NADELHORN 4327m und ULRICHSHORN 3925m


Publiziert von Wolfenstein , 26. August 2010 um 14:10. Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:20 August 2010
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 1 Tage 3:30
Aufstieg: 2130 m
Abstieg: 2600 m
Strecke:Stn. Hannig - Spissen - Pt. 2419 - Mischabelhütte - Hohbalmgletscher - Windjoch - Pt. 4115 - Nadelhorn - Windjoch - Ulrichshorn - retour nach Saas Fee
Zufahrt zum Ausgangspunkt:in cff logo Saas Fee mit der Bahn auf die Hannigalp
Zufahrt zum Ankunftspunkt:nach cff logo Saas Fee
Unterkunftmöglichkeiten:Mischabelhütte, 120 Plätze - Telefon: 027 957 13 17
(Halbpension für verhältnismäßig günstige 58,- CHF - Marschtee kostet allerdings extra!)

   
 

  Diese Tour sollte von vorn herein ein ganz  besonderes Gepräge bekommen: Schnapsis erster 4000er! Wenngleich solch ein Unterfangen kaum mit Namen wie "Mischabel" oder "Nadelgrat" in Verbindung gebracht wird, stellt das Nadelhorn mit seinem meist unschwierigen Nordostgrat hierfür dennoch eine Alternative zu Breithorn, Allalinhorn, Lagginhorn oder Weissmies dar. Gerne verweise ich hier beispielhaft auf die Berichte von Bombo *  und Schlumpf *  , welche in ihrer plastischen und allzeit fundierten Manier erheblich zu unserer Entscheidung beigetragen haben. Dank Euch!
 

Tourbericht:   - Hüttenzustieg - Nadelhorn - Ulrichshorn und Abstieg - weitere Infos -

 



   Durch diverse Hochtouren in den vergangenen Wochen gut akklimatisiert, war man nun bereit und willens, auch mal dünne Luft zu schnuppern. Die Anreise nach Saas Fee erfolgte zeitig genug, um noch vor der Mittagspause der Hannigalpbahn eben diese zur Überwindung der ersten Höhenmeter zu erwischen. Nach dem Genuss des vorerst letzten Chübels Hopfentee vom Fass nahmen wir gegen 12 Uhr den hier schon oft beschriebenen Aufstieg zu den Mischabelhütten von der Bergstation Hannig (2336m) aus in Angriff.
   Man steigt zunächst zum Torrenbach ab, überquert diesen bei Pt. 2283, durchwandert die Grasplanggen von Spissen und umrundet das Untere Distelhorn (2638m) südlich, bevor der Wanderweg nach Pt. 2711 auf Höhe des Oberen Distelhorns (2806m) in den klettersteigartig versicherten Hüttenzustieg mündet. Unzählige Eisenbügel und 600m Drahtseil erleichtern das Vorankommen auf dem Schwarzhorngrat, der geradewegs aber doch recht steil zur Mischabelhütte (3340m) führt, die wir nach gut 3 Stunden bei inzwischen miesem Wetter erreicht hatten.

   Gespannt waren wir auf den fast schon berüchtigten Hüttenwart Peter Lomatter. Zugegeben, die Sprüche sind mitunter etwas derb und sein Humor kann durchaus als schräg bezeichnet werden, aber wer sich an die Regeln hält, wird auch respektiert. Uns jedenfalls hat's getaugt und wir hatten es lustig mit ihm. ;-)
   Zum Abendessen versammelten sich 50-60 Personen nach Möglichkeit plangemäß zu zehnt pro Tisch; die Hütte war also gut besucht, aber noch nicht voll belegt (im Gegensatz zum Tag darauf). Während die meisten noch eine Weile sitzen bleiben, verziehen wir uns kurz nach der Mahlzeit, um bereits eingeschlafen zu sein, wenn die Holzfällertrupps anrücken. Der Plan geht auf, ich erwachte erst um 1:00 Uhr wieder ob der befürchteten Geräuschkulisse. Die Hütte besteht übrigens aus mehreren 12er-Schlafzimmern, wo nebeneinander im Viertelkreis (keine Stockbetten!) genächtigt wird. Frühstück gabs am nächsten Morgen ab 3:45 Uhr, sodass wir uns kurz nach 4 in Bewegung setzen konnten.



   Der weiß markierte und mit Stangen versehene Weg führt direkt hinter der Hütte den Grat empor. Allerdings nur ein kurzes Stück, denn im Gegensatz zur üblichen auch hier mehrfach beschriebenen Route Hütte-Gastank-Schwarzhorn (3620m), schwenkt die gut ausgetretene Spur alsbald nach halbrechts auf den Rand des Hohbalmgletschers. Dies bringt zwar einen kleinen Zeitvorteil, allerdings im Gewahrsein, dass der Gletscher seine Tücken, sprich Spalten hat. Dementsprechend wird beim Auftauchen der ersten Löcher im Stirnlampenschein angeseilt und in weitem Rechtsbogen zum Fuß des Windjochs gequert. Hier gehts in wenigen Kehren 220 Hm ziemlich steil bergauf bis der markante Windkolk (Schneetrichter) und kurz darauf das für einmal windstille Windjoch (3850m) erreicht ist.

   Nach knapp zwei Stunden beginnt nun der wahre Genussteil der Tour! Auf dem gut gespurten Firngrat herrschen beste Bedingungen und die aufgehende Sonne - sanft die Bergspitzen wachküssend - wärmt den Körper und das Gemüt gleichermaßen. Einige Zeit später mischen sich vereinzelt Felszacken in den Aufstieg, welche allesamt in leichter Kletterei direkt überwunden werden. Der letzte kleine "Turm" vor dem Gipfelaufbau stellt im Prinzip die Schlüsselstelle dar. Es gilt, einen unschwierigen aber doch sehr ausgesetzten Kamin zu durchklettern, wo die Steigeisen in schmalen Tritten präzise platziert sein wollen. Auch eine bereits im Abstieg begriffene Seilschaft bestätigt uns dies als die schwierigste Stelle der Tour. Das freut uns, denn machbar war sie allemal. Also frohgemut weiter, den Gipfelaufbau erst rechts umgehend in der teils vereisten Flanke angepackt (direkt über den Fels wäre auch hier besser gewesen) und im weiteren Verlauf - das Seil stets um zwei, drei Zacken geschlungen - auf die Felsen schwenkend; so war es uns kurz nach 8:00 Uhr vergönnt, auf dem Gipfel des  Nadelhorns (4327m) zu stehen!
   Leider stößt just in diesen Augenblicken eine 5köpfige britische "Ohneseilschaft" wenig geduldig zu uns vor, wodurch ein nicht ungefährliches Gedränge auf dem kleinen Gipfel entsteht und das Bergglück dann doch erheblich schmälert sowie gescheite Gipfelfotos verhindert. Schade eigentlich, wenn das "Abhaken" von Gipfeln im Vordergrund steht, anstatt einfach mal einige Minuten die wunderbare Natur in ihrer erhabenen Pracht zu genießen. (Wobei an dieser Stelle erwähnt werden muss, dass sich alle anderen Seilschaften, inkl. jene mit Bergführer und Tourenleiter, wirklich vorbildlich verhalten haben und beim Überholen oder Kreuzen auch selbst mal kurz zur Seite getreten sind. Dies eröffnete einige Male die Möglichkeit für kurze Unterhaltungen, was ich als sehr angenehm empfand.)



   Im Zuge der Deeskalation räumten wir den Gipfel also wieder und rasteten erst unterhalb der Felsen - mit phantastischer Aussicht: schneebekappte Berge, strahlende Gletscher, grimmige Abbrüche, saftig-grüne Wälder und Täler - einfach nur schön.
   Im Anschluss an die Pause erfolgte gemütlich der Abstieg zurück ins Windjoch (3850m), von wo der zweite, wenn auch weitaus unbedeutendere, Gipfel des Tages erklommen werden kann. Man folgt einer guten Spur mäßig steil und erreicht in kurzer Zeit das geräumige Gipfelplateau des  Ulrichshorn (3925m). Hier oben steht an windgeschützter Stelle sogar ein Bänklein!
   Einen Energieriegel und viele Fotos später nahmen wir schließlich den Rückweg zur Hütte unter die Füße. Erwatungsgemäß war der Schnee des Hohbalmgletschers bereits sehr weich und vor allem in der steilen Flanke unterhalb des Windjochs mühsam zu gehen. Im weiteren Verlauf erforderten etliche mitunter ziemlich große, teils versteckte Spalten nochmals unsere Aufmerksamkeit. Einige der Löcher wiesen deutlich mehr als nur Oberschenkelumfang auf; ein paar Leute hatten hier wohl richtig "Spaß".
   Gegen Mittag zurück an der Hütte, verstauen wir das ganze Gerödel und verabschieden uns nach kurzem Plausch und einem Bierchen von Hüttenwart Peter, der übrigens mit Saisonende im September seinen Posten nach drei Generationen im Familienbesitz abgibt. Man kann schon sagen, dass hier eine Ära zu Ende geht, zumal der Nachfolger nächstes Jahr eine um sanitäre Anlagen erweiterte und renovierte Mischabelhütte übernimmt.

   Der noch ausstehende Abstieg hinunter nach Saas Fee ist schnell erzählt - dauert allerdings etwas, da doch recht weit. Naturgemäß ist auf dem klettersteigartigen Grat an den Distelhörnen vorbei nicht viel Zeit zu gewinnen. Aber es macht richtig Freude, die intelligent angelegte Route ohne Berührung der ehernen Hilfsmittel abzuklettern. Ab Pt. 2419 kommt man dank gut gepflegtem Wanderweg dann zügiger voran und durchschreitet Schönegge und Trift in einem nimmer enden wollenden Zickzack, bis bei Pt. 1923 endlich das Brücklein über den rauschenden Torrenbach überquert ist.
   Nun noch kurz durch Wald und über Wies' einen Skilift kreuzend den Rest hinab zu den ersten Häusern gewandert, haben wir das quirlige Dorfzentrum von Saas Fee (1792m) in 2¾ Stunden ab Hütte erreicht.
   Im Sektor D von Deck 1 des Parkhauses findet unsere Traumtour ihren Abschluss, deren Highlight unbestritten der Gipfelerfolg am ersten 4000er von Schnapsi war. Bravo!

 
     
 
reine Aufstiegszeit: 7:00 Std.
Entfernung ungefähr (ebenenprojiziert): mind. 14,7 km
Wetterverhältnisse: - gegen Abend des 1. Tages bewölkt
- am Gipfeltag hervorragend
Wegmarkierung: Hüttenweg weiß-blau-weiß
Gipfelbuch: keines
Hilfsmittel: Hochtourenausrüstung
Sonstiges:

Trotz der Warnung des Hüttenwartes, außer dem Nadelhorn der winterlichen Verhältnisse wegen nichts zu versuchen, haben einige Italiener den Nadelgrat zum Stecknadelhorn ohne Probleme überschritten.

 
 

Tourengänger: Wolfenstein, schnapsi


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