die Sitzbank fallen. Rund zehneinhalb Stunden, einschliesslich aller Pausen, war ich unterwegs. Als ich vor vier Jahren über die Lägern nach Regensberg wanderte, hätte ich eine solche Tour noch nicht geschafft – was einmal mehr beweist, dass das Training entscheidender ist als das Alter. Gewiss, die Tour ist lang und entsprechend kräftezehrend, jedoch verblüffend vielseitig und wenn man den richtigen Tag erwischt von erstaunlicher Schönheit.
Tourengänger:
Fico
Communities: Alleingänge/Solo, ÖV Touren
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