Sylvester auf der Jenatschhütte (2652m)


Publiziert von steinziege , 5. Januar 2010 um 13:03.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Oberhalbstein
Tour Datum:30 Dezember 2009
Ski Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Aufstieg: 800 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auf ungefähr 2200m Höhe westlich von der Passhöhe des Julierpasses gibt es einen kleinen Parkplatz, wenn man von Westen kommt, auf der linken Seite.
Unterkunftmöglichkeiten:Chamanna Jenatsch SAC, 2652m hoch gelegen
Kartennummer:Schweizer Landeskarte 268S

Sylvester in den Bergen muss sein und hat seit Jahren Tradition.
Also fand sich der harte Kern (vom Bodensee) , erweitert um etwas Allgäu und etwas Franken, zusammen, um den Jahreswechsel auf der Jenatschhütte zu feiern, wo der harte Kern allmählich Stammgaststatus hat.

Die fränkische Fraktion startete unverdrossen am vorletzten Tag des Jahres bei strömendem Regen in Nürnberg und staunte nicht schlecht, als sich hinterm Bodensee nicht nur der Dauerregen verdünnisierte, sondern sogar die Sonne zeigte und Alpstein, Alvier und was da noch so alles herumsteht auf Schönste beleuchtete - allerdings bis halbe Höhe noch weitgehend grünbraun. Zu früh gefreut - als wir von Thusis zum Julierpass hinauffuhren, machte die Sonne sich wieder ziemlich rar, aber wenigstens lag da oben genug Schnee, um auf dieser für mich ersten Skitour der Saison nicht dauernd Angst um die kostbaren Latten haben zu müssen. Gemeldet war LWS 2, nachmittags bei Schneefall mit leichter Tendenz nach LWS 3.

Die Hüttenroute führt vom kleinen Parkplatz unterhalb der Passhöhe zunächst kilometerlang fast eben in mehr nördlicher Richtung das Val d'Agnel hinauf. Zwischen Piz Campagnung (links) und Corn Alb (rechts) verlässt  man die Talsohle ansteigend etwas nach Nordwesten und zieht dann, stets westlich vom Bach, in nordöstlicher Richtung durch den weiten Talschluss zunächst steigungsarm, zuletzt immer steiler zur Fuorcla d'Agnel hinauf. Gut konditionierte Könner benötigen bei guter Sicht und guten Verhältnissen 3,5-4 Stunden für den gesamten Hüttenaufstieg.

Die Schneequalität war hervorragend, weiter oben regelrecht feinster Pulver. Leider zog es sich aber bald zu, Schneetreiben entwickelte sich und man sah teilweise kaum noch, ob es links jetzt eher abwärts oder eher aufwärts ging, die Spur war meist zugeweht, und auch die nächsten Hügel tauchten nur ab und an verschwommen aus dem allgegenwärtigen Grauweiß auf (oder soll ich das schon "Whiteout" nennen?). Bei solchen Verhältnissen freut man sich, wenn einer mit GPS dabei ist... und so stolperten wir, unserem "Frontmann" sei Dank, immer wieder über sichtbare Spurreste und landeten zielgenau auf der Fuorcla d'Agnel, allerdings nicht ohne häufiges pfadfinderisches Herumstehen im Hang, was die Aufstiegsdauer erheblich verlängerte. Oben war als einzige "Schwierigkeit" eine abgewehte Harschplatte zu überwinden bzw. zu umschleichen, dann war schon das altbekannte Vergnügen Abfellen-bei-Wind-und-Kälte angesagt und die Stirnlampe fällig.

Der Abfahrtshang war bereits ausreichend zerfahren, um ein etwaiges Ansteigen der LWS eher weniger bedenklich zu finden; das Schneetreiben ließ nach und es erschien der fast volle Mond an einem plötzlich fast klaren Himmel und tauchte die Landschaft in eine ganz märchenhafte Nachtbeleuchtung. Nur die genaue Struktur des Schnees sah man nicht so genau, ich wusste nicht immer, ob ich noch fuhr oder schon stand.

Man fährt geradeaus nach Norden den Hang ab bis auf ungefähr 2700m. Die meist benutzte Route führt dann in flachem Westbogen unter den Nordostabstürzen des Piz Picuogl in einer langen Querung zur Hütte (letztes Stück leicht ansteigend durch flaches, harmloses Gelände).  Bei unsicheren Verhältnissen kann man alternativ rechts eines ganz flachen Rückens in zunächst nordöstlicher Richtung einen Ostbogen zur Hütte fahren, wobei man die tiefe Mulde südlich der Hütte (bis 2500m hinunter) durchqueren muss.

Das Abendessen war vom Feinsten, das Wetter am Sylvestertag leider nicht...
Als wir morgens aus dem Fenster schauten, sahen wir nichts als Schneetreiben, nur manchmal verschwommen den nächsten Felshang. Es blieb dann bei ein bisschen Auslauf auf ca. 3050m Richtung Tschima da Flix, wo wir umkehrten, weil die Sicht immer schlechter wurde. Glücklicherweise ist die Hütte hervorragend mit Lektüre versehen, u.a. mit ein paar schönen Exemplaren von Regionalliteratur, etwa "Der König der Bernina" oder Tim Krohns "Vrenelisgärtli"...
Am Spätnachmittag machte es dann doch ein wenig auf und wir nutzten das, um mal wieder die Verschüttetensuche zu üben. Gegen Abend tauchte dann auch der Rest der Gruppe auf, wobei die Jugend tatsächlich zwei Armvoll Sylvesterfeuerwerk hinaufgeschleppt hatte... davon mag man halten, was man will, den meisten machte es Spaß und die Jugend räumte die Überreste am nächsten Tag picobello wieder weg. Die Aufklarung vom Nachmittag hielt in die Nacht hinein, worauf zwei von uns die Vormittagstour bei Mondschein wiederholten, um die schöne Abfahrt nochmal bei guter Sicht zu genießen... Das Hüttenteam hatte im Laufe des Tages die Schneearchitektur vor der Hütte (ein einwandfreier Iglu stand schon da) um eine Schneebar erweitert, an der nach einem ausgedehnten Sylvestermenü gegen Mitternacht Prosecco verkauft wurde, so dass einem zünftigen Jahreswechsel nichts im Wege stand.

Neujahr wurde überraschend schön - aber damit war das Gutwetter-Intermezzo leider etwas verfrüht verbraucht, so dass wir den Rückweg am Samstag statt über den Piz Surgonda aufgrund großer Kälte, dichten Schneetreibens und eher schlechter Sicht wieder über die Aufstiegsroute nahmen.

Tourengänger: steinziege


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