Biwaktour vom Mattmark nach Zwischenbergen


Publiziert von basodino , 28. April 2013 um 17:27.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:27 Juli 2003
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   I 
Zeitbedarf: 6 Tage
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Den Stausee Mattmark erreicht man mit Pkw oder Bus durchs Saaser Tal via Saas Almagell bis Straßenende. Parkplatz (gebührenpflichtig).
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Saas Almagell ist der letzte Ort im Saaser Tal. Busverbindung zum Ausgangspunkt.
Unterkunftmöglichkeiten:Bivacci Antigine (2837 m), Camposecco (2325 m) und Varese (2350 m), alle Selbstversorger ohne Kochgelegenheit, Rif. Andolla CAI (2052 m) bewirtschaftet und Almageller Hütte SAC (2894 m) bewirtschaftet

Eine Tour ohne Gipfel, aber mit jeder Menge Höhepunkte. Wer die Einsamkeit liebt und keinen Komfort benötigt, kann hier die Rückseite des Wallis erleben, großartige Landschaften.

Wir sind an einem Sonntag ins Wallis gefahren und kamen so gegen 14 Uhr am Stausee Mattmark an, wo man damals gebührenfrei parken konnte (heute wohl nicht mehr). Dort sattelten wir unsere viel zu schweren Rucksäcke, die uns in der dünnen Luft gleich noch massiger vorkamen. Man überquert die Staumauer nach links und trifft auf der Seeumrundung schon bald (nach ca. 900 m) auf die Abzweigung nach links aufwärts. Jetzt ganz langsam Schritt für Schritt hinauf. Auf 2330 m verzweigt sich der Weg und man nimmt den oberen. Bald wird das Gelände flacher und das Gehen angenehmer. Man wandert tief ins flache Ofental hinein. Bei P. 2721 zweigt man nicht links ab, sondern verfolgt weiterhin die bisherige Linie, um zuletzt wieder etwas stärker ansteigend den Ofentalpass oder Passo di Antigine (2834 m) zu erreichen. Kurz vor dem Pass befindet sich ein kleines Seelein, das einzige, wenngleich evtl. nicht ganz koschere Wasser in der Nähe des Passes. T2, 3 h 00 min.
Gleich links hinter dem Pass steht in schöner Aussichtslage nach Italien die Blechschachtel, das Bivacco Antigine (2837 m). Diese einfache Unterkunft unterscheidet sich nur wenig von den folgenden beiden Biwaks, die wir ansteuern wollten. Es befinden sich Matratzen und Wolldecken im Biwak, einige Teller und Geschirr, aber keine Kochgelegenheit und kein Wasser. Man muss also einen Kocher und Töpfe mitnehmen. Auch ein mittelwarmer Schlafsack ist anzuraten, da die Metallkonstruktion nicht wirklich isoliert (alles Stand 2003!!!).
Wer keine so lange Anfahrt hinter sich hatte, kann südlich und nördlich des Passes leicht zugängliche Gipfel > 3000 m finden, die man jeweils in ca. 1 Std. Aufstieg erreichen könnte.

Am 2. Tag stiegen wir auf der italienischen Seite ab. Die Wegspur war nicht überall sichtbar, das Gelände ist aber leicht und nicht allzu steil. Auf der Alpe Laugera (2286 m) trifft man auf eine gedeckte Wasserleitung und somit auch auf den GTA. Man zweigt nach links ab und folgt der Wasserleitung. Diese verschwindet in dem massiven Felsausläufer des Pizzo Cingino. Man steigt steil durch Wiesen rechts hinab, quert felsig und leicht exponiert den Felsausläufer und steigt jenseits wieder auf, bis man erneut auf die Wasserleitung trifft. So erreicht man die Häuser am Lago di Cingino (2250 m), man überquert die Staumauer und überquert einen flachen Hügel und steigt dahinter ein wenig hinab. T3+, 2 h 30 min.
Recht unscheinbar erscheint der Schacht, den man über eine Leiter hinabsteigt, um in den Berg zu gelangen. Dort findet man eine breites Wasserrohr, welchem man rechts davon folgt. Man muss sowohl auf seinen Kopf ein wenig achten, wie auch auf viele Wasserpfützen, sonst sind Kopfschmerzen und nasse Füsse vorprogrammiert. Eine Stirnlampe ist unerlässlich. Nach 2,5 km oder einer knappen Stunde sieht man das Licht am Ende des Tunnels (zwischendruch kann man kaum pausieren). Bei P. 2151 kommt man wieder aus dem Berg heraus. Hier nimmt man die vertraute Wasserleitung wieder auf und quert weiter horizontal bzw. minimal ansteigend den Hang. Überraschend steilt sich die Wasserleitung nun auf und unangenehm gerade steigt man zum Lago di Camposecco (2325 m) auf. Das zweite Biwak liegt links auf einem kleinen Hügel. T2, 2 h 00 min.

Im Gegensatz zum 1. Biwak, findet sich hier in der Nähe ausreichend Wasser.
Am 3. Tag überquerten wir zunächst die Staumauer und folgten dem Weg nach links. Bald trennt sich die Passroute von einer im Ansatz existierenden Seeumrundung. Über Wiesen steigt man recht direkt an bis man unter den Felsriegel der Coronette kommt. Der Pass selbst ist zugänglich durch eine steile Rinne, beinahe einem Kamin ähnelnd. Hier braucht man die Hände, das eine oder andere Fixseil kann zur Hilfe genommen werden. T3, in der Rinne T4+, I, 1 h 30 min.
Jenseits des Passes wird das Gelände felsiger und flacher. Man verliert zunächst kaum an Höhe, bis man in das brüchiger werdende Moränengeröll des sterbenden Bottarello-Gletschers gelangt. Auch dort versucht man die Höhe halbwegs zu halten, es sei denn man möchte das Bivacco Varese unterhalb umgehen. Wir querten weiter durch das instabiles Geröll bis man jenseits die andere Moränenseite ersteigen kann und dahinter auf grasigem Untergrund landet. Nun recht bequem leicht ansteigend bis zu dem Felssporn, auf dem das rote Biwak steht, welches man von links über eine schmale Leiste erreicht. T3+, 1 h 30 min.

Das 3. Biwak kann man auch auslassen, wenn man zum nahen Rif. Andolla weiterlaufen möchte. Die Lage des Biwaks auf einem exponierten Felssporn ist aber schon ein Abenteuer. Das Biwak ist mit Metallseilen fixiert, die im Wind singen, man hat nur wenige Meter Platz vor dem Biwak und nachts mal aufs Klo ist ein Problem. Wasser findet sich ca. 10 Minuten nach Süden, wo sich unterhalb der Firnfelder der Ostflanke des Sonnigpasses Wasserläufe gebildet haben. Von der Möglichkeit von dort über einen sehr schönen Klettersteig zum Sonnigpass zu gelangen, wussten wir noch nichts, sonst wäre dies die kürzere Variante, um am nächsten Tag in die Schweiz zurückzukehren.

Der 4. Tag galt ganz der Erholung, da wir nur den einfachen Weg zum nahen Rif. Andolla (2052 m) nahmen. T3, 1 h 15 min. Dort ließen wir die Beine baumeln und uns vom Wirt verwöhnen, nach 3 Tagen Tütenessen eine willkommene Abwechslung.

Der 5. Tag hatte es dann aber wieder in sich, was auch der Grund war, den 4. Tag dazwischen zu bauen. Man kann den 3.+4. Tag ohne Probleme auf einen verdichten, mit dem 4.+5. Tag würde ich das nicht tun. Von der Hütte folgt man dem guten Weg in nördlicher Richtung recht gleichmäßig ansteigend bis zum Passo Andolla (2418 m). T2, 1 h 15 min.
Wenn man dahinter nicht auf der markierten Route bis zur Brücke (1760 m) absteigen will, so muss man eine Strecke wegloses Gelände in Kauf nehmen. Wir stiegen nur etwa 120 Höhenmeter auf der normalen Route ab und zweigten dann in flachem Gelände nach links ab. Weglos stiegen wir an P. 2285 vorbei bis ca. 2200 ab und schwenkten ab in eine Querung Richtung P. 2190. Hier fanden wir stark verbuschte und überraschend steile Hänge vor, die uns Kraft und Zeit raubten und uns am großen Vorteil dieser Route zweifeln ließen. T4, 2 h 00 min.
Auch war an eine Überquerung des Zwischenbergenbaches nicht zu denken. Wir konnten jenseits den alten Wegverlauf gut erkennen, der aber an ein paar Stellen unterbrochen schien. In diesem Tal herrschen starke Erosionskräfte, so dass die damalige Talroute wohl aufgegeben wurde (wie ich einer heutigen Karte entnehme, führt die Route viel höher durch). Da uns die Überquerung der Hauptader des Baches (Wildwasser wäre wohl der bessere Namen) verschlossen blieb, stiegen wir über Geröll und Blöcke bis ca. 2420 m auf. Dort splittete sich der Bach ins zwei Ströme auf, die eine Insel bildete. Hier konnten wir die beiden jeweils schwächeren Ströme letztlich überwinden und auf die damals noch existente Route nach rechts hinüberqueren. T4+, 1 h 15 min.
Auf einem abgerundeten Moränenrücken stiegen wir weiter an bis sich nach P. 2697 m die Route weiter beruhigt. Links beeindruckte uns die Zerrissenheit des Zwischenbergengletschers. Zunächst umrundeten wir eine Vielzahl großer Blöcke, bis wir uns gewahr wurden, dass wir uns bereits auf dem Gletscher befanden. Sobald die Blöcke weniger wurden und etwas Firnauflage vorhanden war, konnten wir gemütlicher vor uns hin latschen, bis wir in einen Kessel gelangten. Dieser war durch blockige Hänge begrenzt, die wir zu einem zweiten Firnfeld ersteigen mussten. In einer Kurve ging es um einen Felsbank herum und schließlich unschwierig über Geröll bis zum Zwischenbergenpass. T4, 2 h 30 min.

Nach gut 7 Stunden Gehzeit machte uns nurmehr die nahe Hütte Mut. Glücklicherweise weist der Weg vom Pass zur Hütte keine nennenswerte Schwierigkeiten auf, so dass wir es langsam und ruhig auslaufen lassen konnten. Die schöne Almageller Hütte (2894 m) nahm uns dann auch gastfreundlich auf. T3, 0 h 50 min.

Unsere Pläne evtl. von der Hütte aus noch einen hohen Gipfel anzuschließen, waren dann am letzten und 6. Tag nicht mehr durchführbar. Zwar wanderten wir noch gut 1 Stunde in Richtung Mittelrück, drehten dann aber auf ca. 3000 m um. So stiegen wir letztlich doch nur den normalen Hüttenweg via Almagelleralp nach Saas Almagell ab. T2, 3 h 00 min.

Insgesamt habe ich diese Rundtour als eine der schönsten Hüttentouren in Erinnerung, da man sehr unterschiedliches Gelände unter die Füsse bekommt und neben Mammutetappen (Tag 5) auch viel Zeit für Ruhe und Entspannung bleibt. Natürlich kann man die Tour auch in 5 Tagen machen, speziell wenn man über den Sonnigpass (Klettersteig) zurückkehrt. Richtig fitte Zeitgenossen mögen es auch in 4 oder gar 3 Tagen schaffen.

Neuere Eindrücke einer vergleichbaren Tour gibt es unter http://www.hikr.org/tour/post69180.html

Tourengänger: basodino


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Kommentare (4)


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MicheleK hat gesagt: Danke
Gesendet am 28. April 2013 um 18:45
super Sache - die Gegend habe ich schon lange im Kopf. Dein Bericht koennte dabei sehr hilfreich sein,

Gruss,
Michele

basodino hat gesagt: RE:Danke
Gesendet am 28. April 2013 um 20:03
Hallo Michele,

es freut mich immer, wenn ich hilfreich sein kann. Würde mich freuen, einen entsprechenden Bericht nach Deiner Tour zu lesen. Vielleicht hat sich in den 10 Jahren auch einiges verändert.

Gruss,
Marcel

xaendi hat gesagt: RE:Danke
Gesendet am 17. August 2013 um 16:15
Vielleicht kann auch ich ein entsprechendes Update nachliefern ;-) Vielen Dank für deinen Bericht, der mich inspiriert hat, dieselbe Tour auch zu machen.
Gruss, Alex

basodino hat gesagt: RE:Danke
Gesendet am 19. August 2013 um 19:02
Hallo Alex,

danke für Deine Nachricht. Habe Deinen Bericht als Link an meinen dran gehängt. Freut mich jedes Mal, wenn ich merken darf, dass einer meiner Berichte einen positiven Effekt hatte.

Gratuliere zu den tollen Fotos.

Gruß
Marcel


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