Wenn der heiße Frieder wieder glüht: in der Frühsommerhitze vom Friederspitz zur Schellschlicht


Publiziert von Nik Brückner , 13. Juni 2017 um 21:15. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Ammergauer Alpen
Tour Datum:11 Juni 2017
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1900 m
Abstieg: 1900 m
Strecke:19km
Unterkunftmöglichkeiten:Nur im Tal, unterwegs gibt's nichts.

Einen Tag nach meiner Überschreitung des Roten Steins über Nord- und Ostgrat wollte ich noch eine zweite, lange Grattour machen: Vom Friederspitz übers Kreuzspitzl zur Schellschlicht - insgesamt vier Kilometer auf der Kante, fünf, wenn man den Übergang zum Brandjoch mitzählt. Eine der Highlight-Touren in den Ammergauern.


Ab ging's mit "Brutopianisti" von den Utopianisti. Start war um kurz nach sieben in Griesen (814m). Vom kleinen Parkplatz an der Brücke ging es am Kirchl vorbei ins Tal der Neidernach. Ich nahm den dritten Abzweig zum Friedergrieß, an einer eingezäunten Futterstelle (920m) vorbei, vermutlich sollte man aber besser den beschilderten, ersten Abzweig nehmen (der ist halt ein bissl länger).

Am Friedergries (928m) angekommen, wanderte ich hinauf zu der Stelle, an der die Friederlaine aus ihrer Schlucht kommt. Hier habe ich prompt den an dieser Stelle offenbar üblichen Verhauer gemacht: Direkt am Ausgang der Friederlaine stieg ich hinauf auf einen Felsbrocken, der durch einen tiefen Riss vom eigentlichen Bergmassiv getrennt ist... Also wieder runter, ein paar Meter mach Osten, und nun auf dem richtigen Weg hinauf zum Friederspitz. Den Abzweig auf ca. 1200 Metern, direkt hinter einem Bachlauf, habe ich links liegenlassen, um die Tour nicht gleich am Anfang zu verlängern (es wäre dann etwas mehr als einen Kilometer länger gewesen). Ich wusste nicht, wie ich nach der anstrengenden Tour am Vortrag drauf war. Richtige Entscheidung: Ordentlich Power hatte ich an diesem Tag nicht.

Es geht in der Folge in zahllosen Kehren raufraufrauf, bald wird der Wald lichter, dann geht's hinauf auf Wiesen, vorbei am Lausbichl (1950m), den ich mitnahm, und dann hinauf zum Gipfel des Friederspitz (2049m). Am Ende ist der Weg nicht mehr wirklich zu erkennen, aber das Gipfelkreuz dafür umso deutlicher. Nicht zu verfehlen.

Griesen - Friederspitz: Wanderwege, T2, 3 Stunden


Hier habe ich erst einmal ordentlich gepaust. Ich hatte für den Anstieg länger gebraucht als gedacht, und entschied deshalb, die Tour runterzubremsen, um nicht unnötig Energie zu verschleudern. Der von hier zum Kreuzspitzl hinüberziehende Grat ist in etwa drei Kilometer lang, die Gratüberschreitung kommt auf ein paar hundert Meter mehr, weil man einiges umgeht. Dazu war es mittlerweile auch recht heiß geworden, und - naja, ich hatte ja Zeit.

Vom Gipfel des Friederspitz nach Westen gibt's erst einmal einen halben Kilometer Gras. Dann steht man vor einem Abbruch: Es ist die erste und höchste einer Abfolge mehrerer brösliger Stufen, die es in der Folge abzuklettern gilt. Diese erste nimmt man am Besten in Gratnähe, weiter links wird's nur schwerer. Es gibt mehrere mögliche Routen, alle IIer, so oder so. Danach bleibt man auf dem Grat, es geht weiter bergab. Es folgen drei weitere, kleinere IIer-Stellen: die erste ist kurz, die zweite ist eine Doppelstufe, die dritte wartet mit einem markanten Klemmblock auf. Danach hat man erstmals Latschenberührung.

Aber nur für kurze Zeit: Schon folgt die nächste hoche Stufe, die man durch ein unangenehm schotteriges Rinnensystem abklettert (nochmal II). Noch Im Abstieg fragt man sich, wie man das nächste Hindernis überwinden soll: Direkt gegenüber steht ein plattiger Turm, dessen Steilheit man von oben nur schwer einschätzen kann. Aus der Scharte löst sich das Problem dann aber in Luft auf: Ein markanter, leichter Riss führt schräg links hinauf zu einem Steinmann. Das ist nicht mal Klettergelände. Die folgende Umgehung auf die andere Seite des Turms ist dann allerdings heikel und der Grund für meine T6-Bewertung: Es geht um einen bauchigen Felspassage herum, ausgesetzt, brüchig, ungut.

Vermutlich erklettert man vom Ende des Risses aus besser den höchsten Punkt des Turms, denn von dort aus ist's leicht, auf dem Grat weiterzugehen. Vielleicht ist auch eine nordseitige Umgehung möglich. Da die Tour gemeinhin mit T5 eingestuft wird, bin ich ziemlich sicher, dass man besser durch diese Stelle kommt, als ich das gemacht habe.

Von hier an wartet der Grat mit etwas besserer Felsqualität auf, das ist gut. Wäre es so weitergegangen wie an den ersten fünf Stufen, hätte ich keinen Spaß gehabt. Aber ab hier ist die Tour wirklich klasse. Na, und es wird auch ein klein wenig leichter. Es folgt eine etwa einen Kilometer lange, unschwierige Passage, bei der es zunächst über die Kante und dann rechts davon über Gras und zwischen Latschen hindurch geht. Hier lässt sich auch ein Weglein ausmachen, das teils sogar recht gut ist, auch wurden Passagen durch die Latschen freigesägt (Dafür vielen Dank!). Man passiert dabei zunächst die Stelle, an der der Grat leicht nach Nordwesten knickt, dann das Schmauzenkarle (einen schönen Wiesenabsatz rechts unten) und den niedrigsten Punkt des Grats, Pt. 1792.

Man folgt also zunächst weiter dem Grat, bis zu dem Kopf, an dem er leicht nach Nordwesten knickt. Dieser wird rechts umgangen. Dabei läuft der Weg geradewegs auf ein Band im guten Fels zu, das zur Mitte hin allerdings recht schmal wird. Besser man quert 10 Meter weiter unten, das ist viel einfacher.

Danach führt die Pfadspur weiter durch die Grashänge, hinunter zum niedrigsten Punkt des Grats, und wieder hinauf, auf den markanten Latschenkegel Pt. 1878 zu, an dem der Grat wieder nach Westen knickt. Hier ist es unbedingt wichtig, auf dem Weglein im Hang zu bleiben, und sich nicht zu einer Überschreitung hinreißen zu lassen. Die ist zwar möglich, aber im Abstieg äußerst heikel und gefährlich! Leider ist das Weglein hier nicht gut zu sehen, weil der Untergrund immer schrofiger wird. Deshalb orientiert man sich am Besten an den deutlich erkennbaren Latschendurchlässen.

An der Nordostkante des Latschenkegels Pt. 1878 angelangt, ändert die Route ganz plötzlich ihren Charakter: Auf eindrucksvoll wilden, aber leichten Schotterbändern quert man nun auf der schattigen Nordseite hinüber ins Friederjoch (1817m), direkt hinter dem Latschenkegel. Lediglich ein kurzer Abstieg über steilen Schotter macht dabei vielleicht ein bisschen Probleme. Ansonsten macht die Passage viel Spaß!

Weniger Spaß macht es, Pt. 1878 zu überklettern, wie es ein Bursch gemacht hat, auf den ich hier wartete. Ich hatte ihn entdeckt, als er bereits im Abstieg war, zu spät, um ihn umzuleiten. Ich ging langsam weiter, um zu sehen, ob er mir nachkommen würde. Als er mich eingeholt hatte, gingen wir bis zum Kreuzspitzl gemeinsam weiter. Er berichtete, dass der Abstieg von Pt. 1878, obwohl offensichtlich nicht unmöglich, doch reichlich haarig sei. Nicht nachmachen!

Nun kurz auf dem Grat weiter und hinunter in die nächste Scharte. Der nächste Turm wird von seiner Südseite aus überklettert. Dazu aus der Scharte nach links, aber nicht bergab über Schotter zu einer Lücke zwischen Latschen, sondern, wie mein neuer Tourenpartner herausfand, direkt an der Felswand bleiben und bei der ersten Gelegenheit in leichter Kletterei zurück zum Grat (I). Das ist überraschend einfach.

Weiter über den Grat. Es geht schneidig weiter, bis zur nächsten Stufe, die durch Brösel erstiegen wird. Ein Stück weiter steht man dann vor einem pyramidenförmigen Grataufschwung, der nach Süden durch auffällige Platten gekennzeichnet ist. Diesen Aufschwung umgeht man in der Südseite: Es geht über zwei Rippen, die durch auffällige, mit Steinmännern markierte Scharten leicht zu überwinden sind (I, wieder recht brüchig). Man quert bis zu einer Rinne, durch die es nun wieder hinaufgeht. Am Ende der Rinne sollte man sich nicht dazu verführen lassen, zu weit schräg nach Westen anzusteigen, weil das Gelände dort schnell wieder brüchig-bröselig wird, sondern möglichst direkt über steiles Gras zum Grat ansteigen - auch wenn's anstrengender ist.

Oben am Grat geht es weiter, nun etwas leichter. Einen kleinen Kopf umgeht man auf einer gut erkennbaren Spur in der Nordseite, dann geht es gleich wieder zurück zur Kante. Die Kletterstellen sind nun kürzer und einfacher. Lediglich der letzte Gratturm (man kann ihn gut als letzten erkennen) erfordert noch einmal längere Kletterei: Der Turm wird frontal genommen und komplett überstiegen.

Danach gelangt man nach einem Stück auf dem Grat in flaches Wiesengelände. Von hier aus geht es nun einfacher (bis T4), und über letzte kurze Ier-Stellen, zum Gipfel des Kreuzspitzls (2089m). Hier verabschiedete ich mich von meinem zeitweiligen Tourenpartner. Hoffe, Du hast Deine Tour erfolgreich abschließen können!

Friederspitz - Kreuzspitzl: Weglose Gratüberschreitung in brüchigem bis brüchigstem Fels, T6 (vermutlich umgehbar, dann vielleicht nur T5)/II, 3,5 Stunden


Ich genoss kurz die Aussicht – zunächst natürlich zurück auf den langen Grat, den ich eben überschritten hatte. Dahinter erstreckt sich das Estergebirge. Im Osten folgt das Karwendel mit Birkkarspitze und Bettelwurf.

Im Südosten steigt die Gegend an: der Wetterstein, mit der Wettersteinwand, den Dreitorspitzen und der Alpspitze. Von ihr aus zieht sich der Jubiläumsgrat hinauf zur Zugspitze, davor der niedrigere Waxensteinkamm.

Dann schließt sich die Mieminger Kette an, mit den Griesspitzen, der Ehrwalder Sonnenspitze und dem Hochwannig. Dahinter, weit weg, die Wildspitze, die Watzespitze, die Weißkugel und der Glockturm.
 
Viel näher dann der Daniel mit dem Danielgrat, und weit dahinter Parseierspitze, Hoher Riffler, Freispitze und Vorderseespitze. Näher wieder der Thaneller; dahinter Krottenkopf, Mädelegabel und Hochvogel, Leilach, Hoher Ifen, das Nebelhorn und der Große Daumen. Auch das Geißhorn ist zu sehen. Es folgt die scharfe Gehrenspitze, auf deren Ostgrat man schaut, dann stellen sich, genau im Westen, die Geierköpfe in den Weg.

Gleich dahinter zeigt sich der Säuling, dann der Hohe Straußberg, Krähe und Hochplatte. Im Norden steht dann der Kreuzspitz mit dem Kuchelberggrat im Weg.

Vom Kreuzspitzl aus wandert man nun auf gutem Weglein nach Süden hinunter. An der Schulter, wo die Wegspuren vom Sattel (1666m) oberhalb der Neualp-Hütte heraufkommen, nicht rechts absteigen, auch nicht ein paar Meter, sondern kurz in der Westseite queren und danach immer auf der Kante bleiben, bis hinunter zum tiefsten Punkt zwischen Kreuzspitzl und Schellschlicht (Pt. 1927). Auch drüben hinauf geht es immer stur auf der Kante, nur ein markantes Türml wird rechts umgangen, und auf der grasigen Gipfelabdachung, nach den ganzen Kletterstellen, bin ich links auf Wegspuren ausgewichen.

Kreuzspitzl - Schellschlicht: Gratüberschreitung in teils brüchigem Fels, z. T. auf  Wegspuren, T4/I-II, 45 Minuten


Als ich endlich auf der Schellschlicht (2053m) ankam, war ich erschöpft, aber glücklich. Der Beginn der Gratüberschreitung hatte eine Sand-und-Kiestour befürchten lassen, als die Felsqualität besser wurde, hat sich das Ganze dann aber doch als sehr lohnende Tour entpuppt, und ich hatte viel Spaß! Trotzdem war ich froh, dass es von hier an nur noch bergab gehen sollte. Fragte sich nur: Linksherum (Richtung Sunkenkopf) oder rechtsherum, übers Brandjoch? Bei Betrachtung der Landschaft vom Schellschlicht-Gipfel aus keine Frage: Rechtsherum ist's schöner. Es sieht halt auf der Karte weiter aus....

Stimmt aber gar nicht! Laut App ist der Weg übers Brandjoch sogar 500 Meter kürzer! Na, wer sagt's denn!

Man schlendert also auf der Kante gemütlich hinüber zum Brandjoch (1957m) und wendet sich danach nach Süden bzw. Südosten. Die metallgesichterte Stelle am Hohen Brand (1764m) ist schnell überwunden, und so wandert man gemütlich hinein in den Wald und hinunter zur Schellalm (1479m).

Hier beginnt dann der Killer.... In endlosen Flachkehren zickzackt sich der Weg nur sehr, sehr widerwillig ins Tal hinab, so langsam, dass es einem schwerfällt, das Nichtabkürzungsgebot zu befolgen. Gefühlt Stunden später erst kommt man unten im Tal der Neidernach aus dem Wald. Zum Glück sind es von hier aus nur noch 10 Minuten nach Griesen (814m). Zehn sehr langsame Minuten....

Schellschlicht - Griesen: Wanderwege T3 und leichter, I (eine Stelle, Klammern und Seil), 1:50 Stunden



Fazit

Tolle Tour! Der Grat ist anfangs eklig brüchig, sobald der Fels etwas besser wird, kommt Spaß auf. Der Danielgrat hat mir aber noch etwas besser gefallen - kein Wunder, der ist auch acht Kilometer lang...
A propos: Die Tour widme ich Daniel und seiner jungen Familie. Er wollte eigentlich mit, ist aber bei seinen Liebsten geblieben. Alles Gute Euch!



Ausrüstung:

Gute Schuhe sollten's schon sein... Ich hatte außerdem einen Helm auf, in dem Gelände sollte man darauf besser nicht verzichten.

Tourengänger: Nik Brückner


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